BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
»Schon deaktiviert.«
Ein Securityguide hatte sie bemerkt, kam auf sie zu. Angströms Blick suchte nach dem besten Fluchtweg an dem großen Kerl vorbei, aber da warteten noch andere, auch wenn das Gebäude um diese Zeit nicht mehr besonders frequentiert wurde.
»Zeigen Sie mir Ihren Ausweis«, forderte der Mann Angström auf.
Angström reichte ihm die Plastikkarte, er betrachtete sie, dann Angström. Er gab ihr die Karte zurück, blickte Manzano und Shannon fragend an.
»Die gehören zu mir«, sagte Angström.
»Der elektronische Zugang ist aus Energiespargründen seit heute deaktiviert«, erklärte er. Er sperrte die Tür mit einem Schlüssel auf und sah auf die Uhr über dem Empfangstresen. Sie zeigte Viertel nach acht. »Arbeiten Sie nicht zu lange.«
Angström gelang ein Lächeln.
»Werden wir nicht, danke.«
Aus Gründen der Energieersparnis leuchtete wohl auch nur noch jede vierte Deckenlampe in den Fluren, dachte Shannon.
»Ihr wartet hier«, flüsterte Angström. Vorsichtig schlich sie weiter, warf in jedes Büro links und rechts einen Blick. Endlich gab sie ein Zeichen, ihr zu folgen. Leise eilten Manzano und Shannon zu ihr. Sie schob sie in ein Zimmer und schloss die Tür. Es war der Raum, aus dem sie am Vorabend abgeführt worden waren.
»Da liegt ja noch mein Seesack!«, staunte Shannon.
»Aber mein Laptop ist weg«, bemerkte Manzano.
Den Haag
»Ich frage mich, ob wir nicht wegsollten«, sagte Marie Bollard zu ihrem Mann. In Decken gewickelt saßen sie am Kaminfeuer. Die Kinder schliefen schon. Sie hatte ihm von den Ereignissen am Binnenhof erzählt. Er hatte bereits davon gehört.
»Dann wollten einige weiter zu anderen Einrichtungen«, erzählte sie. »Zum neuen Rathaus, einige sogar zum Paleis Noordeinde. Wenn die Niederländer auf ihre Königin losgehen, muss es wirklich schlimm sein.«
»Woanders ist es nicht besser«, sagte er. Er sah so müde aus. »Komme gleich wieder.« Er stand auf. Sie hörte ihn in den Keller gehen. Zwei Minuten später kehrte er zurück, in der Hand ein kleines Paket. Er wickelte es aus. Im Flackern der Flammen kam eine Pistole zum Vorschein.
»Woher hast du die?«, fragte sie erschrocken. »Du darfst doch hier nicht …«
»Man weiß nie«, antwortete er. »Ich hatte sie sicherheitshalber mitgenommen. Sie lag immer gut weggesperrt im Keller.«
Sie stiegen hinauf ins Schlafzimmer. Die Waffe legte er auf seinen Nachttisch.
Brüssel
»Hier habe ich einen anderen Laptop«, flüsterte Angström. Sie schloss die Tür hinter sich und stellte das Gerät auf den Tisch.
Manzano warf ihn an.
Angström stand an der Tür und lauschte.
Zum Glück hatte sich Manzano die IP -Adresse gemerkt. Er loggte sich in das Gäste- WLAN ein, wählte sie an, gelangte auf die RESET -Seite und gab Nutzernamen und Passwort ein, die er schon beim ersten Mal verwendet hatte.
Vor ihm erschien das Verzeichnis der Unterhaltungen. Er scrollte herunter, entdeckte Unterregister.
»Das sind ganz schön viele«, stellte Shannon fest.
»Allerdings.«
Manzano klickte wahllos eine an.
»Ach du liebe Güte, schon wieder Kindskopfschrift«, konnte sich Shannon nicht verkneifen, als sie die Leet-Unterhaltung sah. »Übersetz mal«, forderte sie Manzano auf.
»Das heißt:
date: tue, -736, 14:35 GMT.
Proud: hast du die codes von deelta23 bekommen?
Baku: yep. Hat ein nettes Hintertürchen eingerichtet. Siehe Anhang.
Proud: ok. Bau sie ein.«
»Hintertürchen?«
Manzano antwortete nicht. Er klickte eine Datei an, die der Nachricht beigefügt war. Auf dem Bildschirm öffnete sich ein Dokument voll mit unverständlichen Zeilen aus Buchstaben und Ziffern.
»Was ist das?«
Manzano schwieg, las konzentriert. »Das ist ein Codefragment«, erklärte er schließlich. »Für die Hintertür zu einem Computersystem, einfach gesagt. Programmierer schreiben so etwas in ein Programm, um darauf zur Not auch später Zugriff zu haben, wenn das für sie eigentlich nicht mehr vorgesehen ist. Und natürlich kann so etwas auch nachträglich eingebaut werden, wenn man geschickt genug ist.«
»Heißt das, die unterhalten sich hier womöglich darüber, wie sie die Netze manipulieren?«
»Sie unterhalten sich nicht nur«, bestätigte Manzano. »Sie organisieren es … Ich müsste …«
»Was müsstest du?«
»Noch nicht …«
Manzanos Unaufmerksamkeit nervte Shannon ein wenig. Jeden Moment konnte wieder jemand hereinschneien, und er träumte vor sich hin!
»Minus siebenhundertsechsunddreißig beim Datum
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