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Blade 02 - Nachtklinge

Blade 02 - Nachtklinge

Titel: Blade 02 - Nachtklinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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war.
    Das zweite Geschenk des Khans lag zusammengerollt zu ihren Füßen.
    Die Zunge der Echse war purpurfarben, und sie hatte leuchtend gelbe Augen, deren Pupillen sich im Licht stecknadelgroß zusammenzogen. Kleine, irisierende Schuppen bedeckten den Körper des Tieres, und die Halskrause richtete sich auf, wenn das Tier erschreckt wurde. Sie fühlte sich weich und ein wenig stachelig an. Alexa war heftig erschrocken, als das Tier zum ersten Mal seine Flügel ausgebreitet hatte.
    Diese Geschöpfe sind in meiner Heimat nichts Ungewöhnliches.
    Eine instinktive Lüge.
    Ich konnte nicht glauben, dass es diese Tiere bei euch nicht gibt.
    Wie hätte sie ihren Zofen auch erklären sollen, dass sie geflügelte Echsen bisher selbst für Fabelwesen gehalten hatte? Der kleine Drache mochte es nicht, wenn man ihn vor dem Morgengrauen weckte, und sah sie mit seinen gelben Augen so grimmig an, dass sie unwillkürlich lächeln musste.
    Eine halbe Stunde später rührten sich die Wachposten vor ihrer Tür. Es klopfte. Vermutlich die Nachricht von der Explosion in San Lazzaro.
    Sie wunderte sich, dass es so lange gedauert hatte.
     
    Der elfte Mai im vierten Jahr seiner Regentschaft verlief für den Dogen nicht besonders erfreulich. Er lümmelte wie eine plumpe Spinne auf dem Thron, die Beine über einer Lehne, den Kopf weit zurückgelehnt, und kratzte sich im Schritt. Marco IV. hatte Geister gesehen.
    Genauer gesagt, den Geist seines Vaters.
    Der Rat der Zehn lauschte den Erläuterungen des Dogen.
    Sein mühsames Gestotter nahm einige Zeit in Anspruch, bis man zum wirklich wichtigen Punkt der Tagesordnung übergehen konnte: der Explosion des Klosters auf San Lazzaro. Prinzessin Giulietta, nächste Anwärterin auf den Thron und nach langer Abwesenheit im Begriff, in ihre Heimatstadt zurückzukehren, war dabei nur knapp dem Tode entronnen.
    Seit Marcos Vater, in Venedig Marco der Gerechte genannt – ein Namenszusatz, den Alexa geprägt hatte – gestorben war, bestand das wichtigste Ziel der Dogaressa darin, ihren einfältigen Sohn vor dem Tod zu schützen. Ihr zweites Ziel bestand darin, dass Venedig nicht in fremde Hände fiel. Weder in die des byzantinischen noch in die des deutschen Kaisers und schon gar nicht in die ihres Schwagers. Eine weitere, wenn auch nicht ihre vordringlichste Aufgabe sah Alexa darin, Giulietta zu beschützen.
    Die Grafen Atilo und Roderigo standen vor dem Thron, Tycho einen Schritt hinter ihnen. Roderigos mongolischer Wachtmeister hatte draußen vor der Tür zu warten.
    »Ist G-Giulietta in Sicherheit?«
    »Sie spricht soeben ihre Dankgebete in San Marco und betet für das Seelenheil ihres verstorbenen Gatten.« Alexa verzog das Gesicht. Sie hatte der frommen Bitte ihrer Nichte nur höchst ungern nachgegeben.
    Alonzo schnaubte.
    Ihr Schwager war das genaue Gegenteil ihres Sohnes.
    Er traf stets den richtigen Ton, ob er mit Werftarbeitern, Händlern oder den Edelleuten der Stadt sprach. Früher war er ein gutaussehender, beinahe schöner Mann gewesen. Doch sein Hang zum üppigen Leben zeichnete sich auf seinem leicht aufgedunsenen Gesicht ab, seine Stimme klang rau vom übermäßigen Weingenuss. Er befahl den Wachen, den mameluckischen Botschafter hereinzubitten.
    »Hoheit.«
    Der Botschafter verneigte sich vor dem Thron, berührte mit den Fingerspitzen Brust und Stirn und vermied es sodann, den Dogen ein zweites Mal anzusehen. Er war ein stolzer Mann und treuer Diener seines Herrn und enorm beunruhigt über die Nachrichten aus San Lazzaro.
    Nachdem er den Dogen protokollgemäß begrüßt hatte, wandte er sich in erster Linie an Alonzo und Alexa, indirekt an den Rat der Zehn und zuletzt an die restlichen Mitglieder der Versammlung. Gelegentlich gab der Gesandte vor, den zappelnden Narren auf dem Thron anzusprechen. »Mein Herr ist nicht für diese Gräueltat verantwortlich.«
    »Seid Ihr Euch da ganz sicher?«, fragte Alonzo mit schneidender Stimme. »Vielleicht weiht er Euch nicht in alle seine Pläne ein.«
    »Ich bin sicher, Hoheit. Ich bin sein engster Vertrauter.«
    Der Regent schwieg nachdenklich. Als er wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme milder. Ein Fremder wäre im Traum nicht darauf gekommen, dass ebenjener Alonzo vor einigen Monaten Befehl gegeben hatte, das Handelshaus der Mamelucken niederzubrennen. Die Tochter des obersten Händlers war auf seinen Befehl hin an einen Baum geschlagen und bei lebendigem Leibe gehäutet worden. Der mameluckische Botschafter hatte die grausame Tat

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