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Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz

Titel: Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Philip K
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EINE KANTATE VON KARL WILLIAM DITTERSHAND
    Â 
    Dieser Komponist, Karl William Dittershand, war zur Zeit der erklärte Liebling unter den Intellektuellen auf der Erde, und Arnie verabscheute dessen sogenannte elektronische ›Musik‹; er selber war Purist: Für seinen Geschmack hörte es nach Brahms schlagartig auf. Arnie freute sich diebisch – seine chiffrierte Nachricht mit einer Bezeichnung zu versehen, die seinen und Scotts Einstieg in den Schwarzmarktimport von Lebensmitteln als Kantate von Dittershand ausgab! – und rief dann einen Gildebruder an, der die Spule in den Norden nach Nova Britannica bringen sollte, der englischen Kolonie auf dem Mars.
    Damit beschloss Arnie um acht Uhr dreißig abends seine
Tagesgeschäfte und kehrte zu seinem Fernseher zurück, um das Ende der Kämpfe zu verfolgen. Er zündete sich noch eine ultraleichte Optimo Admiral an, lehnte sich zurück, ließ einen fahren und entspannte sich.
    Ich wünschte, alle Tage wären wie dieser, sagte er sich. Wenn sie es wären, könnte ich ewig leben; solche Tage machten ihn jünger, nicht älter. Er fühlte sich, als sähe er wieder die vierzig auf sich zukommen.
    Man stelle sich vor: ich auf dem Schwarzmarkt, malte er sich aus. Und alles wegen dieses Kleinkrams, diesen kleinen Dosen mit Marmelade von wilden Brombeeren und Scheiben mariniertem Aal und Lachs. Aber auch das war lebenswichtig; besonders für ihn. Niemand raubt mir die kleinen Freuden des Alltags, dachte er grimmig. Wenn dieser Steiner gedacht hat, er könnte mir durch seinen Selbstmord vorenthalten, wonach ich mich sehne …
    Â»Na los!«, feuerte er den farbigen Jungen an, der im Fernsehen Prügel bezog. »Komm hoch, du Lump, gib’s ihm!«
    Als hätte er ihn gehört, rappelte der schwarze Kämpfer sich wieder auf, und Arnie Kott kicherte schrill und aufs höchste erfreut.
    Â 
    Jack Bohlen saß am Fenster des kleinen Hotelzimmers, in dem er traditionsgemäß immer die Wochenendnächte verbrachte, wenn er in Bunchewood Park Dienst hatte, rauchte eine Zigarette und dachte nach.
    Es war wieder da, nach all diesen Jahren, das, was er am meisten fürchtete; er musste sich ihm stellen. Jetzt war es keine ängstliche Erwartung mehr, es war Realität. Himmel, dachte er elend, sie haben recht – wenn man es erst einmal hat, kriegt man es nie mehr weg. Der Besuch in der Public School hatte den Boden bereitet, und im Willows war es dann wieder aufgetreten und hatte ihn umgehauen, so unverändert
und mit voller Wucht, als wäre er wieder zwanzig, drüben auf der Erde, als arbeitete er wieder für die Corona Corporation in Redwood City.
    Und ich weiß, dachte er, dass Norbert Steiners Tod damit zu tun hat. Ein Todesfall regt jeden auf und bringt ihn dazu, merkwürdige Dinge zu tun; er setzt strahlenartig einen Prozess von Handlungen und Gefühlen in Gang, der sich seinen Weg ins Freie bahnt, weiter und weiter, und dabei immer mehr Menschen und Dinge umfasst.
    Ich rufe besser Silvia an, dachte er, um zu hören, wie sie mit Frau Steiner und den Kindern klarkommt.
    Aber er schrak davor zurück. Ich kann ja doch nicht helfen, sagte er sich. Ich muss hier in der Stadt, wo mich Mr. Yees Telefonzentrale erreichen kann, rund um die Uhr abrufbereit sein. Und jetzt musste er auch noch Arnie Kott in Lewistown zur Verfügung stehen.
    Allerdings war er dafür entschädigt worden. Auf zarte, tiefe, besinnliche und äußerst ermunternde Weise entschädigt worden. In seiner Brieftasche hatte er Doreen Andertons Adresse und Telefonnummer.
    Sollte er sie heute Abend anrufen? Man stelle sich vor, dachte er, jemanden zu finden, und dann noch eine Frau, mit der er ungezwungen reden konnte, die seinen Zustand verstand, die wirklich mehr darüber erfahren wollte und keine Angst hatte.
    Das half sehr.
    Seine Frau war die Letzte auf der Welt, mit der er über seine Schizophrenie reden konnte; bei den paar Malen, die er es versucht hatte, war sie vor Angst fast zusammengebrochen. Wie allen anderen graute es Silvia bei der Vorstellung, dass die Krankheit auch in ihr Leben einbrechen könnte; sie selbst wendete das durch das Zaubermittel der Drogen ab … als ob Luminal den universellsten, verhängnisvollsten psychischen
Prozess, der der Menschheit bekannt war, aufhalten könnte. Der Himmel mochte wissen, wie viele Pillen er selbst in den vergangenen zehn Jahren geschluckt hatte,

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