BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
blieb er gern über Nacht. Zur Not gab es sogar ein paar Duschen im Gebäude.
Sein Telefon läutete. Das tat es schon den ganzen Tag. Die Nummer kannte er nicht. Eine österreichische Vorwahl.
»Hallo, Terry! Hier spricht Sonja Angström.«
»Sonja, bist du gut angekommen?«
Angström lachte. »Mit Hindernissen. Die Tankstellen können kein Benzin mehr pumpen.«
»Was habt Ihr gemacht?«
»Kühe gemolken.«
»Wie bitte?«
»Erzähle ich dir ein anderes Mal. Hör zu. Du bist sicher im Stress. Hast du trotzdem kurz Zeit?«
»Gibt es Strom, da wo du bist? Österreich, wenn ich die Vorwahl richtig gelesen habe.«
»Ja, Österreich. Nein, was den Strom betrifft. Bei euch?«
»Wer Notstrom hat, dem geht es gut. Also uns im Büro. Dafür geht es hier drunter und drüber, wie du dir vorstellen kannst.«
»Habt ihr schon Hilfsgesuche?«
»Noch nicht. Aber bald, wenn es so weitergeht.«
»Könnte gut sein. Deshalb rufe ich an. Ich habe da eine seltsame Geschichte erfahren. Wir sind nicht der korrekte Ansprechpartner dafür. Ich schätze, das wäre eigentlich Europol. Aber ich habe keine der Nummern mit.«
»Worum geht es denn?«
»Das erklärt dir am besten der Bekannte einer Freundin, mit der ich hier Urlaub mache. Er heißt Piero Manzano, ist ein italienischer Programmierer und hat etwas Beunruhigendes entdeckt.«
Ischgl
Nachdem Manzano seine Erklärungen in fast fließendem Englisch beendet hatte, sah Angström, wie sich zwei tiefe Falten zwischen seine Augenbrauen gruben.
»Was heißt, Sie sind nicht zuständig?«, rief der Italiener in den Telefonhörer. Sie gab ihm ein Zeichen, ihr den Hörer zu geben.
»Typisch Behörde«, schimpfte er, während er ihr den Hörer reichte.
»Terry, was ist los?«
»Ich wollte ihm gerade sagen, wie wir am besten vorgehen, da hat er schon losgeblafft …«
»Er hat schlechte Erfahrungen mit Verantwortlichen in Italien gemacht.«
»Verstehe. Klingt auch ziemlich nach Verschwörungstheorie, was er da von sich gibt. Was für ein Typ ist der denn?«
»Wirkt vernünftig.«
»Wenn er recht hat, lässt das eigentlich nur drei Schlüsse zu: ein technisches Gebrechen. Wäre aber schon ein dummer Zufall. Die Alternativen sind eine kriminelle oder sogar terroristische Aktion. Ich will gar nicht daran denken. Bei der EU dafür zuständig wären das Büro des Anti-Terrorbeauftragten oder Europol.«
»Die keine gewöhnliche Notrufnummer haben, und die erreichbaren Nummern habe ich natürlich nicht bei mir.«
»Ich kann sie dir geben.«
»Besser, jemand ruft von einem internen Anschluss an.«
»Du meinst, ich …« Er holte kurz Luft. »Woher weiß ich, dass ich mich nicht komplett lächerlich mache, wenn ich dort mit einer solchen Geschichte aufschlage?«
»Gar nicht. Aber vielleicht wirst du der Held, der als Erster die Nachricht überbracht hat.«
»Du weißt, was den Überbringern schlechter Nachrichten geschieht.«
»Falls an der Story etwas dran ist, überbringst du eine gute Nachricht: nämlich, dass man die Ursache der Ausfälle kennt. Und damit beheben kann.«
Schweigen am anderen Ende. Dann: »Wie hieß der Typ noch mal? Gib mir ein paar Infos. Name, Geburtsdatum, Adresse.«
Angström fragte Manzano.
»Wozu will er das wissen?«, erkundigte sich der Italiener.
»Weil er lieber weiß, von wem er Informationen weitergeben soll.«
»Piero Manzano, geboren am 3. Juni 1968, wohnhaft Via Piero della Francesca, Mailand.«
Sie gab die Informationen an Bilback weiter. Durch das Telefon hörte sie das Klappern seiner Tastatur. Dann sagte er: »Gib mir ein paar Minuten. Wo kann ich dich erreichen? Unter der Nummer, die ich auf dem Display sehe?«
»Hoffentlich.«
Angström legt auf. Sie fasste den Anwesenden das Gespräch zusammen.
»Das Büro des Anti-Terrorbeauftragten oder Europol«, schimpfte der alte Bondoni. »Wer denn nun? Arbeitet in dem Laden und weiß nicht, wen er anrufen soll?«
»Das wird so sein wie bei uns im Konzern«, seufzte Terbanten. »Bei manchen Themen weiß ich nicht, ob ich damit zur Marketingabteilung gehen muss oder zur Werbung, zum Vertrieb oder zu Investor Relations.«
»Und wohin gehst du dann?«, fragte Lara Bondoni.
»Zu allen.«
»Das macht Terry jetzt auch«, sagte Angström.
»Glaube ich erst, wenn er zurückruft«, murmelte Manzano.
Den Haag
François Bollard stand am Wohnzimmerfenster und schaute hinaus in den Regen. Langsam wurde es dunkel. Auf der Wiese des kleinen Gartens standen alle Gefäße, die sie im Haus gefunden
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