BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
Eltern gewöhnlich bereits wach. Bollard wählte die Nummer.
Die Leitung blieb tot. Nervös klopfte Bollard auf die Gabel, versuchte es noch einmal. Wieder nichts. War womöglich die Europol-Anlage defekt? Zur Kontrolle probierte er die Nummer eines Kollegen in Brüssel, von dem er wusste, dass er erreichbar sein musste.
»Guten Morgen, François Bollard hier, entschuldige die Störung, ich musste nur unsere Anlage testen.«
»In Ordnung«, erwiderte der andere, »das Problem hatte ich auch schon.«
Noch einmal wählte er die Nummer seiner Eltern. Aus dem Hörer klang nur ein leises Rauschen. Im Computerverzeichnis suchte er die Nummer ihrer Ansprechperson bei der französischen Atomaufsichtsbehörde.
» Autorité de sûreté nucléaire, bonjour? «
Bollard nannte den Namen seines gewünschten Gesprächsteilnehmers.
»Ist heute leider noch nicht im Haus«, erwiderte die freundliche Telefonistin.
»Dann geben Sie mir seinen Stellvertreter.«
»Leider auch noch nicht da. Der Stromausfall, Sie verstehen. Da haben viele Probleme, zur Arbeit zu kommen.«
Bollard biss die Zähne zusammen, um sie nicht anzuschreien.
Musste er es eben später noch einmal versuchen. Er legte auf. Dann erinnerte er sich daran, dass er eine Verabredung hatte.
Berlin
Viertel vor acht Uhr stand der Kriminalbeamte Hartlandt mit seinem Sparbuch vor der nächsten Filiale seiner Bank. Vor ihm wartete bereits ein Dutzend Leute. Einige Passanten bemühten vergeblich den Geldautomaten neben dem Eingang. Hartlandt stampfte auf und schlug die Arme um den Oberkörper gegen die Kälte. Hinter ihm bildete sich eine längere Warteschlange. Einige der Leute unterhielten sich, tauschten Erfahrungen aus, schimpften auf die Behörden. Hartlandt überlegte, wo er wohl einen offenen Supermarkt oder Lebensmittelladen finden würde. Um Punkt acht Uhr drängten alle in den Schalterraum.
Drinnen war es angenehm warm.
»Wie viel?«, fragte der Angestellte hinter dem Tresen, als Hartlandt ihm das Sparbuch reichte.
»Zehntausend«, erwiderte Hartlandt nicht zu laut.
»Das ist ja fast alles«, bemerkte sein Gegenüber überrascht.
»Ja«, sagte Hartlandt. »Der Geldautomat draußen funktioniert nicht.«
»Ist von unserem Stromnetz abgekoppelt«, erklärte der Mann, während er das Geld Schein für Schein auf den Tresen legte. »Damit die Notstromversorgung hier drinnen länger hält.«
Hartlandt teilte das Bündel, klappte beide Packen zusammen und versenkte sie tief in die vorderen Taschen seiner Jeans. Als er die Bank verließ, war der Schalterraum zwar gut besucht, aber nicht überlaufen.
Wenn die Menschen wüssten, dachte er. Und fragte sich, warum sie eigentlich nichts wussten.
Den Haag
Manzano lungerte auf dem Sofa in seinem Hotelzimmer herum und arbeitete am Laptop, als es klopfte.
Bollard trat ein.
»Haben Sie gut geschlafen?«, fragte der Europol-Mann.
»Und ein anständiges Frühstück bekommen«, antwortete Manzano.
»Gehen wir einkaufen«, schlug Bollard vor.
Manzano kam der Franzose verändert vor. Noch angespannter.
»Haben die Läden wieder offen?«
»Für uns schon.«
Bollard fuhr mit ihm durch die leeren Straßen. Unterwegs zeigte er Manzano einige Sehenswürdigkeiten.
Manzano fragte Bollard, wie er zu Europol nach Den Haag gekommen war.
»Die üblichen Gründe«, erklärte Bollard. »Eine interessante Aufgabe. Karriereperspektiven.«
Sie fuhren an einem großen Modehaus vorbei. Bollard parkte den Wagen in einer Seitenstraße.
»Wir nehmen den Nebeneingang«, sagte er. Aus dem Kofferraum nahm er eine Tasche mit.
Am Lieferanteneingang ließ sie eine Frau mittleren Alters ein, nachdem Bollard ein paar Worte mit ihr gewechselt und ihr einen Ausweis gezeigt hatte.
Drinnen war es so dunkel, dass Manzano kaum etwas sah. Aus seiner Tasche zog Bollard zwei große Taschenlampen. Eine davon reichte er Manzano. Mit der anderen leuchtete er quer durch das riesige Geschoss voller Regale, Tische und Stangen mit Kleidung.
»Suchen Sie sich etwas aus.«
»Ich komme mir wie ein Einbrecher vor«, bemerkte Manzano.
»Damit sollten Sie doch vertraut sein«, erwiderte Bollard.
Manzano verstand die Bemerkung zwar nicht, ihm missfiel jedoch der Ton.
»Als Hacker, meine ich«, fügte Bollard hinzu.
Manzano hatte keine Lust auf diese Diskussion.
Doch Bollard ließ nicht locker. »Da brechen Sie ja auch in fremdes Eigentum ein.«
»Ich bin nicht eingebrochen, ich habe Sicherheitslücken genützt. Und ich habe weder etwas zerstört noch
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