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Blanche - Die Versuchung

Blanche - Die Versuchung

Titel: Blanche - Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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ein hellgraues T-Shirt trug, unter dem sich ein Sixpack abzeichnete. Das erinnerte sie an ihr gemeinsames Training, daran, wie seine schweißbedeckte Haut glänzte, als hätte ihn jemand mit Goldstaub bestreut. Sie schluckte und versuchte, nicht auf die sinnlich geschwungenen Lippen zu sehen. Mit einem Mal fühlte sich ihr Hals an, als hätte sie Sägemehl geschluckt. Denn wenn sein Körper einer Kampfansage glich, war sein Gesicht eine Liebeserklärung. Das blonde Haar trug er wie immer zurückgekämmt, aber sie erinnerte sich noch gut daran, wie zerwuselt es nach einer gemeinsamen Nacht aussah. Bei der Vorstellung lief ihr ein Schauder über den Rücken, und sie schloss für einen Augenblick die Augen. Als sie sie wieder öffnete, fiel ihr auf, dass sein Dreitagebart im schwachen Licht der Innenraumbeleuchtung golden schimmerte, während seine cognacfarbenen Augen wie ein süßes Versprechen auf ihr lagen. Seine warmen Hände legten sich auf ihre Schultern und fuhren ihre Arme entlang.
    „Das dachte ich anfangs auch“, riss er sie aus ihren Fantasien, die auf das Cover eines Arztromans gehörten.
    „Aber seit du mich verlassen hast, weiß ich, was ich verloren habe. Du hast mein Herz mit nach Paris genommen – ist das Lust?“
    Darauf konnte sie nichts erwidern. Was wusste sie schon von Liebe? Marcel nahm ihre eiskalten Hände zwischen seine und beugte sich zu ihr. Diesmal musste er ihren Schauder fühlen, doch er zuckte nicht mit der Wimper.
    „Lass uns einen Deal abschließen“, flüsterte er, nahm ihre linke Hand und küsste die Innenfläche, ohne sie aus den Augen zu lassen. „Solltest du etwas brauchen – egal was – du bekommst es. Ich werde keine Fragen stellen.“
    Das war mal ein Angebot. „Wenn ich dich also um hundert deiner besten Männer bitte, würdest du sie mir einfach so zur Verfügung stellen?“
    Er nickte.
    „Und was machst du, wenn ich vorhätte, dich mit ihrer Hilfe aus dem Kanton zu jagen?“
    Darauf lächelte er. Ihm war klar, dass das keine wirkliche Frage war, denn seine Elite würde sich nie gegen ihn stellen. „Ich vertraue dir, Blanche.“
    Sie schwieg, doch in ihren Augen stand eine Frage.
    „Im Gegenzug kommst du zu mir zurück.“
    Sie schüttelte den Kopf. „So funktioniert das nicht.“
    Er zögerte nur einen Augenblick. „Also schön. Im Gegenzug verbringst du eine Nacht mit mir.“
    „Also, wenn das keine Lust ist, dann weiß ich nicht …“
    Mit einer schnellen Bewegung schlang er einen Arm um ihre Taille und zog sie zwischen seine Beine. Und dann küsste er sie. Nicht vorsichtig, wie sie es von ihm kannte. Stattdessen fuhr er fordernd mit der Zunge über ihre Unterlippe, zog daran, biss hinein, und kämpfte sich seinen Weg in ihren Mund, bis sie nachgab und sich ihm öffnete. Er schmeckte, wie er roch, nach Minze und einem schwerem Pinot. Süß und ein wenig rauchig. Warum sie auf seinen Kuss einging, konnte sie sich nur damit erklären, dass sie vier Jahre zusammen und erst seit knapp einem Monat getrennt waren. Der Kuss fühlte sich so natürlich an wie Atmen, zumal der Trennung kein Streit vorausgegangen war. Zwischen ihnen gab es kein böses Blut. Blanche hatte sich wie ein Dieb mitten in der Nacht aus dem Staub gemacht, um Waynes Mörder suchen. Gefunden hatte sie Beliar.
    Der Gedanke an ihren Dämon brachte sie schlagartig zurück ins Hier und Jetzt. Schwer atmend beendete sie den Kuss und bedeckte ihren Mund mit einer Hand.
    „Überleg es dir“, flüsterte Marcel und ließ sie zögernd los.
    Sie brachte so viel Distanz zwischen sich und ihn, wie es ging, und blickte verwirrt aus dem Seitenfenster. Zugegeben, wenn sie zu so etwas wie Liebe überhaupt fähig war, dann liebte sie ihn. Aber nicht so wie er sie. Eher wie … Moment mal.
    Sie setzte sich bolzengerade auf, als sie sah, wie ein bekanntes Gesicht die Lobby des Restaurants verließ. Das war einer von Zoeys Schlägern. Sie hatte ihn zweimal gesehen, einmal in einem Warenhaus, in dem Zoey ihr vor ein paar Wochen seinen Namen in den Bauch geritzt hatte, und danach im Tunnel des Restaurants le KoKolion unter der Rue d’Orsei. Ihre Hand tastete nach dem Griff der Wagentür. Wenn sie diesen Bastard verfolgte, würde er sie geradewegs zu Zoeys Versteck führen. Die Frage lautete, was diese Kröte hier verloren hatte. Schick essen gehen ohne Begleitung? Unwahrscheinlich für das Guy Savoy, zumal er es ziemlich eilig hatte, die Gegend zu verlassen. Ihre Hand lag bereits auf dem Türgriff, als eine

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