Blackout - Kein Entrinnen
die letzte Route zurückverfolgen. Es führt dich – ach, verdammt, Becks du musst den Druck aufrecht halten, okay?«
Ich zuckte zusammen und schaltete das Navi ein. Ich tippte zweimal auf den Bildschirm und ließ mir den Weg zurück zum Agora zeigen. Während das Gerät die Straßennamen auflistete, ging über dem Rückspiegel ein rotes Licht an. »Shaun, ich bekomme eine Kontaminationswarnung.«
»Das liegt daran, dass Maggie den ganzen Wagen vollblutet!«
»Bei mir wird sie immer noch sauber angezeigt«, sagte Mahir. Seine Stimme klang gepresst, beinahe panisch. »Becks, wie atmet sie?«
Ich holte tief Luft, klammerte mich ans Lenkrad und versuchte, mich auf die Straße zu konzentrieren. Maggie war angeschossen worden, nicht gebissen. Ihr Blut war ein Problem, vor allem, wenn sie zu viel davon verlor, aber solange sonst niemand offene Verletzungen an den Händen hatte … oder an den Beinen … oder sonst irgendwo …
Wir waren erledigt. Wir waren komplett am Arsch. Alles, was wir erreicht hatten, waren ein Haufen Leichen und ein Haus, das nicht mehr stand.
Als hätte er meine Gedanken gelesen, rief Shaun mir mit gezwungener Heiterkeit zu: »Mach dich deswegen nicht fertig, George. Es hätte schlimmer kommen können!«
»Wie denn?«, fragte Becks.
»Wir könnten alle immer noch Schuhe mit Peilsendern tragen!«
Zum ersten Mal, seit sie angeschossen worden war, meldete sich Maggie zu Wort: »Ich bring dich … um … höchstpersönlich, Shaun Mason.« Ihre Stimme war schwach, aber hörbar. Wenn sie sprechen konnte, konnte es ihr nicht ganz so schlecht gehen.
Shaun lachte abgehackt. »Mach das, Maggie. Sobald du wieder auf dem Damm bist, versohlst du mir den Hintern.«
Sie murmelte etwas in zusammenhanglosem Spanisch, doch bei jedem Wort verlor ihre Stimme an Kraft.
»Jetzt wäre es gut, wenn du ein bisschen schneller fahren könntest, Georgia«, sagte Mahir. Sein Ton war vollkommen ruhig. Das machte mir klar, wie brenzlig die Lage war. Mahir klang nur dann so gelassen, wenn er kurz davor stand, die Fassung zu verlieren oder wenn er auf ein Detail stieß, das bis dahin kein anderer Reporter bemerkt hatte. Mit dieser inneren Distanz konnte er mit den Dingen klarkommen, die sonst nicht zu verkraften waren.
Ich trat aufs Gas und beneidete ihn um seine ruhige Fassade. Denn ich selbst konnte froh sein, dass ich nicht hyperventilierte, während wir durch die Innenstadt von Seattle rasten und nur bremsten, wenn uns Ampeln oder eine Abbiegung dazu zwangen. Bei den Geschwindigkeitsbegrenzungen, die vor dem Erwachen gegolten hatten, hätte ich das wohl nicht geschafft. Damals war man mehr um die Sicherheit von Fußgängern besorgt gewesen als darum, dass die Leute schnellstmöglich von A nach B gelangten. Ich war noch immer hart an der Grenze dessen, was man »sicheres Fahren« nannte, als das Navi mir anzeigte, dass ich langsamer werden sollte, da wir uns dem Ziel näherten.
Allerdings taten wir das in einem Gefährt, das im Grunde eine wandelnde Gefahrenzone darstellte. »Jungs?«, fragte ich. »Was soll ich jetzt machen?«
Maggie murmelte etwas. Für die, die hinten bei ihr saßen, war es wohl besser zu verstehen als für mich, denn kurz darauf sagte Mahir: »Wenn wir beim Tor ankommen, kurbelst du dein Fenster runter, streckst aber kein Körperteil aus dem Wagen. Sag ihnen, dass Maggie verletzt ist – nenne ihren vollen Namen – und dass wir augenblicklich ärztliche Hilfe brauchen. Für alles Weitere gibt es im Agora festgelegte Abläufe.«
»Gehören zu diesen Abläufen große Behälter mit Formalin und unseren Namen darauf?«, fragte Shaun. Niemand gab ihm eine Antwort, worauf er seufzte. »Ja, das dachte ich mir.«
Vor uns lag das Pförtnerhaus des Agora. Ich bremste ab und hielt an, und die Wachleute kamen auf uns zu. Das Bedürfnis, aufs Gas zu drücken und irgendwohin zu rasen, war überwältigend … und sinnlos. Weglaufen würde die Sache nicht besser machen.
Ich ließ das Fenster hinunter, als der erste Wachmann den Wagen erreichte, der sorgfältig darauf achtete, der Öffnung nicht zu nahe zu kommen. »Wir haben einen verletzten Hotelgast bei uns«, sagte ich. »Sie wurde angeschossen.«
Die höflich bemühte Miene des Mannes veränderte sich nicht. »Möchten Sie die Adresse des nächsten Krankenhauses mit einer Dekontaminationseinrichtung?«, fragte er.
»Entschuldigen Sie, ich habe es falsch gesagt. Magdalene Grace Garcia liegt hinten im Wagen und wurde angeschossen. Wir brauchen
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