Blacksoul - In den Armen des Piraten
zur Seite neigte. Zwei der vier Bordkanonen waren abgefeuert worden, und der Rückschlag ließ die Deathwhisper wanken. Josie hielt sich die Ohren zu, und die Vorstellung, was sich gerade an Deck abspielen mochte, bereitete ihr Übelkeit.
‚Er ist ein Mörder, kaltblütig und gnadenlos‘, wirbelten ihr die Gedanken durch den Kopf. ‚Er liebt Catherine noch immer.‘
Sie stellte das Glas beiseite und setzte die ganze Flasche an ihre Lippen. Warum wurde ihr Schmerz denn nicht betäubt? Warum schmeckte sie noch immer seine Küsse?
Die Zeit schien stillzustehen. Es schienen Stunden vergangen zu sein, bis sich die Tür öffnete und Adam eintrat. Bei seinem Anblick japste Josie erschrocken nach Luft. Er sah furchtbar aus. Sein Hemd war über und über voll mit Blut. Der Hemdsärmel wies dort, wo er selbst einen Streich eingesteckt hatte, einen langen Schnitt auf. Sein Blut lief ihm die Hand hinunter, tropfte unbeachtet auf den Boden. Anscheinend hatte er sich damit über sein Gesicht gewischt, denn seine Wange war ebenfalls beschmiert. Das Haar fiel ihm offen ins Gesicht, und in der unverletzten Hand hielt er noch immer den todbringenden Säbel.
Ohne Josie zu beachten, stapfte er durch den Raum, warf die Klinge auf den Schreibtisch und riss sich mit einer fließenden Bewegung das Hemd vom Leib. Er warf es in ihre Richtung.
„Bring das in Ordnung“, befahl er.
Er trat hinter den Paravent, und Josie starrte angeekelt auf das ruinierte Hemd.
Sie wusste genau, was er getan hatte. Und sie verachtete ihn dafür. Konnte beinahe die flehende Bitte des Mannes um Gnade hören, der Blacksouls Zorn abbekommen hatte. Nein, wenn er sich wie ein Berserker benahm, sollte er auch wie einer herumlaufen – sie würde keinen Finger rühren, dieses Hemd, den Beweis seiner Grausamkeit, zu waschen oder zu flicken. Wütend erhob sie sich. Der Rum machte sie mutig, jedoch schien ihr das Schiff mehr als sonst zu wanken.
„Non! Bringt es doch selbst in Ordnung“, rief sie.
Wut. Das Wort war viel zu schwach, um auch nur annähernd auszudrücken, was Adam empfand. Ernüchtert hatte er feststellen müssen, an der Nase herumgeführt worden zu sein. Wieder einmal war ihm der Höllenhund entkommen! Das Schiff, auf welchem er Hawkins, die Geißel der Karibischen See, vermutete – und welchem er nun seit Wochen hinterherjagte –, war nur die Charon , dessen Vorhut, gewesen.
Das hatte ihn so hart getroffen, dass ihm beinahe die beiden Gesichter entgangen wären. Die Visagen der letzten beiden Männer, die er, neben Willie Hawkins, geschworen hatte, zu töten.
Während seine Crew sich noch die Taschen mit Beutegut füllte, konnte er nicht anders, als sich die beiden Männer vorzunehmen. Der Erste war glimpflich davon gekommen. Mit einem schnellen Schnitt hatte er diesem die Kehle aufgeschlitzt. Doch mit dem anderen hatte er sich Zeit gelassen. Er war es gewesen, der ihn damals von Bord seines eigenen Schiffes geworfen und dem Tod überlassen hatte.
Mit ihm hatte er Katz und Maus gespielt. Hatte ihn mit dem Säbel über Deck gejagt und ihm nach und nach immer mehr Wunden zugefügt. Erst zum Schluss spaltete er ihm, wie allen anderen zuvor, das Gesicht und stieß ihm seinen Säbel in die Brust. Die Erleichterung aber blieb aus. Warum? Er hatte doch endlich all die Männer gerichtet, die sich an der unschuldigen Miss Winthers vergangen und Catherine auf dem Gewissen hatten. Musste erst noch der Höllenhund sterben, ehe er seine Schuld beglichen hatte? Vermutlich war es so. Und wieder blieb das Gefühl zurück, nicht genug getan zu haben, um die Frauen, die ihm sein Freund Horatio Nelson anvertraut hatte, zu schützen.
„Habt Ihr gehört? Ich werde diesen Lumpen nicht flicken!“, wiederholte Josie, denn Adam schien sie überhaupt nicht wahrzunehmen.
Langsam drehte er sich zu ihr um.
Seine Augen sprühten Funken, und sein Kiefer mahlte vor Wut.
Mit drei großen Schritten war er bei ihr und packte sie an den Schultern. Das Adrenalin des Kampfes jagte noch immer durch seine Adern, und er war nicht in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Wie oft hatte er sie schon gewarnt, sich ihm nicht zu widersetzen? Was musste er tun, um ihr zu zeigen, dass man sich mit ihm besser nicht anlegte?
„Was hast du gesagt?“, flüsterte er mit zornbebender Stimme.
„Ich sagte, dass ich mich weigere, das Hemd eines Mörders zu waschen, comprenez-vous?“, antwortete Josie, deren Vorsicht durch die Wirkung des Alkohols
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