BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
nach Verantwortlichen. Das Podium blieb leer. Nach ein paar Minuten begannen die Anwesenden, ihre Sachen zu packen. Shannon und Turner schlossen sich ihnen an. Beim Hinausgehen lästerten die meisten über die unprofessionelle Medienarbeit. Shannon schwieg. Sie hätte nicht sagen können, warum, aber sie hatte das Gefühl, dass hinter dem abrupten Ende des Selbstlobs von diesem Blanchard mehr steckte. Jemand wie er liebte die Kameras und die Aufmerksamkeit. Ohne einen triftigen Grund würde er nicht so schnell darauf verzichten. Sie hatten den Ausgang des Gebäudes noch nicht erreicht, als sich Shannons Ahnung verstärkte. Von der Straße hörte sie Autos hupen, durch die Glastür des Entrees sah sie Menschen auf den Bürgersteigen, die durcheinanderliefen oder wild gestikulierend diskutierten, manche tippten nervös auf ihren Mobiltelefonen.
Draußen herrschte ein grauer Tag, es pfiff ein unangenehm kalter Wind. Shannon musste nicht lange suchen, um den Grund für die Aufregung zu entdecken. Alle Schaufenster in der Straße waren unbeleuchtet, die Verkehrsampeln auf den Kreuzungen dunkel. Die Autos stauten sich bereits.
»Nicht schon wieder«, stöhnte Turner. »Hat der Typ da eben nicht erklärt, dass alles vorbei ist?«
»Okay, wir gehen noch einmal hinein«, schlug Shannon vor. »Die sind uns eine Erklärung schuldig.«
Sie wandte sich zum Gebäude um und sah, wie Sicherheitspersonal die Türen von innen verriegelte.
Im Operation Centre erwartete Blanchard ein ähnliches Durcheinander wie im Kontrollraum. Ein Blick auf die Monitore zeigte ihm das Problem.
Der IT -Chef vom Dienst, Albert Proctet, ein jüngerer Mann mit Dreitagebart und buntem Hemd, erwartete ihn mit gerunzelter Stirn. Er zeigte auf die Bildschirme, auf denen neben vielen grünen Kontrollfeldern einige orangefarben und eines rot leuchteten.
Jede Lampe symbolisierte einen der Server, die das Netz kontrollierten und steuerten. Dass der eine oder andere ab und zu ausfiel, war nicht ungewöhnlich. Die Systeme waren redundant abgesichert, für einen ausgefallenen Server übernahm ein anderer.
»Die Ersatzsysteme übernahmen, doch dann fiel auch das erste von ihnen aus.«
Das hieß, eine Schaltstation des Stromnetzes konnte nicht mehr gesteuert werden und wurde deaktiviert. Unter normalen Umständen kein Problem, dafür sorgte die Redundanz im Stromsystem, dann wurde der Strom in das entsprechende Gebiet über andere Schaltstellen und Leitungen geschickt. Doch jetzt kämpften sie schon mit einem Netz, das mehr und mehr einem Fleckenteppich ähnelte, und die einzelnen Flecken hielten sich nur mühsam in einem labilen Gleichgewicht. Jede ausgefallene Umschaltstelle konnte eine ganze Region erneut vom Strom trennen.
Einer der Männer im Raum rief Blanchard zu einem Telefon.
»Der Kontrollraum!«
Er presste den Hörer ans Ohr.
»Was ist?«
»Wir haben gerade Region sechs verloren«, erklärte die Stimme am anderen Ende.
Blanchard stellte sich die große Übersichtswand im Kontrollraum vor, auf der ein Netz grüner Linien gerade rot geworden war.
Auf den Monitoren vor ihm sprangen währenddessen drei orangefarbene Lichter gleichfalls auf Rot. Die Steuerungen dreier weiterer Schaltstellen hatten sich eben verabschiedet.
»Region zwei wechselt zu Gelb«, erklärte sein Gesprächspartner aus dem Kontrollraum.
»Region zwei und fünf auf Rot, vier auf Gelb, jetzt Rot. Was ist da los? Wir verlieren wieder das ganze Netz!«
Dem instrumentenlosen Schiff in der Nacht war auch der Antrieb abhandengekommen. Hilflos trieb es, wohin auch immer.
Den Haag
»Wie stellen Sie sich das vor?«, fragte Manzano. Er hatte sich zurückgemeldet, bevor Bollard wieder in Ischgl anrufen musste. »Was soll ich tun? Und wo?«
»Hier in Den Haag«, antwortete Bollard und überlegte, was den Sinneswandel des Mannes ausgelöst haben mochte. »Bei uns laufen eine Menge Informationen zusammen. Sie können uns bei der Analyse helfen.«
»Ich habe Kleidung für drei Tage mit. Die Hälfte davon ist bereits getragen. Waschmaschinen gehen zurzeit nicht. Läden haben zu.«
»Dafür finden wir eine Lösung.«
»Wo soll ich wohnen?«
»Im Hotel. Einige haben Notstromversorgung.«
»Sind da noch Zimmer frei? Wer es sich leisten kann, hat sich diesen Luxus wohl schon gesichert.«
Gute Einwände, die Bollard nur zu gern bestätigt hätte, um den Mann zu lassen, wo er war. Doch Direktor Ruiz hatte andere Wünsche.
»Die EU hat genug Kontingente in den Hotels von Den
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