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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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»Sandra, Liebes, ich war auf der Arbeit, und du warst zu Hause. Wenn etwas Schlimmes passiert wäre, hätten sie einen von uns beiden schon ausfindig gemacht.«
    »Wahrscheinlich.« Sie schwieg kurz. »Was ist mit Irina?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Tony. »Ich denke, wir sollten sie besser nicht stören, oder?«
    »Stimmt.«
    »Geht es in Ordnung, wenn du sie morgen auch noch bei dir behältst? Ich bin mit der Arbeit im Rückstand.«
    »Was ist mit der Polizei?«, fragte Sandra.
    »Mit der warten wir noch«, sagte Tony entschieden. »Ehrlich, 236
    Sandra, sie taucht bestimmt jede Minute wieder auf, und dann lachen wir alle über unsere Dummheit.«
    »Glaubst du wirklich?« Sie klang skeptisch.
    »Ja, klar«, versicherte er mit Nachdruck.
    »Es ist schon so spät«, sagte Sandra.
    »Und wir blockieren das Telefon«, sagte Tony. »Wir haben keine Anklopf-Funktion. Es ist besser, wir legen auf, falls sie es versucht.«
    »Ruf mich an, wenn du etwas hörst. Egal was, egal wann.« Sie hielt inne. »Und wenn sie morgen früh nicht zurück ist, rufst du die Polizei, ja?«
    »Sie wird zurück sein, Sandra. Ich weiß es.«
    »Hoffentlich.«

    Nachdem Sandra aufgelegt hatte, ging sie ins obere Stockwerk ihres Hauses in Edmonton, um nach ihrer Enkelin zu sehen.
    Irina regte sich, als sie ins Zimmer kam.
    »Schon gut, Schätzchen.« Sandra ging zum Bett, setzte sich vorsichtig auf den Rand und streichelte die weiche, warme Wange des Mädchens. »Schlaf weiter.«
    »Ist Mami schon hier?« Ihre Stimme war schmusig und verträumt.
    »Noch nicht, Schatz, aber bald. Schlaf weiter.«
    Irina öffnete ihre schwarzen Kirschaugen ein Stückchen weiter und blickte ihrer Oma ins Gesicht. »Kommt Daddy?«
    »Nein, Schätzchen. Daddy kommt heute Abend nicht, aber er hat dir einen dicken Kuss geschickt und gesagt, du sollst hier bei mir bleiben, wenn du nichts dagegen hast. Hast du was dagegen, Süße?«
    Das Mädchen antwortete nicht, driftete bereits wieder in den Schlaf, aber noch bevor sie die Augen ganz schloss, leuchtete 237
    ihr Gesicht in einem wunderschönen Lächeln auf.
    Sandra hatte Irina selten so lächeln sehen. Sie war nicht sicher, ob sie den Grund für dieses Lächeln wissen wollte, aber dennoch war es schön, mehr als schön, das kleine Mädchen bei sich zu haben.
    Wenn sie nur gewusst hätte, wo Joanne war, und dass es ihr gut ging. Dann hätte sie sich neben Irina legen, ihr weiches, dunkles Haar streicheln und diese Nacht aus vollem Herzen genießen können.
    Aber sie wusste nicht, wo ihre Tochter war.
    Ruf die Krankenhäuser an, sagte sie sich, dann fühlst du dich besser.
    Mehr als fünfundvierzig Minuten später, nachdem Sandra herausgefunden hatte, dass weder im Whipps Cross noch im Waltham General jemand mit Joannes Namen oder jemand, auf den ihre Beschreibung zutraf, in die Notaufnahme eingeliefert worden war, setzte sie sich mit einer Tasse starken, süßen Tees in einen Sessel und wartete darauf, dass sie sich besser fühlte.
    Aber sie fühlte sich nur elend.
    Elend und alt und ängstlich.
    Mehr als ängstlich.
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    47.
    acks Temperatur war auf 38,9° gestiegen.
    J »Du fühlst dich miserabel, stimmt’s?«, fragte Christopher und nahm vorsichtig die Hand seines Sohnes. »Fieber ist eine miese Sache, auch wenn es ein Schutzmechanismus des Körpers ist.«
    Jack wusste, dass man zitterte, um die Körperwärme zu erhöhen, und schwitzte, um für einen Hitzeverlust zu sorgen; er hatte sich solche Dinge angeeignet, weil sein Dad der Meinung war, Angst entstehe oft nur aus Unwissenheit, und die Sorge, sich schlecht zu fühlen, könne den Zustand weiter verschlimmern.
    Jack fühlte sich wirklich sehr schlecht.
    »Mir geht’s ganz gut«, sagte er.
    »Du bist ein tapferer Kerl«, sagte Christopher.
    »Ich bin froh, dass du da bist«, sagte Jack leise.
    »Ich werde immer da sein, wenn du mich brauchst«, sagte Christopher. »Falls ich kann.«
    »Ich weiß«, sagte Jack. »Mom dreht durch, wenn ich krank bin.«
    »Tut sie das?«
    »Sie versucht es zu überspielen, aber ich sehe es in ihren Augen.« Jack atmete rasselnd ein, schluckte und verzog das Gesicht, weil sein Hals wehtat. »Sie fühlt sich auch besser, wenn du hier bist.«
    »Das freut mich«, sagte Christopher.
    Jack sah ihn einen Moment an. »Geht es dir gut, Daddy?«
    »Mir geht’s prima, Jack.«
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    »Es ist nur eine schlimme Erkältung, weißt du. Dr. Kapur hat es mir gesagt, als Mom aus dem Zimmer war, und sie ist immer ehrlich zu mir. Viel Flüssigkeit,

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