Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
Vom Netzwerk:
wurden die Muskeln von Kurven überlagert – eine Mischung aus hart und weich, die sicherlich zu ihrer Persönlichkeit passte. Sie war ein paar Jahre älter als ich, gut über vierzig, aber ihre Hände mit den Falten waren der einzige Körperteil, der ihr Alter verriet. Sie sahen sanft und versöhnlich aus, zerbrechlicher als der Rest.
    Ich blickte mich ein wenig um, hauptsächlich, um sie nicht dauernd anzustarren.
    Im einzigen Fernseher, der nicht auf ESPN 1 , 2 oder 12 eingestellt war, erschien jetzt Johnny Ordean und spielte seine übliche Rolle, Detective Aiden O’Shannon. Ein Jude aus Brooklyn mit Künstlername spielt auf dem Hintergelände der Fox Studios einen irischen Polizisten in Chicago. Willkommen in Hollywood.
    Johnny und mich verband diese typische eigennützige Society-Freundschaft – ich spielte die Motte, die sein Licht umflattert, und er hatte meine Nummer in seinem Handy eingespeichert, für den Fall, dass ich zufällig etwas schreiben sollte, was seine Agenten brauchen könnten.
    Detective O’Shannon beugte sich über eine übel zugerichtete Leiche und aß – man stelle sich das bitte bildlich vor – einen Hotdog, während er mit einer zurechtgebogenen Büroklammer eine Patronenhülse hochhielt. Der angemessen humorlose Untertitel lautete:
Bring das auf dem direkten Weg zu unseren Kriminaltechnikern. Die Patronenhülse, nicht den Hotdog.
    Caroline folgte meinem Blick. »Ist das nicht der Typ, der immer Derek Chainer spielt? Oder jedenfalls das, was sie für diesen miesen Film aus Derek Chainer gemacht haben?«
    »Sie haben was von mir gelesen?« Ich war ganz hingerissen.
    »Natürlich hab ich was von Ihnen gelesen. Was meinen Sie, warum ich den Prozess verfolgt habe?«
    »Perverse Neugier?«
    »Deswegen habe ich Sie auch gelesen.« Wenn sie lächelte, wurden die Narben glattgezogen, und die Kerben, die über ihre Lippen liefen, passten auf einmal zueinander. Die Narben wurden dadurch zwar nicht unsichtbar, waren aber wesentlich weniger ausgeprägt. Man musste ihr die Verletzungen beigebracht haben, als sie das Gesicht verzog oder weinte oder schrie, und irgendwie kam ein Lächeln diesen Bedingungen so nahe, dass man den ursprünglichen Verlauf der Schnitte, die man ihr beigebracht hatte, nachvollziehen konnte. »Sie haben bei diesem Prozess nie den dressierten Seelöwen gespielt. Ich wette, es war ziemlich schwierig, nicht in solches Verhalten zu verfallen.«
    »Der Prozess war eine lehrreiche Erfahrung.«
    »Und was haben Sie daraus mitgenommen?«
    »Ich kann Auren riechen?«
    »Wirklich?«
    »In der Tat sagt mir mein Spiderman-Sinn gerade, dass sich hier Böses anbahnt. Und Ihre Aura riecht ein bisschen nach …« Ich lehnte mich über den Tisch und schnupperte an ihrem wundervollen Kopf. »Nach nassem Hund.«
    »Nach nassem Hund?« Sie lächelte nicht.
    »Ja. Vielleicht ein wenig nach Pekinese.«
    Sie versetzte mir mit dem Handrücken einen Klaps gegen die Schulter.
    »Ich dachte, Sie mögen mich wegen meines Humors.«
    »Ich mag Sie nicht. Aber wenn ich Sie mögen würde, dann wegen Ihres unglaublich schlechten Rufs.«
    »Der wird vergehen. Die Zeit heilt alle Wunden.«
    »Nein«, sagte sie. »Tut sie nicht.« Sie musterte ihre Haarspitzen.
    »O je.«
    »Was?«
    »Wenn ich
Men’s Health
glauben darf, haben Sie gerade das Interesse an dieser Konversation verloren. Dann wenden sich die Leute nämlich ihren Haaren oder Nägeln zu.«
    »Men’s Health?«
    »Ja. Tut mir leid.«
    »Trotz der vorherrschenden wissenschaftlichen Meinung sollte das nicht heißen, dass ich das Interesse verloren habe. Es soll heißen, dass ich mich unwohl fühle.«
    »Weil …«
    »Ich jetzt arbeite. Ich gehe nicht mit Männern zum Essen aus, die ich nicht kenne.«
    Gelächter vom Billardtisch zog unsere Aufmerksamkeit auf sich. An einem der Tische an der Bar schmiegte sich ein Muskelmann mit zwei Piercingringen in den Ohren an seine spektakuläre Freundin. Blondes Haar, blaue Augen – sie trug die ganze Palette rezessiver Gene spazieren. Sie wirkten sehr jung, wahrscheinlich waren sie mit falschen Ausweisen hier reingekommen.
    »Was ich geben würde, wenn ich eine Filmaufnahme von mir aus meiner College-Zeit hätte«, sagte Caroline. »Die Vergangenheit scheint einem immer so glanzvoll, sobald sie hinter einem liegt. Und jetzt stecken wir hier in unserer ach so glanzlosen Gegenwart fest.« Sie sah zu, wie die beiden sich küssten. »Erinnern Sie sich an dieses Alter? Alles, was man fühlte, fühlte man

Weitere Kostenlose Bücher