BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
gibt es da draußen Licht und bei uns nicht?«
Manzano kehrte zurück in den Flur und öffnete den Sicherungsschrank. Alle Hebelchen waren in der korrekten Position, auch der Hauptschalter. Das Display des Zählers zeigte »KL 956739«.
»Da ist wieder Strom«, murmelte er, mehr zu sich selbst, und zu Bondoni: »Probier bitte einmal den Lichtschalter neben der Tür.«
Klick, klack. Nichts.
»Das sehen wir uns doch einmal genauer an.«
»Was?«
Doch Manzano war bereits wieder in sein Arbeitszimmer entschwunden und kehrte mit einem Laptop zurück.
»Was machst du da?«, fragte Bondoni.
Während sein Gerät startete, überlegte Manzano, wie er seinem dreiundsechzig Jahre alten Nachbarn, der seinen Computer zwar zum Schreiben von E-Mails und Surfen im Internet verwendete, sonst aber nicht viel davon verstand, erklären sollte, was er vorhatte.
»Als die modernen Stromzähler eingebaut wurden, habe ich mir diese kleinen Kästchen damals gleich genauer angesehen, neugierig, wie ich bin.«
Er tippte etwas ein, während er weitererzählte.
»Diese Stromzähler sind im Prinzip kleine Computer.« Er ersparte Bondoni die Details, denn sie waren in diesem Moment nicht wichtig, etwa, dass die Zähler zwar Chips, aber aus Kostengründen keine eigenen Festplatten besaßen.
»Deshalb nennt man sie auch Smart Meter, heißt intelligente Stromzähler. Dank ihnen kann die Stromgesellschaft nicht nur deine Stromverbrauchsdaten auslesen, sondern den Zähler auch fernsteuern.« Was sie per Power Line Communication, kurz PLC , bewerkstelligte. Bei dieser Technik wurden über das Stromkabel Daten versandt. Was gerade ebenfalls nicht von Belang war.
»Ich weiß, die können mir auch den Strom abstellen«, sagte Bondoni.
»Das haben sie früher auch schon gemacht, wenn du nicht gezahlt hast.«
»Ich habe immer bezahlt!«
»Bis jetzt hat dir auch niemand den Strom abgedreht. Oder gedrosselt. Meines Wissens dürfen sie dir nämlich nur deinen Verbrauch beschränken, aber nicht ganz abdrehen. Dazu, und für anderes, verwendet die Energiefirma verschiedene Codes.«
»Solche, wie da jetzt einer steht?«
»Genau.«
»Und was für unsereins genauso interessant ist: Zu diesem kleinen Kästchen können wir auch Kontakt aufnehmen, wenn wir uns ein bisschen Mühe geben.«
Bondoni grinste. »Was wahrscheinlich nicht ganz legal ist.«
Manzano zuckte mit den Schultern.
»Und wie nimmt man diesen Kontakt auf?«, fragte Bondoni.
»Ganz einfach per Infrarot-Schnittstelle. Das kann heute fast jeder Computer. Oder auch dein Handy. Das habe ich damals gemacht. Um mir einmal anzusehen, was dieses Teil kann – und wie es das tut.«
Dazu hatte er seinen damaligen Computer ein wenig modifiziert. Mithilfe einer entsprechenden Zusatzkarte und passender Software hatte er ihn zu einem Software-defined-Radio umgerüstet. Als solches konnte sein Computer wie ein Funkgerät Hochfrequenzwellen empfangen, verstehen und erzeugen. Also auch jene Signale der Power Line Communication, mit denen die Stromgesellschaft den Zähler steuerte.
»Und das geht so einfach?«, wollte Bondoni wissen.
»Für Leute wie mich schon«, erwiderte Manzano ungerührt.
»Braucht man da keine Passwörter? Sind solche Daten nicht verschlüsselt?«
»Natürlich sind sie das. Aber solche Verschlüsselungen sind meist schnell zu knacken. Und was die Passwörter betrifft, würdest du dich wundern, was man im Internet alles findet, wenn man weiß, wo man suchen muss.«
»Das ist aber ganz sicher nicht legal.«
Jetzt war es Manzano, der grinste.
»Man möchte doch wissen, von wem man abhängig ist, oder nicht?«
Auf seinem Bildschirm leuchtete mittlerweile die Datei, die er gesucht hatte.
»Ich konnte damals die Steuercodes auslesen. Hier siehst du die Liste. Mit diesem etwa gibt der Stromversorger den Befehl, den aktuellen Verbrauch mitzuteilen. Oder der da. Mit ihm drosselt der Versorger den Verbrauch auf zweihundert Watt. Dann gibt es den, mit dem der volle Netzzugang wiederhergestellt wird. Einen zum Restart des Zählers, einen zum Neuladen des Programmspeichers über die Leitung und so weiter.«
Bondoni studierte die Liste. Sah wieder hoch zum Zähler.
»Der auf dem Display steht auch auf deiner Liste. Allerdings in Rot.«
»Und genau da beginnt es interessant zu werden. Die Zähler werden von einem amerikanischen Unternehmen hergestellt, auch für den US -Markt. Dort verwendet man zum Teil andere Codes. Auch für Funktionen, die in Italien gar nicht eingesetzt
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