Blacksoul - In den Armen des Piraten
die die Überreste des Gesichts darstellten.
Harry schnalzte wieder mit der Zunge, und sein Haken machte sich an der Hosentasche des Leichnams zu schaffen.
„Sieht so aus, als hätte sich schon ein Hai bedient“, stellte er nüchtern fest.
„Quatsch. Sieh doch hin. Das ist ein gerader Schnitt. Das war kein Hai.“
„Ist ja egal. Der ist so blank wie wir. Nichts in den Taschen und nichts am Leib. Wirf ihn wieder rein!“
Ein röchelndes Husten ließ die beiden erstarren.
„Los!“, rief Harry. „Rein mit ihm!“
Als er sich mit seiner verbliebenen Hand an dem Geretteten zu schaffen machte, ging Louis dazwischen.
„Hör auf! Der lebt noch. Wir schaffen ihn zum Captain.“
„Klar, der lebt – aber wie lange noch? Sieh ihn dir doch an! Denkst du, er freut sich, dass er den Rest seiner Tage mit so einer Visage herumlaufen muss?“
„Das ist dann aber nicht mein Problem.“
Damit legte sich Louis in die Riemen und ruderte zurück zur Great Bird Isle, wo der Unterschlupf der Piratenmeute um Captain Allard lag. Fast die ganze Insel war von Piraten besiedelt. In der südlichen Bucht lagen drei Schiffe vor Anker. Und obwohl die Insel nur fünf Meilen vor Antigua lag, konnten die Kontrollen der königlichen Marine den Männern nichts anhaben, da ihnen ihr gesetzloses Treiben bisher nicht nachgewiesen worden war.
Wenig später schleiften sie das Ruderboot über den Sand. Adam kam keuchend zu sich. Ein Fehler, wie er fand. Sein Gesicht brannte wie Feuer, und im Rest seines Körpers hatte er kein Gefühl. Er musste tot sein. Im Fegefeuer. Aber warum? Er war ein Mann von Ehre, von Rechtschaffenheit.
„He, du?“, stieß ihn jemand am Bein an.
Adam blinzelte, aber sein Blick blieb getrübt. Sein Gehirn schien – außer Schmerz – nichts wahrnehmen zu können.
Er wurde an den Armen gepackt und stolperte über eine Kante. Dann spürte er Sand unter seinen Füßen, brachte aber nicht die Kraft auf, diese in Bewegung zu setzen.
„Pack mit an, ich schlepp den nicht allein!“, hörte er jemanden sagen.
„Du wolltest ihn doch unbedingt rausfischen, dann schaff ihn auch alleine ins Dorf.“
Adam musste kurz das Bewusstsein verloren haben, denn als er wieder versuchte, die Augen zu öffnen, lag er auf einer Pritsche, und neben ihm prasselte ein Feuer.
Langsam schärfte sich sein Blick und er sah in das lächelnde Gesicht einer Frau. Ihr dunkles Haar war im Nacken zu einem lockeren Knoten gefasst. Lachfältchen umrahmten ihre großen freundlichen Augen.
„Ich bin Suelita“, stellte sie sich vor. „Wie geht es dir?“
Adam zuckte vor Schmerz zusammen, als er versuchte, etwas zu sagen. Erneut schien sein Gesicht zu verbrennen, und er wollte sich an den Kopf fassen, aber Suelita hielt ihn davon ab.
„Nicht. Du bringst Schmutz in die Wunde.“
Wunde? Wie aus dem Nebel tauchten Bilder in seiner Erinnerung auf. Der Säbel – er war einfach niedergefahren und hatte ihm das Gesicht zerschnitten. Willie Hawkins höchstpersönlich hatte diesen Streich geführt. Mit einem Mal war alles wieder da. Die Aurora , Lady Winthers und die junge Catherine Nelson. Und die Gesichter der Männer, die das alles verschuldet hatten. Er krümmte sich zusammen, wollte nicht wahrhaben, dass seine eigene Schuld unermesslich hoch war. Er hatte versagt! Hatte nur Augen für die wunderschöne Abigail Winthers gehabt und seine Aufgabe, das Schiff und die Passagiere zu schützen, vernachlässigt.
„Keine Sorge, ich werde dir helfen.“
Ihr Blick war voll Vertrauen, und so verlor er sich darin. Überließ sich ihren heilenden Händen. Nur wenige Tropfen eines bitteren Gebräus, welches sie ihm vorsichtig in den Mund flößte, brachten ihm erlösenden Frieden.
„Suelita habe ich es zu verdanken, dass ich heute noch hier neben dir stehen darf, mein Freund.“
Erneut klopfte Adam seinem Maat auf die Schulter und sandte in Gedanken einen Gruß an die Frau, die immer lächelte.
„Wie wahr! Aber Ihr hattet auch Glück, dass ausgerechnet Allards Männer Euch auf die Insel brachten“, stimmte Smithe zu.
„Allard, der alte Haudegen! Hätte mich aber ohne seine Suelita trotzdem einen Kopf kürzer gemacht. Es war ihm so gar nicht recht gewesen, dass er mir aus unserer Zeit auf der Mary Ann noch etwas schuldig war.“
Smithe runzelte die Stirn.
„Warum stand er eigentlich in Eurer Schuld?“
Adam zuckte mit den Schultern. Das alles war so lange her. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass es sich in diesem Leben
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