Blankes Entsetzen
jemandem in den Steingarten zu werfen.«
»Oder ihn verstecken, bis wir die Suche einstellen.« Kirby ließ sich nicht beirren. »Menschen tun alle möglichen seltsamen und dummen Dinge, Helen, das wissen wir doch.« Er hielt inne. »Besonders panische Männer, die ihrer Frau den Schädel eingeschlagen haben und kaum wissen, wo sie sich selbst verstecken sollen, ganz zu schweigen von ihrer Mordwaffe.«
»Ich weiß nicht, Sir«, sagte Helen. »Für mich stinkt die Sache.«
»Ach was«, sagte Kirby und winkte ab. »Wir wussten von Anfang an, dass Bolsover der Täter ist, und jetzt haben wir das Seil, mit dem wir ihn hängen können.«
Gott sei Dank nicht im wörtlichen Sinn, dachte Helen mit einem Anflug von Übelkeit. Obwohl Trevor Kirby natürlich Recht hatte: Der mit dem Stofflappen umwickelte Stein war genau das, was sie gesucht hatten – perfekt, um die losen Enden des Falls zu verknüpfen, sie der Staatsanwaltschaft vorzulegen, eine Mordanklage zu erheben und den Verdächtigen hinter Gitter zu bringen.
Das bedeutete allerdings nicht, dass deshalb jemand in Jubel ausbrach.
»Egal, wie wir es drehen und wenden«, sagte Kirby später in seinem Büro, nachdem man John Bolsover wieder abgeholt, offiziell angeklagt und in Belmarsh weggesperrt hatte, »das hier wird uns noch eine Weile verfolgen. Eine Sechsjährige, die unseren Job erledigt.«
»Aber können wir ganz sicher sein, dass wir den Job jetzt richtig erledigt haben?«, versuchte Helen es noch einmal.
»Auf jeden Fall glaube ich nicht an Ihre Theorie, dass jemand anders den blutigen Beweis dort hinterlassen hat«, erwiderte Kirby heftig. »Wer denn? Und warum?«
Die Namen Allbeury und Novak schossen ihr fast sofort in den Sinn, doch sie hatte sie schon vorher genannt, und man hatte ihr nahe gelegt, diese Namen sofort wieder zu vergessen – besonders den des Anwalts, der nichts weiter getan hatte, als zu kooperieren.
Also hielt sie jetzt den Mund.
»Na bitte«, sagte Kirby kühl.
»Tja.« Helen war müde. »Dann ist der Fall wohl erledigt, Sir.«
»Von einem Kind«, sagte der Chief.
28.
»Alle waren unglaublich nett«, sagte Lizzie nach dem Abendessen am ersten Freitag im September zu Christopher.
Die Kinder lagen im Bett. Es war Gillys freies Wochenende, und sie tranken Kaffee in ihrem Wohnzimmer in Marlow, einem schönen, behaglichen Raum in Taubengrau, mit warmem Terrakotta an den Wänden um den gemauerten Kamin und deckenhohen Bücherregalen. Mit Ausnahme eines geschmackvollen Landschaftsgemäldes aus dem 19. Jahrhundert über dem Kamin – sie hatten es mitsamt dem Haus übernommen, weil Christopher fand, es trüge zur Atmosphäre des Zimmers bei – waren alle Bilder zeitgenössische französische Werke, größtenteils aus dem Süden. Sie schienen selbst an den dunkelsten Wintertagen sanftes Sonnenlicht und die Farben der Provence und der Côte d’Azur zu verströmen.
»Andrew sagt, es stört Vicuna nicht, den Herausgabetermin mir zuliebe zu verschieben.«
»Das will ich doch meinen«, sagte Christopher.
»Aber er ist nicht sicher, ob die Fernsehleute deswegen wirklich so gelassen sind, wie sie tun.«
»Arden war sehr verständnisvoll.«
Lizzie zuckte mit den Achseln. »Falls wirklich jemand sauer ist, hat man es mich – oder sogar Andrew – nicht spüren lassen. Immerhin bin ich den Fernsehleuten davongelaufen …«
»Wie jede anständige Mutter es getan hätte«, bemerkte Christopher.
»Niemand hat etwas Gegenteiliges gesagt. Aber es ist offensichtlich nicht so einfach, die Arbeiten an der Roadshow wieder aufzunehmen, zumindest nicht vor dem Winter.«
»Macht dir das viel aus?«
»Überhaupt nicht«, sagte Lizzie. »Möchtest du noch Kaffee?«
Es machte ihr tatsächlich nichts aus. Edward freute sich darauf, wieder in die Schule zu gehen und mit seinen Narben zu prahlen, was Sophie geholfen hatte, über ihr schlechtes Gewissen hinwegzukommen, und auch für Jack schien die Geschichte keine schlimmen Folgen gehabt zu haben.
Da Gott seinen Teil der Vereinbarung eingehalten hatte, hielt auch Lizzie sich an ihren Teil – mehr oder weniger.
Natürlich wusste sie nicht genau, wie sie reagieren würde, wenn Christopher beim Sex das nächste Mal die Kontrolle verlor, und so hatte ein Pakt zum nächsten geführt, mit leicht veränderten Bedingungen von Lizzies Seite: Wenn Christopher es schaffte, seine Bedürfnisse zu mäßigen, würde sie ihr Bestes tun, sich auf ihre Dankbarkeit für seine vielen positiven Eigenschaften zu
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