BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
langfristigen Folgen mindestens ebenso verheerend sein können, steht außer Zweifel.«
Brüssel
Lachend umarmte Manzano den alten Mann.
»Ich war noch nie in Brüssel«, erklärte Bondoni grinsend. »Da dachte ich, das ist doch die Gelegenheit.« Er klopfte Manzano auf die Schulter. »Schlecht siehst du aus, Junge! Stimmt es, was man von dir hört? Du hast die Terroristen quasi im Alleingang besiegt?«
»Ich bin nicht einmal in ihre Nähe gekommen«, erwiderte Manzano. Er drückte auch Bondonis Tochter, die mit ihrem Vater die Luxussuite im Hotel teilte, bis das Wasser in ihrer Wohnung wieder lief.
»Deine Freundinnen sind auch gesund zurückgekommen?«
»Tadellos.«
»Darf ich dir Antonio Salvi vorstellen?«, sagte Bondoni und schob einen dünnen Mann mit noch dünneren Haaren vor, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte. »Sein Sender zahlt das hier alles« – er deutete in den Raum –, »auch den Flug im Privatjet von Innsbruck. Er möchte eine Reportage über mich machen. Irgendwie hat er erfahren, dass mein alter Fiat dich nach Ischgl gebracht hat, von wo du …«
Manzano schüttelte die Hand des Journalisten. Seit gestern hatten dessen Kollegen aus der ganzen Welt ununterbrochen im Den Haager Hotel angerufen und nach ihm verlangt. Er hatte gebeten, die Gespräche nicht mehr auf das Zimmer durchzustellen. Wusste der Teufel, woher sie sein Quartier kannten. Zum Glück lag sein Mobiltelefon noch in Deutschland, wo dieser Hartlandt Manzanos Wagen und Gepäck konfisziert hatte. Bollard hatte bereits angekündigt, dass er für eine Rückführung sorgen wollte. In Brüssel hatte ihn noch kein Reporter aufgespürt.
»Vielleicht darf ich ja auch Ihnen ein paar Fragen …«, setzte Salvi an, mit einem Seitenblick auf Shannon, die bisher kaum etwas gesagt hatte.
Jetzt legte sie einen Arm um Manzanos Schulter, zog ihn zu sich. »Nicht bevor ich ihn vor der Kamera hatte …«
»Und wie war es in den Bergen?«, lenkte Manzano ab.
»Wie erwartet«, antwortete Bondoni, »besser als an den meisten anderen Plätzen. Wasser, Essen, Holzfeuer, charmante junge Frauen, alles da. Ich habe den ganzen modernen Kram nicht vermisst.«
»Deshalb bist du sofort per Privatjet in dieses Luxushotel hier umgezogen«, antwortete Manzano lachend. Es geht doch nichts über ein bisschen moderne Annehmlichkeiten, nicht?«
Bondoni wackelte unwillig mit dem Kopf. »Wo ist denn die reizende Schwedin, die du uns entführt hast?«
Orléans
Annette Doreuil und die Bollards schleppten ihre schweren Taschen und Koffer durch die eisigen Straßen der Stadt. Verstreuter Müll bedeckte Bürgersteige und Fahrbahnen und verpestete die Luft. Die öffentlichen Verkehrsmittel fuhren noch nicht, nur Polizeiautos und Panzerwagen des Militärs. Sie passierten Tankstellen, an denen sich bereits lange Warteschlangen bildeten, obwohl in vielen Stationen kein Licht leuchtete. Lokale, Cafés oder Imbisse hatten noch geschlossen. Sie hatten noch kein einziges Taxi ausfindig gemacht. Zu einem Autoverleih hatten sie sich durchgefragt, doch dort war niemand. Was hatten sie erwartet?
Am Hauptbahnhof bevölkerten Tausende Menschen die Halle unter dem doppelt geschwungenen Glasdach. Die Läden waren geschlossen, auch hinter den Schaltern entdeckte sie niemanden.
Erschöpft stellten sie ihr Gepäck ab. Celeste Bollard würde es bewachen, während Vincent und sie herausfinden wollten, ob die Bahn Verbindungen nach Paris anbot.
Nach einigem Fragen erfuhr Doreuil, dass anfangs zwar Züge in unregelmäßigen Abständen gefahren waren, seit einer Woche jedoch kein einziger mehr. Allerdings behaupteten Gerüchte, dass noch heute einer nach Paris gehen sollte. Doch wusste niemand, wann, ob man Tickets benötigte und woher man die bekommen sollte, und überhaupt blieben es Gerüchte, deren Wahrheitsgehalt niemand bestätigen konnte. Anderes Gerede behauptete, dass auch Paris zur Sperrzone erklärt worden sei, wegen einer radioaktiven Wolke, und dass deshalb sicher keine Züge in die Hauptstadt gelassen würden.
»Nichts Konkretes herauszufinden«, stellte Vincent Bollard enttäuscht fest, als sie sich wieder trafen. »Der Strom ist zwar wieder da, aber noch nicht das Bahnpersonal.«
»Alles abzuschalten ging schnell«, sagte seine Frau. »Jetzt wieder alles in Schwung zu bringen dauert wohl etwas länger. Da haben wir uns zu früh gefreut.«
Berlin
Staatssekretär Rhess hatte in den zwölf vergangenen Tagen sicher sechs Kilogramm abgenommen, dachte
Weitere Kostenlose Bücher