Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
das Übliche eben, und es geht mir bald wieder gut.«

    »Er kriegt es auf der Lunge«, sagte Christopher in der Küche zu Lizzie, wo sie ihm ein Sandwich machte. »Wenn es ihm morgen früh nicht besser geht, rede ich vielleicht mal mit dem Zentrum.«
    Es gab nur drei Spezialzentren im Land – gegründet von der Muskeldystrophie-Stiftung und besetzt mit Experten für neuromuskuläre Erkrankungen –, und die Wades hatten das Glück, in relativer Nähe zu zweien dieser Einrichtungen zu wohnen: Eine befand sich im Radcliffe-Krankenhaus in Oxford, die andere im Hammersmith Hospital.
    »Meinst du, wir sollten Hilda bitten, ihn dort einzuweisen?«
    Christopher sah die Angst in ihren Augen. »Das ist im Moment nicht nötig.« Er blickte auf das dick geschnittene Vollkornbrot, das sie mit mehreren Scheiben englisch gebratenen Roastbeefs belegt und mit seinen Lieblings-Essiggurken garniert hatte. »Das sieht köstlich aus.«
    »Senf?« Lizzie schüttelte den Kopf. »Natürlich Senf.«
    Christopher sah ihr zu, wie sie scharfen Englischen Senf aufs Sandwich strich, mit einer zweiten Scheibe Brot zuklappte, leicht zusammendrückte, es in zwei Hälften schnitt und auf einen Teller legte. »Danke, Lizzie.«
    »Gern geschehen.«
    Edward kam ins Zimmer. Er trug eines seiner übergroßen T-Shirts und Shorts – seine bevorzugte Version eines Schlafanzugs. »Geht es Jack gut?«
    »Nicht so doll im Augenblick«, antwortete Christopher.
    »Warum schläfst du nicht?«, fragte Lizzie. »Und wo sind 240
    deine Hausschuhe? Du bist auch noch erkältet, Schatz.«
    »Mir geht’s schon tausendmal besser, Mom.« Edward setzte sich auf einen Stuhl am Tisch. »Sophie ist auch wach. Sie wollte in Jacks Zimmer und sich zu ihm setzen, aber ich hab ihr gesagt, sie soll es lassen.«
    »Das ist bestimmt klüger«, sagte sein Vater, »auch wenn sie sich wahrscheinlich nicht noch einmal ansteckt.«
    »Wie geht es Sophie?«, erkundigte sich Lizzie.
    »Sie macht sich Sorgen um Jack«, näselte Edward.
    »Das muss sie nicht«, sagte Lizzie. »Ihr beide nicht.«
    »Na ja«, sagte Edward, »ich glaube, Sophie macht sich Vorwürfe, weil sie die Erkältung als Erste hatte.«
    »Ich hoffe, du hast ihr gesagt, dass das Unsinn ist«, erklärte Christopher.
    »Ich hab ihr gesagt, dass sie nicht die Erste war«, erwiderte Edward, »dass die Erkältung immer wieder im ganzen Land herumgeht und dass es Pech ist, wenn man sie als Nächster bekommt.«
    »Das stimmt so nicht ganz«, sagte sein Vater.
    »Ich glaube, das ist jetzt nicht so wichtig.« Lizzie kam an den Tisch und setzte sich zwischen die beiden. »Ihr wisst beide sehr gut, dass wir uns alle ein bisschen wie Sophie fühlen, wenn wir eine Erkältung bekommen und sie mit nach Hause bringen. Wir haben immer Angst, dass Jack sich ansteckt und seine Krankheit dadurch vielleicht schlimmer wird. Aber das ist Unsinn, weil wir ohnehin nichts dagegen tun können.«
    »Deshalb fühlen wir uns aber trotzdem so, oder?«, bemerkte Edward.
    Christopher streckte die Hand aus und zauste das dunkle Haar seines Sohnes. »Willst du ein Stück von meinem Sandwich?«
    »Nein danke, Dad.«
    241
    Lizzie stand auf. »Ich glaube, ich rede kurz mit Sophie und sehe nach Jack.«
    »Er schläft wahrscheinlich«, sagte Christopher.
    »Ich wecke ihn nicht auf.«
    »Ich weiß.« Er sah sie an, wie sie im Türrahmen stand.
    »Wenn Sophie nicht schlafen kann, sag ihr, sie soll noch eine Weile runterkommen.«
    Sophie, von Edward offenbar ausreichend getröstet, war eingeschlafen. Sie schnarchte leise von den Nachwirkungen ihrer eigenen Erkältung. Lizzie streichelte ihr Haar und lächelte über Edwards Beschreibung der »Erkältung der Nation«, die ihre Kreise durchs Land zog und Opfer aufsammelte wie ein Busfahrer seine Passagiere.
    Sie ließ Sophie allein und ging zu Jacks Zimmer, wo sie ganz leise die Tür öffnete und auf der Schwelle stehen blieb; sie wollte nicht weiter ins Zimmer, denn manchmal, wenn Jack keine Ruhe fand, reichte schon ein knarrendes Dielenbrett, um ihn zu stören. Christopher hatte Recht, der Junge schlief. Sie stand noch ein paar Augenblicke da, beobachtete ihren Sohn und lauschte seinen Atemzügen. Er röchelte ein wenig, aber nicht schlimmer als Edward, als sie am Montagmorgen nach Hause gekommen war.
    Jack regte sich ein bisschen, räusperte sich leise und wälzte sich herum. Dann lag er wieder still.
    Lizzie blieb noch einen Moment stehen, falls er aufwachte.
    »Bitte, Gott«, flüsterte sie ganz

Weitere Kostenlose Bücher