Blackout
Steinplatten wesentlich schwerer zu erkennen. Aber dort, auf der zweiten, mit Teppich belegten Treppenstufe, war wieder deutlich ein blutiges C zu sehen. Ich blickte nach oben, wo die Treppe im Dunkeln verschwand.
Ich kämpfte meine Angst nieder und folgte der Spur. Auf jeder Stufe wiederholte sich der Abdruck.
Schließlich erreichte ich den Treppenabsatz. Die Fußspuren liefen direkt weiter in mein Schlafzimmer. Ich bewegte mich voran, wobei ich das Messer mit leicht nach außen gerichteter Klinge an meinen Unterarm gepresst hielt – wie ich es von einem erfahrenen Messerstecher gelernt hatte, als ich mal wieder Derek Chainers Repertoire erweiterte. Ich erreichte die Schwelle. Wappnete mich innerlich und sprang dann mit einem Satz ins Zimmer.
Doch dort war niemand. Nur auf dem Teppich am Fußende meines Bettes glänzte … das Filetiermesser. Ich ging in die Hocke. Die Haut meines rechten Fußes war mit irgendetwas verschmiert, angefangen bei meinem kleinen Zeh und weiter den Rand meines Fußes entlang. Als ich hinfasste, merkte ich, dass auch meine Fingerkuppen dunkle Flecken hatten. Verschmierte Flecken auf dem Griff des Filetiermessers. Und an der Messerspitze. Mein Kopf begann sich ganz leicht zu drehen.
Als ich den Fuß anhob, bemerkte ich, wenn auch nur schwach, die C-förmige Spur, die ich auf dem Teppich hinterlassen hatte.
Mein eigenes Blut. Meine eigenen Fußabdrücke.
Ich schaltete das Licht an, legte das Küchenmesser aus der Hand und ging wieder zum Filetiermesser, das immer noch auf dem Boden lag. Ein unregelmäßiger, blutiger Fingerabdruck meines linken Daumens passte haargenau zu einem Abdruck auf dem Stahlgriff. Das Blut, das ich an den Fingern hatte – wahrscheinlich, weil ich vorher den Schnitt an meinem Fuß angefasst hatte –, hinterließ ebenfalls Spuren.
Meine Fingerabdrücke. Auf meinem Filetiermesser.
Ich wusch mir den Fuß in der Badewanne. Gemessen an der Menge Blut, die herausgekommen war, war der Schnitt relativ klein. Ein sauberer Schnitt, nicht länger als zwei Zentimeter, ungefähr einen Daumenbreit vom Gelenk des kleinen Zehs entfernt. Mit einem Heftpflaster war die Sache erledigt.
Immer noch fühlte ich mich ziemlich benebelt – war das Gangliogliom für einen Kurzurlaub zurückgekehrt? Ich versuchte mühsam auseinanderzudividieren, welche Befürchtungen jetzt vernünftig waren und welche nicht, musste jedoch feststellen, dass ich momentan zu keiner vernünftigen Betrachtung in der Lage war. Scheuchte mich hier irgendjemand wie eine Laborratte durchs Labyrinth? Entweder machte ich mich selbst verrückt, oder jemand anders hatte sich beträchtliche Mühe gegeben, um sicherzugehen, dass ich mich selbst verrückt machte. Ich schlang mir die Arme um den Bauch und blieb schaudernd auf dem Badewannenrand sitzen, bis ich zu guter Letzt nicht mehr anders konnte und das ganze Haus noch einmal abging. Ich machte überall Licht und suchte nach einer Leiche oder einem Einbrecher oder nach Allen Funt und seinem Team mit der versteckten Kamera.
Ich untersuchte die Tür nach Einkerbungen und Kratzern im Lack, aber alles war unversehrt. War ich schlafwandelnd ins Erdgeschoss gekommen und hatte die Tür selbst geöffnet? Warum hätte ich überhaupt hinausgehen sollen?
Ich ging wieder nach oben und starrte verblüfft mein Bett an. Auch auf dem Bettzeug waren ein paar Blutschmierer zu sehen, auf demselben Bettzeug, in dem ich gerade von Genevièves Haus geträumt hatte. Ein bizarr lebendiger Traum. Währenddem ich schlafwandelnd ins Erdgeschoss gelaufen war, das Filetiermesser gegriffen hatte, wieder ins Bett gegangen war und mir einen Schnitt in den Fuß zugefügt hatte? Warum? Konnte ich keine produktivere Art der Selbstbestrafung finden?
Der Traum kam in seiner ganzen Bedeutsamkeit zurück, und da packte mich plötzlich die Erregung. Ich konnte nicht feststellen, ob ich einen vorübergehenden geistigen Aussetzer gehabt hatte, aber ich konnte etwas überprüfen, was ich tatsächlich wissen könnte. Wenn Genevièves Sprinklerkopf wirklich kaputt und der Untersetzer des Blumentopfs zerbrochen war, dann litt ich nicht nur unter Halluzinationen. Zumindest konnte ich bestimmen, ob ich in meinem Kopf ein Fragment der Nacht wiedergefunden hatte, in der Geneviève ermordet worden war.
Ich zog mich an und ging nach unten. In meinem Hybrid-Schuldgefühlmobil warf ich einen Blick auf den Kilometerzähler, als ob der mir die Rätsel erklären konnte, die ich selbst nicht knacken konnte.
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