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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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ja?«
    »Eine feste Umarmung von uns«, sagte Angela.

    Als sie mit Jack im Krankenwagen nach London fuhr, fühlte Lizzie, wie ihre gespielte Ruhe von Minute zu Minute zerbröckelte, während sie die spürbare Nervosität ihres Sohnes beobachtete und sein immer lauteres Röcheln hörte. Doch nach ihrer Ankunft im Hammersmith, als die Aufnahme hinter ihnen lag und Jack in sein Bett gebracht worden war, erholte er sich ein wenig – obwohl sein Vater nicht da war und ihm auch keine Nachricht hinterlassen hatte – und sagte ihr, es sei nicht nötig, dass sie bliebe.
    »Natürlich bleibe ich«, sagte Lizzie.
    »Das brauchst du nicht. Du kannst in der Wohnung schlafen.«
    »Ich weiß. Aber ich würde viel lieber bei dir bleiben.«
    »Mom, ich liege nicht im Sterben«, sagte Jack.
    »Das habe ich auch nie behauptet«, entgegnete sie und spürte, wie ihre Eingeweide sich zusammenzogen »Warum willst du dann, dass alle mich für ein Baby halten?«
    »Niemand würde so etwas denken«, widersprach Lizzie.
    »Wenn Dad hier wäre – er würde verstehen, wie ich mich fühle«, sagte Jack.
    Darauf fand sie keine Antwort.
    »Du hast gewonnen«, sagte sie. »Ich fahre in die Wohnung.«

    Sie sah kein Licht und kein sonstiges Lebenszeichen, als das Taxi sie vor ihrer Wohnung absetzte. Auch ragten weder Zeitungen aus dem Briefkasten, noch standen Milchflaschen auf der Treppe.
    Lizzie seufzte, als sie nach ihrem Wohnungsschlüssel suchte und ihn ins Schloss steckte, zu erschöpft und besorgt um Jack, 365
    um sich Gedanken darüber zu machen, wo Christopher sein könnte.
    Sie betrat den dunklen Flur, schaltete das Licht ein, schloss die Wohnungstür hinter sich ab und ging langsam zur Küche. Sie brauchte jetzt Tee und Schokoladenkekse – und dazu etwas Stärkeres.
    Das Geräusch kam aus dem Wohnzimmer. Es war schwach, reichte aber aus, um sie mitten im Schritt innehalten zu lassen.
    Sie erstarrte, horchte.
    Da war es wieder.
    Es klang wie ein leises Stöhnen.
    Plötzlich hellwach, aber eher verwirrt als ängstlich, ging Lizzie zur Wohnzimmertür und schob sie auf.
    Es brannte kein Licht, aber die Vorhänge waren nicht zugezogen, und ihre Augen gewöhnten sich schnell an das Halbdunkel. Auf dem Sofa bewegte sich ein Schatten.
    Lizzie streckte die Hand aus und schaltete das Licht ein.
    »Du lieber Himmel«, sagte sie. »Was ist denn mit dir passiert?«
    Christopher saß an einem Ende des Sofas, neben sich eine fast leere Flasche Johnnie Walker und eine Packung Aspirin.
    »Lizzie«, stieß er mühsam hervor.
    Sein Gesicht war übersät von Blutergüssen; ein Auge war beinahe schwarz und zu drei Vierteln geschlossen, und in seinem rechten Mundwinkel klebte verkrustetes Blut.
    »Christopher, was ist passiert?«
    »Ich … o Gott«, stieß er mit schwacher Stimme hervor.
    Noch bevor er antwortete, auf halbem Weg zum Sofa, wo sie ihm zu Hilfe eilen wollte, wusste sie, dass er ihr etwas Schlimmes erzählen würde. Das hier waren nicht die Folgen eines normalen Unfalls.
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    Sie blieb abrupt stehen und starrte ihn an. »Sag es mir bitte.«
    »Lizzie …« Er setzte sich ein wenig auf, zuckte vor Schmerz zusammen und stieß gegen die Whiskeyflasche, sodass sie von den Kissen herunter und auf den Teppich rollte. »Verdammt, tut das weh.«
    Lizzie blieb immer noch, wo sie war.
    »Ich könnte dich … anlügen«, seine Aussprache war sehr undeutlich, »und dir sagen, dass es ein Autounfall oder ein Überfall war, aber dann würdest du fragen, was die Polizei deswegen unternimmt, also kann ich auch ebenso gut gleich mit der Wahrheit herausrücken.« Er verzog den Mund. »Wahrheit«, wiederholte er.
    Lizzie setzte sich, ein gutes Stück von ihm entfernt, in einen Sessel.
    »Ich wurde zusammengeschlagen«, sagte Christopher und wich ihrem Blick aus. »Von einem Zuhälter, der etwas dagegen hatte, was ich mit einem seiner Mädchen tat.«
    Lizzie fühlte, wie ihr Herz zu rasen begann, und ihr wurde übel.
    »Keine Lizzie mehr für mich.« Christopher hob kurz beide Hände. »Also bin ich wieder da, wo ich vorher war. Ich tue es mit Nutten.« Mit Mühe stand er auf und blickte auf sie hinunter.
    »Was wirst du tun? Jetzt, wo du es weißt? Das Schlimmste?«
    Sie sah mehrere Sekunden lang zu ihm hoch; dann schüttelte sie den Kopf und wandte den Blick von ihm ab, starrte in den kalten, leeren Kamin.
    »Am liebsten«, sagte sie mit zittriger Stimme, »würde ich alles jetzt sofort beenden … dir sagen, dass du verschwinden und nie wieder in meine Nähe

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