Blackout - Kein Entrinnen
Begeisterung davon unterrichtete, dass sie ein Rockstar war.
Shaun schreckte hoch, riss die Augen auf und griff zu der Pistole an seinem Gürtel. »Was …?«
»Nur die Ruhe, Mason. Wir können nicht alle so höflich sein wie der Weckruf in Maggies schweineteurem Hotel«, sagte Becks und stellte das Radio leiser, nachdem es seinen Zweck erfüllt hatte. »Wir sind gleich da. Du musst Wache halten.«
»Klar.« Shaun drückte sich die Handballen in die Augen, um den Schlaf herauszureiben. Er zog die Pistole und entsicherte sie. Nachdem das getan war, drehte er sich um und grinste mich mit diesem so vertrauten, sorglosen Lächeln an. »Gut geschlafen?«
»Wie ein Stein«, sagte ich. Fast hätte ich gesagt: »Wie die Toten«, dachte mir aber, dass er das womöglich nicht gut aufnehmen würde. Ob es mir gefiel oder nicht, Shaun würde wohl noch eine ganze Weile etwas sensibler auf solche Dinge reagieren. Vielleicht sogar für immer.
»Gut, die liebe Frau Doktor wird nämlich sicher mit dir reden wollen.« Shaun drehte sich wieder nach vorn und betrachtete den dunklen Wald, an dem wir vorbeifuhren. »Man kann sie schlecht jemandem beschreiben, der sie noch nicht getroffen hat. Aber mir hat man sie schließlich auch nicht vorher beschrieben.«
»Ich habe die Dateien gelesen.«
»Die Dateien zu lesen ist nur die halbe Miete. Die geistesgestörte Kanadierin, die dir einen lebenden Oktopus vor die Brust knallt, damit du ihr sagst, ob die Ansteckung mit Kellis-Amberlee Auswirkungen auf dein Reaktionsvermögen hat, ist ein anderes Kaliber. Und natürlich gibt es keine Auswirkungen bei dem Oktopus, falls du dich das gefragt haben solltest. Ein Oktopus mit Kellis-Amberlee ist noch immer schnell, schlau und unglaublich reizbar.« Shaun schauderte. »Diese ganzen Saugnäpfe …«
»Moment mal. Oktopusse sind doch keine Säugetiere.«
Becks lächelte mich im Rückspiegel kalt an. »Und genau deshalb kann man Dr. Abbey so schwer jemandem erklären, der sie noch nicht getroffen hat.«
Ich seufzte. »Das wird mir nicht gefallen, oder?«
»Wahrscheinlich nicht«, sagte Becks und bog von der schmalen Schotterpiste auf einen noch schmaleren Waldweg ab. Er wirkte mehr wie ein überdimensionierter Wildwechsel als ein regulärer Weg, und der Wagen holperte und hüpfte bei jeder Bodenwelle und jedem Schlagloch. Shaun stieß begeisterte Schreie aus, worauf Becks ihn mit großen Augen ansah. Ohne Reue zu zeigen, grinste er sie an. Mir dämmerte, dass es nicht viele Freudenausbrüche gegeben hatte, während ich weg war.
Der Waldweg – ich weigerte mich, ihm die Ehre einer anderen Bezeichnung zu geben –, brachte uns auf eine ebenso verwahrloste Straße, die aber offensichtlich einmal bessere Zeiten gesehen hatte. Die Wurzeln der umstehenden Bäume hatten Asphaltschollen angehoben, die nun hervorstanden. Becks umfuhr sie routiniert und gab Gas. Sie raste durch die Dunkelheit, als wäre sie diese Strecke schon hundertmal gefahren. Dem ruhigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, mit dem Shaun auf die Bäume blickte, hatte sie das auch getan.
Die Straße endete auf einem geräumigen Parkplatz vor einem großen Haus mit Glasfront, das früher vermutlich ein Regierungsgebäude oder ein Besucherzentrum gewesen war. »Forstamt«, sagte Shaun, bevor ich fragen konnte. »Willkommen in Shady Cove.«
»Danke.« Ich setzte mich auf und stellte den Laptop weg. »Werden wir hier draußen in Empfang genommen?«
»Nein, aber du solltest mit einer Menge bewaffneter Leute rechnen, die uns drin erwarten.« Shaun grinste mich schon wieder übermütig an. »Dr. Abbey weiß, wie man Gäste begrüßt.«
»Mit Schrecken und Einschüchterung?«, fragte ich.
»So ungefähr«, bestätigte Becks. Sie wurde langsamer, hielt aber nicht an, während sie uns in eine mit dem Hauptgebäude auf der Rückseite verbundene Garage fuhr. Nur wenige Fahrzeuge parkten hier, und unter anderem …
Ich setzte mich noch weiter auf. »Mein Motorrad!«
Shauns Grinsen wurde sanfter. »Du hast doch nicht etwa geglaubt, ich hätte es zurückgelassen?«
Ich brachte kein Wort heraus. Kaum hatte Becks geparkt, stieß ich die Tür auf, stieg aus und ging, wie ich hoffte, einigermaßen ruhig zu meinem Motorrad. Nicht dass es mich kümmerte. Es gab nichts, absolut nichts, nicht einmal das plötzliche Auftauchen eines Zombies aus den Schatten, was mich in diesem Moment abhalten konnte, zu meinem Motorrad zu gehen. Ich umarmte die Lenkerstangen, weil ich so verdammt froh war, es zu
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