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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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aufzuzeichnen.
    Liebe zivilisierte Freunde! Die liebste Freizeitbeschäftigung der Bergbarbaren ist jene rohe, brutale Sportart namens Fußball. Diese ist so unzivilisiert, daß es kein Wunder ist, daß es bei den alten Griechen keinen vergleichbaren Sport gab. Mit Einzelheiten will ich Euch nicht quälen, doch erscheint mir erwähnenswert, welch Theater die Bergbarbaren rund um jenen Sport aufführen. Ganz besonders wichtig ist ihnen nämlich der Platz des Spiels, und so haben sie, um ihre Erzfeinde aus St.   Michael am Weiler zu übertrumpfen, eine viel zu teure Flutlichtanlage rund um ihren Platz gebaut, die sogar den Standards der obersten Liga der Alpenrepublik entsprechen würde. Wozu ein solch kleines Dorf eine derartige Anlage benötigt, konnte ich trotz intensiver Recherche nicht herausfinden. Fest steht nur, daß sich jener Verein nun in großen ökonomischen Schwierigkeiten befindet, und alle geben einander die Schuld an dieser Misslage, ohne zu begreifen, daß sie alle gemeinsam die Schuld tragen.
    Dank des Dorftratsches wusste Peppi, dass Maria Rettenstein im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft alle halbe Stunde auf die Toilette rannte. Schon während der Versammlung hatte er darauf gewartet, dass sie aufstünde und hinausginge, um ihr unauffällig zu folgen – doch Maria hatte die Beine zusammengekniffen und bis zur Pause gewartet. Umso schneller schoss sie über die Terrasse hinaus zu den Toilettenhäuschen, die sich am Spielfeldrand befanden, kaum dass der Bürgermeister zu Schuarls großer Erleichterung die Pause ausgerufen hatte. Peppi sprang vom Tisch und wollte ihr nach, hatte jedoch Probleme, den Saal zu durchqueren, da alle in die Schank, zu den Toiletten und zum Rauchen ins Freie strömten. Aufgeregt, wie die St.   Petrianer bei diesem Anlass waren, umringten sie Peppi, wollten seine Meinung hören und mit ihm trinken – und so wurde er von dicken Bäuchen und verschwitzten St.   Petrianern in den Schankraum gedrängt, wo er Günther Pflicker entdeckte, der auf zwei Barhockern saß, seine massig-fleischigen Unterarme auf der Schanktheke abgelegt hatte und grinsend einen Berg Coupons anstarrte, für die er mindestens drei Burschen verprügelt haben musste.
    Die Position des Stürmers verlangt den Instinkt, Lücken zu erkennen, noch bevor sie sich auftun, um im geeigneten Moment in Aktion zu treten, und dabei niemals den Gegner aus dem Auge zu lassen. Wie bei jedem seiner Tore, bei all den Sensationsschüssen und Hattricks, Freistößen und Elfmetern, roch Peppi seine Chance – Günther und der Rest der Familie Rettenstein waren beschäftigt, Maria war allein –, und wie vom Blitz getroffen lief er los, übersprang mit einem Satz alle Stufen und hinaus aus dem Fußballhaus. Peppi ahnte, Maria würde schon nicht mehr auf der Toilette sein. Er sprintete über den Parkplatz, vorbei an den Tribünen, sprang von der Straße, die in einer Biegung hinauf zum Dorfplatz führte, und nahm den direkten Weg über die Wiesen. Peppi dachte nicht daran, dass er sich im nassen Gras die Sportschuhe versaute, sondern lief, als ginge es um das Weltmeisterschaftsfinale. An der kaputten Ecke des Bürgerzentrums, wo Generationen von übermütigen Autofahrern die Kurve unterschätzt hatten und gegen die Hauswand gekracht waren, holte er Maria ein. Sie erschrak, als er plötzlich und unerwartet neben ihr auftauchte. Ihre Wangen waren erkennbar gerötet, ein schmaler Schweißstreifen zeichnete sich zwischen ihren geschwollenen Brüsten ab, doch Peppi achtete nur auf ihre kleine Stupsnase, auf der eine Strähne ihres Haares klebte. Leise drang das von Fettdampf getragene Gebrüll aus dem Fußballklubhaus über die Zufahrtsstraße an jene Ecke der Kreuzung zum Dorfplatz.
    Peppis Kopf war auf einmal ganz leer, als er vor ihr stand, auch Maria war die Stimme stecken geblieben, bis sich der Stürmerstar räusperte: »Gehst scho heim?«
    »Jo. Du woaßt jo, i mag des net, wenn olle so streitn. Und de Butzerln g’spüren natürli, wenn i mi aufreg.«
    Maria legte die Hände auf ihren Bauch, Peppi steckte seine Hände in die Taschen der Trainingsjacke und biss auf seinen Kragen, wie immer, wenn er nicht mehr weiterwusste. Maria lächelte schüchtern und zuckte im nächsten Moment zusammen.
    »Maria! Alles o.   k.? Is wos? Geht’s los?«, fragte Peppi besorgt, legte seine Hand auf ihren Oberarm und machte Anstalten, sie aufzufangen.
    »Ollas o.   k. Passt scho. Nur de Babys ham grad so richti hefti tretn. Des

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