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Blackout - Kein Entrinnen

Blackout - Kein Entrinnen

Titel: Blackout - Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Grant
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zu einem Faszinosum geworden, wodurch wiederum meine früheren Kommentare ziemlich einträglich geworden waren, auch wenn sie Reaktionen auf längst vergangene Ereignisse darstellten. So sind die Menschen eben, ein Unglück weckt immer Interesse. Becks hielt vom Rücksitz aus Ausschau, während Shaun fuhr. Die von ihm gewählte Route führte über eine Menge Seitenstraßen und schmaler Pisten, die kaum mehr als Feldwege waren. Doch machte er den Eindruck, als kenne er sie alle, und nach allem, was er und die anderen seit meinem Tod durchgemacht hatten, kannte er sie wahrscheinlich auch. Ich unterbrach meine Lektüre und lehnte mich zurück, schloss die Augen und vermisste den vertrauten Schmerz, den ich immer empfunden hatte, wenn ich zu lange auf einen hellen Bildschirm gestarrt hatte. Ich hätte nie gedacht, dass ich retinales KA einmal vermissen würde, doch jetzt war es eine Sache mehr aus meinem Leben, die ich nie wieder zurückerlangen würde.
    Es war meine Schuld. Auf mein Drängen hin hatten wir uns der Ryman-Kampagne angeschlossen und auch Buffy in die Sache mit hineingezogen. Wäre ich doch nur bereit gewesen, mich wie jeder andere Schritt für Schritt hochzuarbeiten, anstatt mich raketenhaft zur Spitze zu schießen …
    Aber dann wäre an meiner und Buffys Stelle jemand anders gestorben. Und der Bruder einer anderen würde nun diese Straßen fahren. Alles würde auch ohne uns passieren. Das einzig Besondere an uns war das, was einige Journalisten von anderen unterschied, seit ein Reporter zum ersten Mal den Unterschied zwischen Tratsch und einer echten Titelgeschichte herausgefunden hatte: Wir waren vor Ort gewesen, als es passierte. Wir waren nicht besser. Wir waren nicht schlechter. Wir hatten lediglich in der Schusslinie gestanden.
    Alles Weitere war unvermeidlich gewesen.
    Wir waren deswegen nicht frei von Schuld. Es ist immer Schuld im Spiel, wenn die falschen Geschichten veröffentlicht und die falschen Geheimnisse verraten werden. Aber auch wenn wir jetzt nicht mehr unschuldig waren, damals waren wir es sehr wohl gewesen. Wir hatten wirklich an das geglaubt, was wir taten. Es war nicht unsere Schuld, dass es nicht das Richtige gewesen war.
    Ich döste ein, während ich noch Alarics Analyse der politischen Lage nach Rymans Wahl las – Lage normal, alles beschissen, mit ein paar interessanten Entwicklungen, was die Behandlung großer Säugetiere anging, und ein paar Änderungen der Bestimmungen für Gefahrenzonen, aber nichts Welterschütterndes – und erwachte, als die ersten Strahlen einer trügerischen Morgendämmerung den Horizont in Smogviolett und Absperrbandgold tauchten. Becks saß am Steuer und Shaun auf dem Beifahrersitz. Er schlief, sein Kopf hing zur Seite und sein Mund stand offen. Er wirkte erschöpft.
    Becks hatte offenbar gehört, wie ich mich bewegte. Sie schaute in den Rückspiegel, wo sich unsere Blicke trafen, und zog eine Braue hoch. Mehr brauchte sie nicht zu tun. Die Botschaft hätte nicht deutlicher sein können, wenn sie sie auf die Startseite unserer Nachrichtenseite gestellt hätte.
    Ich nickte. Ich verstand, und ich hatte nicht vor, ihn zu verletzen. Nicht, wenn ich eine Wahl hatte.
    Mein Mund war staubtrocken. Ich räusperte mich und fragte: »Wo sind wir?«
    »Oregon. Wir sind fast da.«
    »Wo da?«
    »Shady Cove.«
    Ich versuchte, mir einzureden, dass ich mich verhört hatte. Es gelang mir nicht. Schließlich fragte ich: »Was?«
    Shaun rührte sich nicht. Becks erwiderte: »Shady Cove, Oregon. Unsere Freundin, Dr. Abbey, hat dort ein Labor. Im Moment jedenfalls. Wahrscheinlich wird sie es bald verlegen. Vielleicht aber auch erst, wenn sie dich seziert hat.«
    »In Shady Cove.«
    »Ja.«
    »Aber in Shady Cove ist doch nichts.« Shady Cove in Oregon stand auf der Liste der Städte, die nach dem Erwachen aufgegeben worden waren, nachdem der Nutzen die Kosten eines Wiederaufbaus nicht mehr gerechtfertigt hätte. Eines Tages würden wir es uns zurückholen, wenn der Fortschritt verlangte, dass wir den Toten kein eigenes Land mehr überlassen konnten. Bis dahin würde Shady Cove verlassen sein, genau wie Santa Cruz in Kalifornien, Truth or Consequences in New Mexiko und Warsaw in Indiana, und wie hundert andere Städte und Dörfer auf der Welt.
    »Deswegen hat sie ja dort ihr Labor«, bemerkte Becks knapp, bevor sie sich vorbeugte und das Radio anschaltete. Jede weitere Unterhaltung wurde von einer Sängerin aus der Zeit vor dem Erwachen unterbunden, die uns laut und voller

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