Blankes Entsetzen
konzentrieren.
Wenn er es schaffte.
29.
»Robin Allbeury am Apparat.«
Es war zehn Uhr dreißig am nächsten Montag, und Allbeury, der in seinem Büro auf der Ostseite seiner Wohnung saß, hatte den Anruf schon erwartet.
»Hier ist Joanne Patston.«
Sehr zaghaft, wie Novak es angekündigt hatte.
Allbeury besaß zu Hause zwei Arbeitsräume. Einen gleich neben seinem Schlafzimmer sowie einen zweiten, eindrucksvolleren Raum, der farblich in intensivem Blauviolett gehalten und mit schwarzen Polster- und Walnussholz-Möbeln, einer erlesenen Sammlung antiker Gesetzbücher und einem maßgefertigten schwarzen Granitschreibtisch ausgestattet war.
»Hallo, Mrs Patston. Ich habe Ihren Anruf schon erwartet«, sagte er herzlich.
»Mr Novak sagt, Sie würden sich gern mit mir treffen.«
»Nur wenn Sie wollen, Mrs Patston«, sagte Allbeury. »Es liegt ganz bei Ihnen.«
»Ich kann nicht weit weg von zu Hause.«
»Das zu regeln, dürfte kein Problem sein.«
»Normalerweise bin ich die meiste Zeit daheim, wissen Sie, außer zum Einkaufen und so«, fuhr sie nervös fort. »Und mein Mann kommt manchmal zurück, wenn ich ihn nicht erwarte, deshalb …«
»Ich verstehe, Mrs Patston.«
»Andererseits, wenn wir uns zu nahe am Haus treffen, könnte jemand uns sehen. Und Irina muss mitkommen.«
»Ich glaube, ich kann die Sache ein wenig vereinfachen.« Allbeury hatte dieses Problem vorhergesehen. »Sobald wir einen Termin vereinbart haben, Mrs Patston, kann ich wahrscheinlich dafür sorgen, dass Ihr Mann geschäftlich ein paar Stunden festgehalten wird. Den Tag können Sie auswählen.«
»Oh.« Joanne war unüberhörbar beeindruckt, obwohl sich ihr sofort ein weiteres Problem aufdrängte. »Wir müssen einen ganz gewöhnlichen Treffpunkt aussuchen, weil Irina ihrer Oma manchmal erzählt, was sie tagsüber gemacht hat.«
»Gibt es irgendwelche Orte, die Sie mit Irina häufiger aufsuchen?« Allbeury kannte die Antwort bereits, da Novak in seinem Bericht alle regelmäßigen Aufenthaltsorte der Patstons festgehalten hatte, doch das Gespräch diente dem Zweck, Joanne das Gefühl zu geben, sie selbst habe die Situation im Griff, und um ihr die Angst zu nehmen.
»Die Bibliothek«, sagte Joanne. »In der Hall Lane. Die South-Chingford-Bibliothek.«
»In Ordnung«, sagte Allbeury.
»Sie ist in der Nähe vom Kaufhaus Sainsbury’s«, fügte Joanne hinzu. »Das hilft Ihnen vielleicht nicht viel, aber …«
»Ich finde sie schon, Mrs Patston, machen Sie sich keine Sorgen.«
»Wir gehen oft dorthin, wissen Sie. Die Bibliothek hat ein gute Kinderbuchabteilung.«
»Also wäre Irina dort beschäftigt«, sagte der Anwalt. »Gute Idee.«
»Nächsten Montag«, sagte Joanne so abrupt, als müsste sie es aussprechen und die Verabredung schnell treffen, bevor sie es sich anders überlegte. »Glauben Sie, das wäre möglich, Mr Allbeury? Tony ist montags meist ziemlich beschäftigt.«
»Ich weiß es nicht genau, Mrs Patston.« Allbeury warf einen Blick in seinen Terminkalender. »Ich muss noch ein paar meiner eigenen Termine checken … aber ich glaube, es dürfte kein Problem sein.«
»Was haben Sie eigentlich mit ›festhalten‹ gemeint?«, fragte Joanne. »Es wird doch niemand Tony wehtun, oder?«
»Ich habe damit nur gemeint, dass wir ihn beruflich einspannen, Mrs Patston. Nichts anderes.«
»Sind Sie sicher, dass er nicht wütend sein wird, wenn er an dem Abend nach Hause kommt?«
»Ganz im Gegenteil«, sagte Allbeury. »Wir werden dafür sorgen, dass Ihr Mann am Tag unseres Treffens durch etwas sehr Erfreuliches aufgehalten wird.« Er hielt inne. »Ist das für Sie so weit in Ordnung, Mrs Patston?«
»Ja«, sagte sie. »Vielen Dank, Mr Allbeury.«
»Dann lassen Sie uns hoffen, dass wir einen Weg finden, Ihnen zu helfen«, sagte er.
30.
Helen Shipley hasste es, vor Gericht zu gehen. Sogar, wenn sie ohne den geringsten Zweifel wusste – unabhängig vom späteren Urteil –, dass das Recht auf Seiten der Polizei lag und dass der Mann oder die Frau verdiente, was ihn oder sie erwartete, drehte sich ihr beim Anblick der Person auf der Anklagebank der Magen um, und eine Gänsehaut kroch ihr den Rücken herunter.
»Für einen Cop«, hatte Graham Shipley, ihr Vater und Ganztags-Kritiker, einmal zu ihr gesagt, »bist du eine Drückebergerin, wenn es darum geht, vor Gericht mitzuerleben, wie der Gerechtigkeit Genüge getan wird.«
»Die Angeklagten tun ihr nun mal Leid«, bemerkte Patricia, ihre Mutter, eher spöttisch als
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