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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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nicht richtig, weil er das alles ja für mich getan hat. Dass wir Irina auf diese Weise zu uns geholt und so viel Geld ausgegeben haben, dass wir all diese Risiken eingegangen sind.« Sie warf noch einen kurzen Blick auf das Kind und fuhr eilig fort: »Ich glaube nicht, dass er seine Trinkerei noch im Griff hat, und sie ist der Grund für seine 192
    Gewalttätigkeit. Vielleicht auch, weil Irina ihn daran erinnert, dass er kein richtiger Vater ist. So hat er das immer gesehen, verstehen Sie? Und das macht ihn wütend.«
    »Was glauben Sie«, fragte Allbeury, »würde passieren, wenn Sie bei Tony blieben?«
    »Ich weiß es nicht.« Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie wischte sie ab.
    »Sie haben große Angst, nicht wahr?«, fragte Allbeury.
    »Ja.«
    »Wovor fürchten Sie sich am meisten, Joanne?«
    »Dass Irina schlimm verletzt wird«, sagte sie.
    »Und dass die Behörden sie Ihnen wegnehmen?«
    »Ja!«, stieß sie verzweifelt hervor, und drüben, bei den gebundenen Romanen, schaute eine Frau auf. »Sie braucht mich.« Joanne senkte die Stimme wieder. »So wie ich sie brauche.«
    »Natürlich«, sagte Allbeury. »Wenn Sie einen sicheren Platz für Irina und sich fänden, einen Ort, an den Sie gehen können und wo weder Ihr Mann noch die Polizei Sie fänden …«
    »Ich habe kein Geld«, sagte sie schnell.
    »Was ich Ihnen anbiete, würde Sie keinen Penny kosten«, sagte Allbeury. »Sie würden mit neuer Identität in einer vollkommen anderen Umgebung leben. Und irgendwann, wenn Irina in die Schule geht, können Sie wieder arbeiten gehen, wenn Sie wollen – unabhängig werden.«
    »Eine neue Identität? So wie bei wichtigen Zeugen?«
    »So etwas Ähnliches.« Allbeury nickte. »Nur dass niemand Sie auffordern würde, gegen Tony auszusagen, weil uns klar ist, dass Sie damit riskieren würden, Irina zu verlieren.«
    Drüben am Fenster stand Irina von ihrem Stuhl auf.
    »Ich muss zu ihr«, sagte Joanne.
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    »Tun Sie das«, sagte Allbeury. »Ich warte.«
    Er beobachtete, wie sie zu dem Kind ging und kurz mit ihm sprach. Er sah den lieben, ernsten Gesichtsausdruck des kleinen Mädchens, als sie zuhörte, was ihre Mutter ihr sagte; er sah, wie sie mit Joanne zu den Kinderbuchregalen ging und sich dann mit einem neuen kleinen Stapel Bücher wieder an den Tisch setzte.
    Ein braves, ungewöhnlich geduldiges Kind. Es fiel Allbeury schwer, daran zu denken, woher dieser Gehorsam kam.
    »Tut mir Leid«, sagte Joanne, als sie sich wieder setzte. »Ich kann nicht mehr lange bleiben.«
    »Das sehe ich«, sagte er. »Sie haben bestimmt Fragen.«
    »Ja. Vor allem eine. Warum? Warum wollen Sie das für mich tun?«
    »Weil ich es kann«, antwortete er schlicht. »Weil Sie und Ihre Tochter Hilfe brauchen, und ich glaube, ich kann sie Ihnen geben.«
    »Und woher weiß ich, dass ich Ihnen vertrauen kann?«
    »Das können Sie nicht wissen«, antwortete Allbeury. »Aber was bleibt Ihnen für eine Alternative?« Sie antwortete nicht.
    »Ich weiß, ich kann mir nicht einmal annähernd vorstellen, was es bedeutet, vor eine solche Wahl gestellt zu werden«, fuhr er fort. »Und wie ich Ihnen eingangs schon sagte, liegt alles bei Ihnen. Sie haben die Kontrolle.«
    »Aber das stimmt doch nicht. Wenn ich zu dem hier Ja sage, habe ich nichts mehr unter Kontrolle, richtig?«
    »Zu Anfang nicht.« Allbeury hielt inne. »Aber später.«
    »Was ist mit meiner Mutter?«
    Darauf war er nicht vorbereitet. »Falls Sie nicht möchten, dass Ihre Mutter mitkommt – obwohl es natürlich Komplikationen aufwerfen würde –, könnten Sie sie nicht mehr sehen, zumindest auf absehbare Zeit nicht.«
    »Können wir uns noch einmal treffen? Sie und ich?«
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    »Natürlich«, sagte Allbeury. »Allerdings müssten wir dafür sorgen, dass Tony wieder beschäftigt ist, wir wollen ja keinen Verdacht erregen.«
    »Aber wenn Irina und ich einfach verschwinden«, sagte Joanne, »wird er mit Sicherheit schrecklich wütend. Er würde uns suchen.«
    »Aber er würde Sie nicht finden.«
    Joanne schaute wieder zu Irina, die sich in ihrem Stuhl umgedreht hatte und sie ansah. »Meine Mom und sie hängen sehr aneinander.«
    »Ich weiß, es ist schwer«, sagte Allbeury. »Aber in einer Situation wie dieser ist nun mal nichts perfekt.« Er hielt inne.
    »Joanne, es ist sicherer, wenn niemand anders davon weiß. Für Irina.«
    Sie nickte, wieder den Tränen nahe.
    »Passen Sie auf«, warnte Allbeury.
    »Ich weiß.« Sie biss sich auf die Lippe und riss sich zusammen.
    »Gut«,

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