Blackout - Kein Entrinnen
waren, mit denen wir eine Website teilten.
Ich unterbrach ihn nur zweimal. Einmal, um nach der Reservoirkrankheit zu fragen, und einmal, um ihn mehrmals wiederholen zu lassen, dass er gebissen worden war, ohne dass es bei ihm zu einer Virenvermehrung gekommen war. So verrückt es klingen mag, aber dieser Teil war für mich am schwersten zu glauben. Ich konnte es einfach kaum fassen. Die zusätzlichen Neuigkeiten über Insekten als Überträger von Kellis-Amberlee ließen mich hingegen kalt. Vielleicht würde die Menschheit den Krieg gegen die lebenden Toten am Ende verlieren – und diesmal nicht, weil jemand ein Reagenzglas hatte fallen lassen.
Schließlich hatte Shaun zu Ende erzählt. Er nahm mir die Sonnenbrille ab und legte sie neben mich aufs Bett. »Wir könnten davonlaufen«, sagte er. »Du und ich. Nach Kanada oder so. Die anderen könnten das ohne uns zu Ende bringen. Du weißt ja, dass sie es tun würden.«
»Das würden wir uns niemals verzeihen«, sagte ich. »Wir bringen die Sache zu Ende, und wenn wir irgendwie durch ein Wunder überleben … dann hauen wir ab. Du und ich, irgendwohin, wo sie uns nicht finden können.«
»Abgemacht.« Er lehnte sich zurück und griff nach dem Telefon.
Ich blinzelte. »Was hast du vor?«
»Ich rufe den Zimmerservice an. Ich will nicht, dass der nächste Windhauch dich wegbläst.«
Ich lachte und schlug nach ihm. Sein Lächeln darüber war echt, dann wandte er sich ab, um etwas zu bestellen. Keine fünfzehn Minuten später kamen zwei riesige Schüsseln Huhn nach Jägerart an unserer Tür an, begleitet von einem Sixpack Cola und einem kopfgroßen Stück Tiramisu. Mein Magen knurrte, als ich das Essen sah, und mir wurde bewusst, dass ich seit Langem zum ersten Mal wieder richtigen Hunger verspürte.
Das Einzige, nach dem ich mich noch mehr sehnte als nach Essen, war ein Internetzugang, welchen Shaun mir besorgte, sobald wir das Essen vernichtet hatten. Mein Laptop war nicht im Agora – warum auch? –, weshalb Shaun mir seines borgte. Wir setzten uns ans Kopfende des Bettes, ich lehnte mich an ihn und fing an, das zu tun, was am meisten drängte: Ich machte mich über die Nachrichten schlau.
In meinem Beruf als Journalistin hatte ich jahrelang trainiert, so viele Informationen wie möglich in kürzester Zeit aufzunehmen, denn wenn man es nicht schaffte, auf dem Laufenden zu bleiben, lief man Gefahr, Artikel zu posten, die nicht mehr relevant waren. Ich war stets langsamer als meine Kollegen, weil ich so verdammt sorgfältig war und alle Fakten immer mehrmals prüfte, bevor ich meinen Namen unter eine Reportage setzte. Oh, ich hatte auch Kommentarblogs – Nur der Wind , als ich als Teenager mit einer vorläufigen Lizenz gearbeitet hatte, und Unschöne Bilder , als ich alt genug war, um Vollzeit zu arbeiten –, aber darin standen nur Gedanken, Meinungen, Ideen. Die Artikel, die ich auf die Hauptseite stellte, waren die Hauptsache, und für sie musste ich recherchieren. Ich steuerte erst einmal Nach dem Jüngsten Tag an, klickte auf das Archiv und ging bis zu dem Tag nach meinem Tod zurück. Shauns Beiträge aus dieser Zeit waren ein einziges Durcheinander. Über weite Strecken war ich mir nicht einmal sicher, ob sie auf Englisch verfasst waren. Mahir und Alaric hatten sich um den Großteil der Berichterstattung gekümmert und beschrieben die Ryman-Kampagne mit klinischer Objektivität, die mir alles über die Schwere ihrer Trauer verriet. Shaun war nicht der Einzige, der gelitten hatte. Und die Schlagzeilen gingen immer weiter.
Ryman erringt erdrutschartigen Wahlsieg und verblüfft die Wähler mit der Ernennung Richard Cousins zu seinem stellvertretenden Vizepräsidenten! Kandidatin der Demokraten, Susan Kilburn, nimmt sich aus Verzweiflung über Niederlage das Leben! Ryman zieht ins Weiße Haus ein!
Shaun Mason wird langsam verrückt, während seine Leute sich bemühen, die Risse in der Fassade zu kitten. Maggie Garcia nimmt Buffys Stelle ein und leistet gemessen an den Umständen gute Arbeit. Shaun tritt seine Position an Rebecca Atherton ab und überlässt ihr die Leitung der Irwins, während er sich immer tiefer in die hintersten Winkel seiner maroden Psyche verkriecht. Mahir formt die Seite weiterhin zu einer Waffe für die Wahrheit aus und tut sein Möglichstes, um der Flut von Korruption und Ignoranz standzuhalten.
Forscherin der Seuchenschutzbehörde Kelly Connolly bei missglücktem Raubüberfall erschossen! Oaklands Innenstadt nach Seuchenausbruch
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