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BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

Titel: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Elsberg
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Nachbarn oder ihre Familien ein, wie auch die, von denen die Nervosität ausgegangen war und die nun ihre Ziele im Bettenmeer erreicht hatten. Hastig rafften sie ein paar Habseligkeiten zusammen, packten Kinder an Armen oder riefen laut Namen durch die Halle, in der das leise Dauersummen sich langsam zu einem Tosen verstärkte.
    Doreuil hatte einen Moment innegehalten, bevor sie zu den anderen weitergegangen war. Dabei versuchte sie aufzuschnappen, was die Leute so erregte. Schon von der Hallenmitte konnte sie erkennen, dass auch ihrem Mann und den Bollards die Hektik aufgefallen war und sie sich bei ihren Nachbarn erkundigten. Immer mehr Menschen strömten zum Ausgang, mit Säcken, Taschen, Koffern beladen. Die Menschen flüchteten! Vor den Ausgängen bildeten sich dichte Trauben.
    »Das Kraftwerk ist noch einmal explodiert!«, stieß Bollard hervor, als sie ihn erreichte. »Der Wind weht eine radioaktive Wolke direkt auf Orléans zu!«
    Er begann, die wenigen Habseligkeiten, die auf ihren Betten lagen, in die Koffer zu stopfen.
    »Wer sagt das?«, fragte Doreuil.
    »Alle«, erwiderte Bollard, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen.
    »Wir müssen weg hier!«, rief nun auch ihr Mann.
    Annette Doreuil zögerte. Würden die Verantwortlichen im Notquartier eine neuerliche Evakuierung nicht durch Lautsprecher oder Megafone ankündigen? Würden sie nicht zu Ruhe, Besonnenheit und geordnetem Auszug aufrufen? War es nicht klüger, in einem geschlossenen Gebäude zu bleiben?
    Ihr Mann und die Bollards plagten sich offensichtlich nicht mit derlei Überlegungen. Sie hatten Koffer und Taschen gepackt.
    »Komm«, forderte Bertrand sie auf, drückte ihr die leichtere Tasche in die Hand, während er den Koffer nahm. Er griff sich an die Brust, verzog das Gesicht.
    Sie nahm die Tasche und folgte den anderen drei, die im Laufschritt zwischen den Betten hindurchhasteten. Inzwischen drängten fast alle zu den Ausgängen, die viel zu schmal waren, um sie schnell durchzulassen. Vor Annette Doreuil rief ihr Mann, den Kopf über die Schulter gewandt, ihr etwas zu, das sie im allgemeinen Lärm nicht verstand. Er strauchelte, ließ die Tasche fallen, stützte sich am nächsten Bett ab, sah zu ihr hoch. In seinen Augen erkannte sie sofort den Schmerz und die Panik.
    »Bertrand!«, brüllte sie, packte ihren Mann an der Schulter, wollte hinter den Bollards her, um sie aufzuhalten, rief noch einmal deren Namen in einer Lautstärke, von der sie nicht für möglich gehalten hätte, dass sie dazu fähig war. Die Eltern ihres Schwiegersohnes drehten sich um, zögerten, warfen ihre Koffer hin und drängten gegen den Flüchtlingsstrom zu ihnen zurück.
    Bertrand war unter Annette Doreuils Hand weggekippt und lag seitlich auf dem Bett. Sein Gesicht kreideweiß, schweißüberzogen, die Lippen, bläulich, zitterten. Seine Finger verkrampften sich an seiner Brust. Annette Doreuil ergriff seine Hand, strich mit der anderen beruhigend über sein Gesicht. Er starrte sie aus Augen an, durch sie hindurch, wie sie es noch nie bei ihm gesehen hatte.
    »Sein Herz!«, schrie Annette Doreuil den Bollards zu, die jetzt direkt vor ihr standen. »Ein Arzt! Er braucht einen Arzt!«
    Celeste Bollard erfasste die Situation als Erste. Sie drehte sich um, lief wieder Richtung Ausgang. Ihr Mann folgte ihr.
    »Wir holen dir einen Arzt«, redete Annette Doreuil auf ihren Mann ein. »Alles wird gut. Gleich kommt ein Arzt.«
    Sein Gesicht fühlte sich eiskalt und feucht an. Seine Lider flatterten. Seine Lippen öffneten und schlossen sich wie bei einem Fisch. Er wollte etwas sagen, brachte jedoch nichts heraus.
    »Einen Arzt!«, schrie sie abermals, so laut sie konnte. »Wir brauchen einen Arzt!«
    Niemand schien sie zu hören, alle drängten zu den Türen. Sie merkte, wie Tränen in ihre Augen stiegen.
    »Gibt es hier denn keinen Arzt?«, flüsterte sie.
    Bertrand hatte aufgehört, nach Luft zu schnappen.
    Brüssel
    »Ich kann nicht glauben, dass ich das tue«, flüsterte Angström, als sie die Fahrräder vor dem Gebäude der Europäischen Kommission abstellten.
    »Ich auch nicht«, erwiderte Shannon.
    »In welches Gefängnis sollten sie uns denn noch bringen?«, fragte Manzano.
    »Nicht der richtige Moment für schlechte Scherze«, maulte Angström.
    So gelassen wie möglich schlenderten sie zum Eingang des Gebäudes. Ungehindert gelangten sie in die Lobby. Sie hielt ihren Ausweis vor das elektronische Schloss der Tür. Sie blieb geschlossen.
    »Verdammt!«, zischte sie.

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