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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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lang.«
    »Tja, was das betrifft, da hab ich wohl immer eine schöne Scheiße zurechtgeschrieben.« Mein rechtes Auge pochte, als würde man es an eine glühende Herdplatte halten. Das Bild, das mir mein Badezimmerspiegel zeigte, war nicht gerade das hübscheste. Die Haut rund ums Auge hatte sich pergamentgelb verfärbt und wirkte passenderweise auch ziemlich papierartig. Geplatzte Gefäße zogen sich über die Lider wie die Locken einer Medusa. Wo die Haut an der Schläfe geplatzt war, glänzte ein dunkler Halbmond.
    Wir merkten, dass Big Brontell sich über den Flur näherte; er war losgegangen, um seinen Notfallkoffer zu holen. »Was macht unser schneidiger Terrorismusbekämpfer da drin?«, rief er.
    »Er ist in erster Linie am Stöhnen«, erwiderte Chic.
    Big Brontell kam herein und hielt den Notfallkoffer in seinen riesigen Händen wie ein Nähetui. Er war der beruflich erfolgreichste von Chics zahlreichen Brüdern, arbeitete als Stationsleiter im Cedars-Sinai-Krankenhaus und brachte ein gut Teil seiner Zeit damit zu, seine Brüder nach Motocross-Unfällen, elektrischen Schlägen oder geheimnisvollen Auseinandersetzungen wieder instand zu setzen. Er sah aus wie Chic, nur in XXL .
    Chics und Big Brontells Ankunft hatten mich in einem wilden Schreibanfall unterbrochen, bei dem die Wörter nur so aus mir herausspritzten, als würde ich diktiert bekommen und sie nicht selbst erfinden. Ich hatte fast vergessen, dass ich sie nach meinem missglückten Besuch bei Lloyd angerufen und um ihre Hilfe gebeten hatte. Als es an meiner Tür klingelte, fuhr ich deswegen erst zusammen, weil ich erwartete, Mortie mit Filetiermesser und Pferdegrinsen auf meiner Schwelle vorzufinden. Ich ging mit der Pistole an die Tür, woraufhin Big Brontell kicherte und meinte: »Das sind ja mal rassistische Vorurteile während einer Ermittlung in Reinform.«
    Die Strähnen von Frankels Haar lagen in ihrer Tüte neben der Spüle. Ich hatte sie mir hart erkämpft und würde sie nicht aus den Augen lassen – meine eigene paranoide Art, die lückenlose Bewachung dieser Beweismittel zu garantieren. Chics Vaterschaftsflüchtlingsaufspürer hatte keine neuen Verbindungen des Falls zu Delveckio oder Cal Unger finden können – oder zu Bill Kaden, den er kostenlos auch noch mitgemacht hatte. Etwas wirklich Besonderes über Frankel musste er auch erst noch herausfinden, und bis dahin waren diese sechs Haare alles, was ich hatte.
    Während Big Brontell sich daranmachte, mich mit überraschender Fingerfertigkeit und Behutsamkeit zu nähen, hielt ich meinen Blick auf diese sechs braunen Haare geheftet und dachte über Lösungen, Möglichkeiten, neue Wege nach. »Warum könnt ihr keine Brüder haben, die Kriminaltechniker sind?«
    »Wir haben doch jede Menge, die Kriminelle sind«, gab Big Brontell zurück.
    Als er fertig war, bedankte ich mich bei ihm und brachte die beiden hinaus. An der Tür legte Chic mir die Hände auf die Schultern und lehnte sich vor, so dass seine Stirn beinahe meine berührte. »Behalt deine Waffe immer in Reichweite und ruf an, wenn du mich brauchst, klar?«
    »Klar.«
    »Du bist da in gefährlichen Gewässern unterwegs, Drew-Drew. Vielleicht solltest du mal ein bisschen vom Gas gehen und dich ein wenig von der Strömung treiben lassen.«
    »Wenn ich nur die DNA von einem dieser Haare untersuchen lassen könnte, dann könnte ich den ganzen Fall aufklären, glaube ich.«
    Chic lächelte wissend. Ich sagte selten etwas, was ihn wirklich überraschte. Er wies mit einer raschen Kopfbewegung auf den Sonnenuntergang auf meinem rechten Auge. »Vergiss nicht«, sagte er, »deine besten Ideen haben dir das da eingebrockt.«

[home]
    34
    Während dieser Schreibblockade sollten keine neuen Personen mehr eingeführt werden. Nachdem Chic und Big Brontell gegangen waren, kam ich mit dem Schreiben überhaupt nicht mehr voran, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich mit dem Fall vorankommen sollte.
    Ich saß an meinem Schreibtisch, starrte auf den Cursor und war völlig in der Gegenwart gefangen.
    Sechs Haare, die nur auf ihre DNA -Analyse warteten, ein Mordfall – vielleicht auch zwei –, und weit und breit kein Kriminaltechniker in Sicht. Die Art, wie ich mir die Haare beschafft hatte, – Einbruch, Körperverletzung – hatten mich so kompromittiert, dass ich Gefahr lief, verhaftet, verklagt oder Opfer einer psychopathischen Racheaktion zu werden. Bei meiner Kugelschreiberattacke konnte ich schwerlich Notwehr ins Feld führen, weil ich

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