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BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

Titel: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Elsberg
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aus der internationalen Weltraumstation ISS gesehen. Wo sonst die feinen Adern und leuchtenden Knoten des Lichtsystems bis ins All strahlten, musste über weiten Flächen Dunkelheit liegen. Ersten Berichten und ihren Messungen nach waren mindestens zwei Drittel des Kontinents ohne Strom. Noch mehr Gebiete würden folgen. Er stellte sich die Verantwortlichen vor, wie sie hilf- und ratlos nach den Ursachen suchten, das Wetter verdächtigten, technische Probleme oder menschliches Versagen, doch in Wirklichkeit keine Ahnung von dem Moloch besaßen, den zu beherrschen sie bis vor wenigen Stunden geglaubt hatten. Es noch immer dachten. Die den Ausfall für ein vorübergehendes Ereignis hielten wie bei den vorangegangenen, nach ein paar Stunden vorbei, danach gut für ein paar amüsante Anekdoten oder wohlig-harmlose Schauergeschichten. Nun, Geschichten würden sie erzählen können. Aber keine frivolen von sprunghaft gestiegenen Geburtszahlen nach neun Monaten oder nostalgische von Übernachtungen im Schlafsack und Waschen im Fluss wie seinerzeit – waren wir jung! – im Jugendlager. Nach ein paar Tagen würden sie begreifen, dass ihre späteren Geschichten eher jenen ähneln würden, die sie bislang nur von den Reportagen aus den Kriegs- und Katastrophengebieten in fernen Ländern und Kontinenten kannten. Nach wenigen Wochen würde ihnen klar, dass ihre Erzählungen einst klingen würden wie die fast vergessenen Schilderungen der Großeltern und Urgroßeltern aus der Zeit nach dem großen Krieg, der Europa und die Welt verwüstet hatte und die man nie ernst genommen hatte, weil sie so lange her und von solch kalter Schwermut vorgetragen worden waren. Und dann, langsam, ganz langsam würde zuerst einer, und dann immer mehr, erkennen, dass die Zeit der Geschichten zu Ende war, weil die Geschichte selbst neu geschrieben wurde.
    Tankstelle nahe Bregenz
    Angström erwachte von Gemurmel. Als sie den Kopf hob, schmerzte ihr Genick. Offensichtlich war sie in einer unbequemen Haltung eingeschlafen, und dann fiel es ihr wieder ein: Sie befand sich in einer Autobahnraststätte ohne Strom, in der sie mit Hunderten anderen Reisenden gestrandet waren. Sie öffnete die Augen. Noch vom Schlaf benommen erkannte Angström nach und nach, dass Menschen sich erhoben und flüsternd dem Ausgang zustrebten. An ihrer Schulter spürte sie van Kaaldens Kopf lehnen. Vorsichtig richtete sie sich auf und lauschte dem anschwellenden Gewisper. Immer mehr Personen schienen aufzuwachen, sahen sich verschlafen um, beobachteten neugierig das einsetzende Treiben.
    Wohin wollten die Leute? Angström stand auf und durchquerte den Raum, ein Hindernislauf um und über jene, die nur auf dem Boden einen Schlafplatz gefunden hatten. Dabei tastete sie ihre Anoraktaschen nach ihrem Portemonnaie ab. In ihrer Hosentasche spürte sie ihr Mobiltelefon. Sie roch feuchte Kleidung, Schweiß, geschmolzenen Schnee, kalte Suppe. Im Gesicht und an ihren Händen spürte sie, dass es im Raum kühler geworden war. Sie hatte den Ausgang noch nicht erreicht, als jemand laut sagte: »Die Tankstelle funktioniert wieder.«
    Sofort wurde das Raunen lauter. Als Angström endlich an der Tür war, drängten von hinten bereits Leute nach und schoben sie ins Freie.
    Draußen empfing sie beißende Kälte. Die Nacht war sternenlos. Auf dem dunklen Parkplatz vor ihr leuchtete der Tankstellenshop, in dem sich gestikulierende Menschen drängten.
    Angström ging hinüber, richtete notdürftig ihre Haare und betrat den Laden. Mit einem Blick fiel ihr auf, dass viele Regale und Kühlvitrinen halb leer waren. Die Stimmen um sie herum klangen zunehmend verärgert oder enttäuscht. Und endlich begriff sie, dass die Zapfsäulen nach wie vor nicht funktionierten. So hatte sie sich ihren Skiurlaub nicht vorgestellt. Mit einem Mal fühlte sie sich müde, schmutzig und hungrig.
    Sie gab sich einen Ruck, dann langte sie in den Regalen nach Brot, Sandwiches, Keksen sowie Getränken und stellte sich in die Schlange an der Kasse.
    »Nur Bargeld«, sagte der Mann hinter dem Tresen in einem Dialekt, den sie kaum verstand. Angström zahlte meistens mit Karten, deshalb hatte sie auch für diese Reise kaum Bares mitgenommen. Sie kramte ihre Brieftasche hervor, fischte einen der wenigen Scheine heraus, kassierte das Wechselgeld und verließ den Laden.
    Aus der Raststätte sah Angström Menschenmassen strömen, die wie sie dem Gerücht folgten. Ihr war kalt, und sie beschloss, die anderen zu suchen.
    Gegen den Strom

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