BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
erschossen worden, Hunderte zum Teil schwer verletzt, weil Teile der italienischen Polizei mit äußerster Brutalität vorgegangen waren. Einige Beamte waren dafür später sogar von Gerichten verurteilt worden. Andere waren wegen Verjährung davongekommen.
»Aus dieser Ecke kommt der also«, bemerkte Bollard, mehr zu sich selbst. Seit frühester Kindheit eingebettet in das Beziehungssystem jener oberen Mittelschicht Frankreichs, die sich der Oberschicht zugehörig fühlte, betrachtete er Aktivisten, besonders die des linken Spektrums, skeptisch. Auch wenn er die Aktionen der italienischen Kollegen von Beginn an verurteilt hatte, wäre er nie in die Verlegenheit geraten, ihnen bei einer Demonstration gegenüberzustehen. Aber er konnte schon verstehen, dass man nicht immer nur vernünftig reagierte, wenn man mit Steinen beworfen wurde.
»Arbeitet offiziell als selbstständiger IT -Berater. Wird jedoch verdächtigt, weiterhin aktiv zu sein. Es konnte ihm aber nie mehr nachgewiesen werden. Der weiß also, wovon er redet, wenn ihm Codes in seinem Stromzähler nicht gefallen«, meinte Arnsby.
»Das fürchte ich auch. Er gab mir sogar noch Tipps. Die italienische Stromgesellschaft sollte als Erste die Logs der Router prüfen. Was immer das ist.«
»Wenn er die Wahrheit sagt, bedeutet es das, was sich mein uninformiertes Hirn zusammenreimt?«
Bollard hatte während der kurzen Fahrt ins Büro an nichts anderes gedacht. Alle Möglichkeiten und Szenarien flüchtig durchgespielt.
»Ich will keine unnötige Panik verbreiten. Aber gut wäre es nicht. Ganz und gar nicht gut.«
»Du meinst, wenn jemand in Italien das Stromnetz infiltrieren, manipulieren und lahmlegen kann, gelingt ihm das auch woanders.«
Bollard zuckte nur mit den Augenbrauen und schob den Unterkiefer vor.
»Auf jeden Fall können wir es nicht ganz ausschließen.«
»Was tut man in so einem Fall?«
»Man informiert den Leiter des Operations Department. Der leitet das an den Direktor und alle betroffenen Abteilungen im Haus weiter. Dann berät man sich.«
»Bis dahin ist der Strom längst wieder da«, wandte Arnsby ein. »Heute ist Samstag. Abend.«
»Mich hast du auch erreicht. Im Ernstfall würde man dann die Verbindungsbüros der entsprechenden Mitgliedsstaaten kontaktieren, also Italien und Schweden.«
»Was meinst du, als Leiter der Abteilung Counter Terrorism? Ist das ein Ernstfall? Und warum Schweden?«
»Dieser Herr hier«, Bollard zeigte auf den Bildschirm, »vermutet in Schweden dieselbe Geschichte, weil dort auch schon alle mit intelligenten Stromzählern ausgestattet sind. Ich habe ihm gesagt, dass dadurch nicht ganz Europa ausfällt.«
»Was hat er gemeint?«
»Dasselbe, wie du vermutest. Dass der angenommene Unbekannte woanders auch noch seine Finger im Spiel haben müsste.«
»Aber wo?«
»Weiß man nicht. Das wäre das Problem.«
»Kann das einer allein?«
»Natürlich nicht. Und das wäre das nächste Problem.«
»Ein richtig großes.«
»Jetzt malen wir nicht den Teufel an die Wand.«
»Du müsstest alle Kontaktbüros informieren.«
»Das wäre übertrieben. Wir reden hier völlig hypothetisch. Wenn überhaupt, sollten die Italiener und Schweden nachsehen. Müssten sich eben beeilen, damit wir möglichst bald etwas wissen.«
»Und was, wenn der Typ sich einfach nur wichtig machen will?«
Bollard verzog den Mund. »Dann mache ich mich vor allen Kollegen lächerlich. Und Europol wird zum Gespött der internationalen Kontaktleute. Und der Medien.«
»Eine schöne Wahl. Was wirst du tun?«
Mailand
Von den vergangenen sechsunddreißig Stunden hatte Curazzo eine geschlafen. Als Assistent des Technikvorstands stand er an vorderster Front. Nicht viel anders erging es der restlichen Mannschaft im Krisenzentrum. Die Luft war stickig, die Leute gereizt. Längst war die formale Disziplin verschwunden. Hemdkragen standen offen, Sakkos hingen irgendwo, aufgerissene und zerknüllte Lebensmittelverpackungen lagen auf und unter den Tischen. Die Versorgung mit Essen und Trinken würde bald zum Problem werden. Die Reserven der Kantine waren fast verbraucht. Supermärkte und Läden hatten geschlossen. So wie die Restaurants. Die Verantwortlichen waren bereits beauftragt worden, für Nachschub zu sorgen.
In welches Gesicht Curazzo auch sah, er erblickte nur Müdigkeit und Enttäuschung.
»Ich verstehe es nicht«, sagte Franco Solarenti, Leiter des technischen Krisenmanagements. »Wir haben eine ganze Menge Kraftwerke verloren. Achtzig
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