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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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und einem Sopran, der etwas Opernhaftes und schmerzhaft Schrilles sang.
    Was ihn noch mehr verstörte, weil seine Überzeugung wuchs, dass Lizzie Wade eine Frau war, die seine Hilfe benötigte.
    Die Art von Hilfe, die er Frauen üblicherweise leistete.
    Von denen träumte er in aller Regel aber nicht.

85.
    Am Montag fuhr Christopher gemeinsam mit Lizzie und Jack nach Marlow zurück. Inzwischen war sein Gesicht nicht mehr ganz so erschreckend anzusehen, und Jack war, wie sein Vater prophezeit hatte, tatsächlich fasziniert von der Geschichte mit dem Überfall, nachdem er seinen Vater mit eigenen Augen gesehen hatte. Und da das Schreckgespenst Luftröhrenschnitt erst einmal vom Tisch war, überwog Lizzies Dankbarkeit ihre Abscheu, dass ihr Mann noch immer an ihrer Seite war.
    »Hast du dich gewehrt, Dad?«, wollte Edward wissen.
    »Ich habe es versucht«, sagte Christopher.
    »Es ist besser, sich nicht zu wehren«, erklärte Lizzie ihrem älteren Sohn. »Es ist besser, ihnen zu geben, was sie wollen, damit einem nichts passiert.«
    »Es ist besser, die verdammten Schweine zu kriegen«, sagte Jack.
    »Hör auf zu fluchen«, rügte Christopher.
    »Aber es stimmt doch, oder?«
    »Ich wette, die kriegen sie nie«, sagte Edward.
    »Wahrscheinlich nicht«, stimmte Christopher zu.
    »Tut es weh, Daddy?«, fragte Sophie.
    »Es hat wehgetan, mein Schatz«, antwortete Christopher. »Aber jetzt, wo ich hier bei euch bin, geht es mir gleich viel besser.«
    Jetzt war Lizzie angewidert, und sie wusste, dass sie ihm niemals verzeihen würde. Egal, wie großartig er mit den Kindern umging, und obgleich alle ihn für den perfekten Vater hielten – für sie selbst, in ihrem Herzen und ihrem Verstand, war die Sache abgeschlossen.
    »Armer Christopher«, sagte Angela, die später an diesem Abend abreisen wollte, als sie sein Gesicht gesehen hatte. »Was für eine abscheuliche Geschichte.«
    »Allerdings«, sagte Lizzie.
    »Und für ihn ist es noch viel schlimmer als für uns«, sagte Angela. »Wenn einer von uns krank oder verletzt ist, haben wir zumindest Christopher, der sich um uns kümmert, aber er hat niemanden.« Sie lächelte ihre Tochter an. »Niemanden wie ihn, meine ich.«
    »Stimmt«, sagte Lizzie.
    »Geht es dir gut?«, fragte ihre Mutter; dann schüttelte sie den Kopf. »Was für eine dumme Frage, nach allem, was du durchgemacht hast.« Sie hielt inne. »Bist du sicher, dass ich nach Hause fahren soll? Ich bleibe gerne noch ein bisschen länger.«
    »Nicht nötig.« Entschieden schottete Lizzie sich hinter einem Vorhang aus Fröhlichkeit ab. »William vermisst dich, und Gilly ist ja hier, um uns zu helfen.«
    »Ganz sicher?« Angela legte ihrer Tochter eine Hand auf den Arm. »Ich bin schließlich deine Mutter, Lizzie. Vor mir musst du nicht dauernd die Starke spielen.«
    »Das weiß ich«, sagte Lizzie.
    In den nächsten paar Tagen schien Christopher in Gegenwart der Kinder ganz gut in der Lage zu sein, sich so zusammenzureißen, dass sie nichts bemerkten, aber wenn sie schliefen, in der Schule oder bei Freunden waren, wurde er immer mürrischer.
    »Ich wäre dir dankbar«, sagte Lizzie am Mittwoch zu ihm, »wenn du dir vor Gilly ein bisschen mehr Mühe geben könntest. Sie ist nicht dumm. Sie weiß, dass etwas nicht stimmt.«
    »Sie denkt, es ist der Überfall.«
    »Ich bitte dich, versuch es.«
    »Oh, das tue ich«, sagte Christopher. »Du hast keine Ahnung, wie sehr ich mich bemühe.«
    »Erwartest du«, fragte sie, »dass ich dir dankbar dafür bin?«
    Am Donnerstagabend war Halloween. Gilly war auf einer Party, und die Familie hatte den Abend im mit Kürbissen und Kerzen geschmückten Wohnzimmer verbracht und sich Spukgeschichten erzählt. Jack war noch nicht fit genug, um von Tür zu Tür zu laufen und Süßigkeiten einzufordern, und die anderen beiden hatten nicht ohne ihn gehen wollen. Christopher ging vor Lizzie ins Bett, sodass sie noch ein oder zwei Stunden für sich hatte, bevor sie nach den Kindern sah und dann selbst schlafen ging.
    Es war kurz nach Mitternacht, als es an ihrer Tür klopfte.
    Keins der Kinder klopfte je an, also war es entweder Gilly, die von ihrer Party zurückkam, oder Christopher.
    Sie schaltete die Nachttischlampe ein und zog die Decke hoch.
    »Ja?«, rief sie leise.
    Die Tür ging auf, und da stand er, in seinem schwarzen Seidenbademantel.
    »Was ist, Christopher?«
    Sie sah sofort, dass es nichts mit den Kindern zu tun hatte, denn dann wäre er sofort hereingekommen und hätte gesagt,

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