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Blade 02 - Nachtklinge

Blade 02 - Nachtklinge

Titel: Blade 02 - Nachtklinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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dass er ihren Hals berührte und den Duft an seinen Fingern einsog.
    Ihr Bruder, der sie zu ihrem Schutz begleitete, gaffte derweil eine barbusige Dirne an. Als er Tycho entdeckte und mit gezücktem Schwert auf ihn losgehen wollte, erschrak er. Zur Erleichterung des Bruders verbeugte Tycho sich tief und sagte:
    »Seid meine Gäste. Esst mit mir zu Abend.«
    Am nächsten Morgen schob er die Bürgerstochter aus seinem Bett, küsste ihr die Finger, versetzte ihr einen Klaps und schickte sie davon. Ein kleiner Blutfleck auf dem Laken war der einzige Hinweis, dass sie die Ca’ Bell’ Angelo Scuro als Jungfrau betreten, aber nicht als Jungfrau verlassen hatte.
     
    Allerlei Gerüchte woben sich um Tycho: Er sei ein Prinz aus dem hohen Norden. Man habe ihn gefangen genommen und versklavt. Er sei ein adeliger
Romanoi
aus Konstantinopel, Edelleute, die über griechische oder türkische Stämme herrschten und behaupteten, Nachfahren der Römer zu sein.
    Sogar Balladen wurden über ihn verfasst, die wiederum Stoff für Darbietungen schauspielernder Vaganten lieferten.
    Bald machte ein neues, noch aufregenderes Gerücht die Runde. Tycho sah einen Jungen mit weißer Perücke und leicht schäbigem Aufputz, der verkündete: »Ich bin Herr Tycho mit dem Engelsgesicht, der tapfere Bastard von Marco dem Gerechten.« Die lauschenden Nicoletti fragten sich, ob das stimmte oder nicht, als der Junge hinzufügte: »Die mongolische Hure verpasste mir eine eiserne Maske und ließ mich ins Verlies werfen. Der großherzige Regent Alonzo befreite mich und …«
    Da wussten die johlenden Zuschauer, dass es sich um ein Straßenstück handelte.
    Kurz darauf bereitete die Wache der Aufführung ein Ende.
    Tycho lächelte säuerlich über diese absurde Geschichte und betrat eine Schenke hinter San Nicolò di Mendicoli. Mit zwei Krügen billigen Rotweins ließ er sich an einem wackeligen Tisch in einer Ecke nieder. Der Abend war vorangeschritten, und in der Schenke war es dunkler als draußen auf dem mondbeschienenen Platz. Niemand konnte Tychos Gesicht erkennen.
    Nach einem flüchtigen Blick auf den neuen Gast nahmen die Nicoletti ihre geflüsterte Unterhaltung wieder auf. Da kein Fremder so dumm war, sich hier blicken zu lassen, musste er einer von ihnen sein. Heute waren die Neuigkeiten dürftig. Man berichtete lediglich von einem seltsamen Geheul auf einer der Toteninseln.
    Geister, behauptete einer.
    Eine Wahnsinnige, die von ihrer Familie verstoßen worden war, ein anderer.
    Dann kreiste das Gespräch um die beiden Anschläge auf Prinzessin Giulietta. Dahinter steckten natürlich die Republikaner, die vor keiner Grausamkeit zurückschreckten. Zuerst die vielen Todesopfer unter den Mönchen und kurz darauf der Anschlag auf die Prinzessin in ihrem eigenen Haus. In der nächsten Woche war eine Straßenschlacht gegen die Castellani geplant …
    Die Nicoletti wollten zeitig dort sein.
    Tycho nahm an, dass die Castellani noch zeitiger da sein würden. Es war das übliche Schenkengerede unter rauen Burschen.
    Was gibt mir das Recht, über sie zu urteilen?,
dachte er.
    Er leerte den Becher, nickte dem Schenkenwirt zu und drängte sich an der Tochter des Mannes vorbei ins Freie. Die Erinnerung an ihren Duft, an ihre vollen Brüste und ihr anzügliches Kichern nahm er mit. Es war höchste Zeit für ihn, nach Hause zu gehen.
     
    »Ihr seid betrunken«, stellte die junge Frau fest, die ihm die Haustür öffnete.
    »Wenn es doch so einfach wäre.«
    Die dunkelhaarige Jüdin, die behauptet hatte, Marco habe sie gesandt, wehrte sich, als er sie an sich zog. Er ließ sie los und fragte sie nach ihrem Namen.
    »Ich heiße Elizavet, Herr, genau wie gestern.«
    »Du musst mich verstecken, Elizavet.«
    »Wovor denn, Herr?«
    »Vor mir selbst und dem Mond.«
    Er dirigierte sie vor sich her zu dem kleinen Vorratsraum und schob die Rückwand des Schranks zur Seite. Der verwahrloste Garten und das Hinterhaus lagen im Dunkeln.
    »Was ist dort hinter der Tür?«, fragte sie.
    »Die Wahrheit.«

16
    D rei Tage später schloss Elizavet, wie abgesprochen, die Tür des kleinen Hinterhauses wieder auf. In den nächsten Wochen verloren sie kein Wort über den Vorfall, aber es entging Tycho nicht, dass Elizavet gelegentlich zum voller werdenden Mond aufblickte. Die Dienerin war klug genug, um sich einen Reim darauf zu machen. Sie war überhaupt klug. Im Unterschied zu der jungen Frau, die heute sein Bett teilte.
    Tycho drehte sie auf die Seite. »Knie dich hin.«
    »Herr,

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