Blamage
mitgeteilt hat. Und dies gilt ganz allgemein, wenn man als Deutscher im Ausland den Mund aufmacht. Doch manchmal tritt auch das überraschende Gegenteil ein, und man erntet Schulterklopfen und Anerkennung. Wenn auch aus bedenklichen Gründen: Der weitgereiste Autor selbst wurde einmal in einer irischen Kneipe mit freudigen Heil-Hitler-Rufen begrüÃt, nachdem sein Akzent beim Bierbestellen aufgefallen war (bis heute ist man dort der Luftwaffe für die Bombardierung Londons dankbar). Und im marokkanischen Fes fand er sich rasch in einem Pulk jugendlicher Bewunderer, die ihm anerkennend signalisierten, dass »sein Landsmann« Hitler endlich mal was gegen die Juden unternommen habe. Eine peinlich-prekäre Situation, in der man gezwungen ist, seine Fans mehr oder weniger huldvoll abzuwimmeln. Sich über die freundliche Aufnahme erfreut zeigen, und trotzdem klarmachen, dass man kein wenig stolz auf den Nationalsozialismus ist â das kann schon mal schwierig werden. Auch die Anfeindungen verspäteter Antifaschisten, die einem in den europäischen Nachbarländern bisweilen widerfahren, sollte man dezent, aber mit Nachdruck zurückweisen. Manche Deutsche quälen sich mit der historischen Scham, haben schon Probleme, nur das Wort »Jude« auszusprechen (merke: ist an sich keine Beleidigung) oder bemitleiden sich selbst, weil sie einen UrgroÃvater hatten, der in der SA war. Wer also vor lauter historischer Befangenheit kaum noch geradeaus gucken kann, der sollte lieber gleich zu Hause bleiben. Auf jeden Fall ist von jeglicher Ãberheblichkeit abzuraten, weder die Leistungsfähigkeit der Wehrmacht (»Wüstenfuchs!«, »Blitzkrieg!«) noch Wernher von Brauns Raketentechnik (»Geburtsstunde der Raumfahrt!«) und auch nicht das Autobahnbauwesen (»Arbeitsplätze!«) zwischen 1933 und 1945 sind zu loben, denn letztlich war nichts gut im »Dritten Reich«. Andererseits ist auch vor den peinlichen Exzessen eines späten Täterstolzes zu warnen â jene schulmeisterlichen Exkurse über die vorbildliche Gedenkkultur, Vergangenheitsbewältigung und Friedensliebe im modernen Deutschland. Ãberhaupt sollte man sich als Deutscher zurückhalten, andere in Sachen Krieg, Totalitarismus oder Menschenrechte zu belehren. Der Autor selbst verpasste in jungen Jahren natürlich auch dieses Fettnäpfchen nicht. Unter Hippies und Surfern am portugiesischen Atlantikstrand kam er mit einem Israeli ins Gespräch und hatte nichts Besseres zu tun, als diesem nach wenigen Minuten vorzuwerfen, dass »die Israelis mit den Palästinensern heute so umspringen wie die Nazis 1933 mit den Juden«. Der Autor verstand damals nicht, warum das Gespräch sofort beendet war. Wem dies alles zu kompliziert oder zu anstrengend ist, der gebe sich im Ausland einfach als Niederländer, Schweizer oder Däne aus, denn die unterscheiden sich aus amerikanischer, asiatischer und arabischer Perspektive nicht die Bohne von den Deutschen (auch wenn unsere Nachbarn dies natürlich nicht wahrhaben wollen, weil die Abgrenzung von »den Deutschen« ja ein wichtiger Bestandteil ihrer Identitätsfindung ist).
Da Deutschland ein reiches, hoch entwickeltes Land ist, sollte man auch auf jegliche Besserwisserei in technischen Dingen, in Sachen Marktwirtschaft und Umweltbewusstsein verzichten (schlimm genug, dass das deutsche Wort »Besserwisser« bereits als Fremdwort in andere Sprachen eingegangen ist, etwa ins Schwedische). Andererseits gilt es im Ausland als peinlich und hochgradig irritierend, wenn man als Deutscher sein eigenes Land schlechtmacht, und dauernd über Neonazis, Arbeitslosenquoten oder Lebensmittelskandale klagt. Der Ruf Deutschlands in der Welt ist oftmals besser als erwartet â wenn auch auf einer eher materiellen, popkulturellen oder rein landschaftlichen Ebene (Daimler, BMW , FuÃball, Würstchen, Rammstein, Lederhose, grüner Wald, grüne Wiesen usw.), während Goethe, Beethoven oder Bach immerhin auch, aber meist nur von einer gebildeten Minderheit, kommemoriert werden. Somit ist ein relaxtes Right or wrong â my country manchmal durchaus angebracht. Denn die meisten unserer Probleme sind nun mal, im globalen MaÃstab betrachtet, Luxusprobleme, um die uns andere beneiden.
Parcours der Peinlichkeiten
Derart gut präpariert, können wir auf Weltreise gehen, uns im Slalom zwischen den dicht platzierten Fettnäpfchen
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