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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Stimme hervor, immer noch nach Kräften bemüht, nicht zu schreien. »Christopher, hör auf! «
    Er öffnete seinen Bademantel und riss ihn sich herunter, als glühe er vor Hitze; dann ließ er ihn fallen und kniete sich aufs Bett. Lizzie versuchte sich unter ihm wegzurollen, aber er packte sie, drückte sie mit einer Hand aufs Bett, zog ihr mit der anderen das Nachthemd hoch, rammte ihr das Knie zwischen die Schenkel und hob die rechte Hand.
    »Dad, was machst du da?«
    Sie beide erstarrten beim Klang von Jacks Stimme.
    Christopher ließ Lizzie los, stieg vom Bett und hob seinen Bademantel auf.
    »Alles in Ordnung«, sagte er.
    Lizzie – sie zitterte, in ihrem Kopf drehte sich alles, und sie hatte Schmerzen – brach schier das Herz beim Anblick Jacks, der in seinem Rollstuhl in der Tür saß, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. Sie rappelte sich auf und schob ihr Nachthemd herunter.
    »Jack, geh wieder in dein Zimmer.« Ihre Stimme zitterte. »Liebling, geh schon.«
    »Nein«, sagte er und kam mit dem Rollstuhl ins Zimmer. »Was hast du getan?«, fragte er, hielt auf seinen Vater zu und bremste scharf. »Was hast du meiner Mutter getan?«
    »Beruhige dich, Jack.« Christophers noch immer geschundenes Gesicht war aschfahl, während er an seinem schwarzen Seidengürtel herumfingerte. »Kein Grund, dass du dich aufregst.«
    »Du Schwein«, sagte Jack. »Du widerliches Schwein!«
    Lizzie stand aus dem Bett auf. »Es geht mir gut, Jack.«
    Er ignorierte sie, starrte nur weiter seinen Vater an.
    »Wie konntest du nur?«, fragte er leise. »Wie konntest du nur so etwas tun?«
    Christopher streckte den rechten Arm aus. Seine Hand zitterte. »Komm her, mein Sohn. Du verstehst das nicht, du bist noch zu jung …«
    Das Brüllen, dass Jack ausstieß, als er plötzlich mit seinem Rollstuhl nach vorn schoss und gegen die Beine seines Vater prallte, war ein Laut reinster Qual. Christopher schrie auf, wankte einen Moment vor Schmerzen und machte dann einen Schritt nach links, um zu entkommen.
    Jack rollte ein gutes Stück zurück, dann raste er mit einem weiteren grauenvollen Brüllen nach vorn, und eine stählerne Ecke des Rollstuhls stieß gegen Christophers rechtes Knie.
    »Jack, um Himmels willen!«, schrie er. Sein Bein musste höllisch wehtun, denn er sank zu Boden.
    »Jack, bitte!« Lizzie brach in Tränen aus. »Jack, hör auf damit.«
    Edward erschien in der Tür, schlaftrunken zuerst, dann schlagartig hellwach vor Schreck und Unglauben. »Jack, was tust du da?«
    »Frag ihn !«, sagte sein Bruder und nahm erneut Anlauf.
    »Er ist verrückt geworden.« Christopher hielt sich das schmerzende rechte Bein.
    Lizzies Tränen versiegten augenblicklich. »Edward, sorg dafür, dass Sophie in ihrem Zimmer bleibt.«
    »Aber was ist denn passiert?«
    »Geh zu Sophie, Edward«, befahl Lizzie. »Sofort!«
    Jack schien eine Sekunde zu zögern, doch dann schoss der Rollstuhl wieder nach vorn.
    Erneut schrie Christopher auf.
    Und Edward rannte los.
    Die darauf folgenden Stunden vergingen in einem Nebel, in dem Lizzie nur halb bei sich war. Als Jack endlich in seinem Rollstuhl zusammengesunken war, völlig erschöpft, humpelte Christopher aus dem Zimmer, zog sich an und floh aus dem Haus. Edward kam wieder aus Sophies Zimmer, um zu berichten, dass seine Schwester wundersamerweise während des ganzen Albtraums friedlich geschlummert hatte.
    Er blieb an der Schlafzimmertür seiner Mutter stehen und schaffte es kaum, Jack anzusehen, der immer noch schweigend und mit geschlossenen Augen an der gegenüberliegenden Wand in seinem Rollstuhl saß. Lizzie ging kurz in sein Zimmer, zog die Decke von seinem Bett, brachte sie zu ihm und wickelte ihn darin ein, weil er immer noch heftig zitterte.
    »Geht es Jack bald wieder gut, Mom?«, fragte Edward leise.
    »Ich glaub schon«, antwortete Lizzie, ebenfalls sehr leise.
    Dennoch kam Edward nicht ins Zimmer, als fürchte er, damit in die rätselhafte Welt einzutreten, in der etwas so Entsetzliches hatte geschehen können. Später, vermutete Lizzie, würde er bestimmt Fragen stellen, würde wissen wollen, was sein Vater getan hatte, dass er seinen liebevollen, friedfertigen Bruder so in Wut versetzt hatte, aber im Augenblick hoffte er offenbar noch, dass ihm die volle Wahrheit erspart blieb.
    »Was ist mit dir, Mom?«, fragte er.
    »Mir geht es gut, Schatz«, sagte Lizzie.
    Eine weitere Lüge von vielen.
    »Geh wieder schlafen, Edward«, sagte sie. »Wenn du kannst.«
    »Bist du

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