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Blade 02 - Nachtklinge

Blade 02 - Nachtklinge

Titel: Blade 02 - Nachtklinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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herrschte kein Mangel an Kirchen.
    Reiche venezianische Bürger besaßen hier Sommerhäuschen inmitten kleiner, gepflegter Gärten. Der Patriarch hielt sich sogar eine Schafherde. Auf Giudecca gab es Felder und Obstgärten, Tannenbäume und Friedhöfe. Ein breiter Kanal trennte die Insel von Venedig.
    Die Herkunft des Namens war ungeklärt. Entweder er stammte von jüdischen Siedlern, den
Giudei,
oder von sogenannten
Giudicati,
straffälligen Adeligen, die man einerseits nicht hinrichten, andererseits aber auch nicht in der Stadt dulden konnte. Die Inselbewohner sahen sich in erster Linie als
Giudecchini
und dann erst als Venezianer, und viele der älteren stritten rundheraus ab, überhaupt Venezianer zu sein.
    Die Friedhöfe der
schiavoni,
Juden und Griechen, kurz aller Heiden, lagen am Südende von Giudecca, außer Sichtweite Venedigs, entfernt genug, um niemanden durch ihre Fremdheit zu stören. Zu diesen Friedhöfen war das verbliebene Rudel der Kriegshunde nun unterwegs, und Tycho folgte ihnen.
    Sie stürmten durch die Nacht, während am Horizont der erste helle Schimmer aufzog. Nicht mehr lange, dann graute der Morgen. Tycho war sich plötzlich bewusst, dass er wie sie zu den Wesen im Grenzbereich zwischen menschlich und nichtmenschlich gehörte.
    Die
Wolfsseele
auf Fredericks Rücken wirkte grotesk. Tycho fragte sich, ob der Prinz in seiner Tiergestalt die Waffe überhaupt nutzen konnte. Vielleicht trug er sie als Totem oder Ehrenabzeichen. Bei Gelegenheit würde Tycho ihn danach fragen.
    Das Rudel bewegte sich mit der gleichen übernatürlichen Geschwindigkeit durch den Nebel wie Tycho und Rosalie. Ein menschlicher Beobachter hätte die Gruppe lediglich als huschende Schatten wahrgenommen, doch menschliche Beobachter gab es nicht. Die Inselbewohner hatten sich in ihre Häuser verkrochen und lauschten ängstlich dem Kanonengetöse über der Lagune.
    Blätter wirbelten auf, als das Rudel einen Garten durchquerte, in wildem Lauf über einen kleinen Platz jagte und wie ein Schweif von Leibern um einen Brunnen floss. Dann ging es weiter durch schmale Gässchen, die in morastige Wege und schließlich in Felder mündeten. Im Nu hatten sie die größte Insel von Giudecca zur Hälfte durchquert, brausten an den Mauern eines Bauernhofs vorbei und einen abschüssigen Hang hinab auf die Pforte des in Nebelschwaden getauchten Friedhofs zu. Das Südufer der Insel lag irgendwo dahinter.
    Die Pinien verströmten einen durchdringenden Harzgeruch, die trockenen Nadeln knisterten unter Tychos Füßen. Nebel umwallte sie wie Rauch, verbarg, was vor ihnen lag, umhüllte die Meute aber auch mit seinem schützenden Mantel.
    »Lass die Kriegshunde zuerst angreifen.«
    Rosalie nickte.
    Die Wolfsbrüder waren die Stoßtruppen des deutschen Kaisers und ersetzbar wie alle Fußsoldaten. Beide wurden nur zu einem Zweck in die Schlacht geschickt: um zu sterben. Genau wie Sklaven.
    In Tychos Kindheit hatte man stets Sklaven in die erste Angriffswelle des Feindes geschickt. Er hatte mit ansehen müssen, wie der Mann, den er für seinen Vater hielt, mit nicht mehr als einem groben Schwert vor die Palisaden und in den Tod getrieben wurde. Wenn Sklaven kehrtmachten und zu den verschlossenen Toren Bjornvins zurückrannten, kostete es die Skaelingar immerhin die Kraft, sie zu jagen und zu töten. Dadurch waren die rotgesichtigen Wilden schon etwas geschwächt, wenn sie gegen die bewaffneten Krieger Bjornvins antraten.
    Der Nebel war so dicht, dass Rosalie stolperte.
    Blindlings schlug sie nach Tycho, als er sie auffing, und setzte zu einem zweiten Hieb an. Sie beschimpfte ihn mit einem fremden Namen, als er sie hinter sich herzerrte. Ihre wirren Anschuldigungen schlugen von Wut in Verzweiflung um. Josh war ihr Zuhälter gewesen, ihr Beschützer, ihr Liebhaber … Tycho wusste nicht viel über ihn.
    »Lauf«, befahl er.
    Rosalie rieb sich die Handgelenke, als verspürte sie Schmerzen, und ertastete dabei Eleanors Armband. Mit einem Mal wirkte sie gefasster.
    »Dämonen«, stieß sie mit bebender Stimme hervor.
    Der Nebel vor ihnen war wie eine Wand.
    Dann formte er sich plötzlich zu den Umrissen von Bjornvins Toren: eine Reihe spitzer Pfähle, breite Türpfosten, während die Palisaden daneben im Nebel versanken. Tycho sah, wie das Tor aufschwang.
    Er rannte darauf zu, kam jedoch nicht näher.
    In der geöffneten Tür stand ein Skaelingar. Er hatte ein nacktes Mädchen am Schopf gepackt, riss ihren Kopf zurück und durchschnitt ihre Kehle.
    Tycho

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