Blacksoul - In den Armen des Piraten
an.
Adam schwieg. Was hatte er mit ihr vor? Er hatte sich über diese Frage schon die ganze Nacht den Kopf zermartert.
„Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Ich hatte ja nicht mit dieser unerwarteten Wendung gerechnet. Ich brauche jemanden, der sich um Kleinigkeiten hier an Bord kümmert und der für meine Belange sorgt.“
Josie atmete auf.
„Das kann ich, Monsieur. Ich werde mich natürlich so gut es geht nützlich machen …“
Adams Faust donnerte auf den Tisch.
„Nein! Das kannst du nicht! Was denkst du denn, was meine Männer tun werden, wenn du ihnen die ganze Zeit vor der Nase herumtanzt? Nein! Du bleibst schön hier. Wirst diese Kabine ohne meine ausdrückliche Erlaubnis nicht verlassen, ist das klar?“
„Was? Non, das kann nicht Euer Ernst sein. Wie lange denn?“
Adam zuckte die Schultern.
„Ich weiß es nicht. Ich hoffe, innerhalb der nächsten Wochen mein Ziel zu erreichen. Was mich aber viel mehr interessiert, ist die Frage, wie ich dich wieder loswerde.“
„Loswerden? Freilassen?“
Josies bekam große Augen bei der Vorstellung, dieses Schiff zu verlassen und endlich ihren Vater in die Arme schließen zu können.
„Monsieur, wenn Ihr mich nach New Orleans bringt, wird Euch mein Vater sicher reich entlohnen“, versicherte sie schnell.
„New Orleans liegt völlig abseits unserer Route. Wer weiß, ob wir in den nächsten Monaten auch nur in die Nähe kommen.“
„Aber …“
„Wenn jedoch das Lösegeld passt, …“
„Mein Vater wird jede Summe zahlen, die Ihr verlangt, das schwöre ich Euch!“, flehte Josie.
„Wir werden sehen, Schätzchen. Bis dahin wirst du tun, was ich sage und mir besser keinen Ärger machen, ist das klar?“
Josie konnte kaum glauben, dass dies alles so einfach sein sollte. Aber noch, ehe sie weitere Fragen stellen konnte, war Blacksoul aufgestanden. Er leerte sein Glas und sah ihr eindringlich in die Augen.
„Und begehe nicht den Fehler, dich als etwas anderes zu sehen, als du bist. Meine Gefangene. Du würdest es bitter bereuen!“
Sein Kiefer zuckte, und er strich sich mit der Hand über die Narbe, ehe er auf die Tür zusteuerte.
Mutlos sank Josie in sich zusammen. Die Erleichterung, welche sie eben noch verspürt hatte, weil er sie zurück zu ihrem Vater bringen würde, verblasste angesichts seiner barschen Worte.
Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, sah Josie ihm lange nach. Was war er nur für ein seltsamer Mann. Er war wie sein Gesicht, dachte sie.
Die eine Seite zerstört, vernarbt und verhärtet. Diese Seite drohte ihr, machte ihr Angst und tötete Seeleute mit einer kalten Grausamkeit, die einfach nicht zu der anderen Seite passte. Denn diese war freundlich und angenehm – von engelsgleicher Schönheit, was sie völlig verwirrte, ihr Herz schneller schlagen ließ und ihr ein nie gekanntes Kribbeln verursachte.
Die nächsten Tage verliefen weitgehend ereignislos. Josie bekam von Blacksoul oder seinem Maat kleinere Aufgaben zugeteilt. Sie stopfte Hemden und Hosen, besserte Nähte aus und putzte hinter dem Kapitän her. Am ersten Tag hatte sie versucht, den Tintenfleck zu entfernen, war aber gescheitert. Die Farbe war tief ins Holz eingedrungen und hatte es dauerhaft verfärbt. Außerdem hatte Blacksoul klargestellt, dass er nicht vorhatte, Josie weiterhin sein Bett zu überlassen. Smithe hatte ihr stattdessen ein Lager vor dem Bücherregal aufgebaut und dazu die Sessel und den Tisch weiter in die Mitte der Kabine geräumt.
Obwohl Smithe täglich von früh bis spät vor ihrer Tür Wache hielt, überließ Adam seine Gefangene meist sich selbst. Nur zu den Mahlzeiten gesellte er sich zu ihr, sah sie dann aber nur schweigend an. Seit sie bei einer dieser Gelegenheiten all ihren Mut zusammengenommen und ihn nach der Narbe gefragt hatte, trug er das Haar offen, ließ die goldenen Strähnen seine Entstellung verbergen. Die eisige Mauer des Schweigens auf ihre Frage ließ sie jeden weiteren Versuch, etwas über sein Schicksal zu erfahren, aufgeben.
Erst, wenn sich Josie abends längst schlafen gelegt hatte, kam Blacksoul in die Kabine, saß bei gedämpftem Licht über seinen Karten, betrank sich mit Rum und legte sich irgendwann vollständig bekleidet in sein Bett. Und noch bevor Josie am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war er schon verschwunden.
Adam war am Ende. Seit Tagen war er auf der Flucht. Auf der Flucht vor sich selbst. Vor seinen Gefühlen und vor der Frau, welche diese in ihm weckte. Er
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