Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)
St. Peter guat auskennt, würd i sagn, da Johannes wird unser Chef- Koordinator vo dem Spiel!«
»Was?«, schrie Johannes, doch sein Einwand kam zu spät. Tosender Applaus bestätigte ihn in seinem neuen Amt. Peppi tätschelte Johannes Oberarm, und die Kinder skandierten Johannes! Johannes! Der Bürgermeister rieb sich die Hände und hoffte, Johannes auf diese Weise genug Arbeit aufzuhalsen, dass dieser nicht noch einmal eine Volksversammlung ohne seine Genehmigung anzettelte oder gar einen Putschversuch unternahm. Johannes lehnte sich an die Brüstung und legte den Kopf auf seine Unterarme. Peppi hüpfte die Treppe hinunter zu Maria – plötzlich waren seine Sorgen und die schweren Gedanken des Morgens wie weggeblasen, und er war zuversichtlich, alles würde einen guten Ausgang nehmen. Nichts baut ein Fußballerherz so auf wie die Aussicht auf ein gutes Spiel.
Unten war indessen Volksfestatmosphäre ausgebrochen. Die St. Petrianer schrien wild durcheinander, und aus den wenigen Fetzen, die Johannes aufschnappte, schloss er, dass die Organisation in dieser Minute begonnen hatte. Die Mütterrundenmitglieder besprachen, welche Kuchen zu backen und Aufstriche anzurühren waren, der Wirt und Frau Moni stritten über die Logistik der kalten und warmen Getränke. Der Fußballtrainer rief seine Spieler zusammen, um den Trainingsplan zu intensivieren, und selbstverständlich gaben alle Chefs den Fußballern bis zum großen Spiel frei, damit diese einen Monat lang jeden Tag von früh bis spät trainieren konnten. Auf einer Papierserviette zeichneten Herr Rettenstein, Alois Irrwein und Karli Ötsch die ersten Skizzen für die Tribünen, und wäre Johannes nicht dermaßen schockiert gewesen, hätte er über die Selbstverständlichkeit gestaunt, mit der sich jeder Dorfbewohner seine Aufgaben suchte.
Als sich die Versammlung lichtete und die ersten St. Petrianer ins Wirtshaus abzogen, entdeckte Johannes Simona am Ende der Straße. Sie hatte die Arme verschränkt, und trotz der Entfernung bemerkte er ihren vorwurfsvollen Blick. Simona stand schon länger dort. Sie war aus Frust über den gestrigen Abend, aus Ärger über Johannes’ Zurückweisung und aus Sorge darum, dass die Kondome in Johannes’ Tasche für eine andere bestimmt waren, zum Shoppen ins Tal gefahren, konnte nun aber wegen Schuarls Straßenblockade nicht weiter und hatte sich die Hälfte der Versammlung angehört. Alle St. Petrianer, auch Johannes, waren so von der Diskussion über St. Pauli abgelenkt gewesen, dass niemand sie bemerkt hatte. Johannes deutete ihr, er würde schnell zu ihr kommen, Simona zuckte mit den Schultern und drehte sich um. Sie hatte gesehen, wie einige Dorfmädchen Johannes verführerische Blicke zugeworfen hatten, die jedoch in Wahrheit Peppi gegolten hatten, was wiederum Simona nicht wusste und auch nicht hätte verstehen können, da sie Peppi für absolut unattraktiv hielt. Sie mochte keine Männer, die sich die Augenbrauen zupften. Johannes hatte keine Ahnung, was alles in ihrem Kopf vorging, er dachte, sie hielte ihn für einen fußballwahnsinnigen Dorfidioten, und lief eilig die Stiegen hinab.
»Simona! Simona!«, schrie er, kaum dass er das Haus verlassen hatte, doch Simona war bereits in ihr Auto gestiegen, hatte den Motor aufheulen lassen und fuhr davon, nachdem Schuarl seine Straßenblockade für sie geöffnet hatte. Johannes lief auf die Straße, den Bremslichtern hinterher, bis er sie nicht mehr sah. Als er völlig außer Atem zurückkam, stand Peppi in der Einfahrt und sah ihn fragend an. Johannes schüttelte den Kopf.
»Simona spinnt total.«
»War’s DVD – Schauen net guat?« Peppi zwinkerte und räusperte sich.
»Wie kann DVD – Schauen gut oder nicht gut sein? Da läuft halt ein Film.« Johannes atmete schwer, während Peppi erklärte:
»S’geht ja net um den Film, was war mit’m Rahmenprogramm?«
»Rahmenprogramm? Ich weiß nicht, was du meinst. Sie hat mir das Haus gezeigt, dann haben wir uns ein Drittel von einem komischen Film angeschaut, und dann ist sie in ihr Schlafzimmer, weil sie ins Facebook wollte, ich soll ihren Status überprüfen, hat sie gesagt, und dann war sie ewig weg, und als sie wiedergekommen ist, war sie irgendwie ganz anders, total abweisend und komisch.«
»Und du hast net ihrn Status überprüft?«
»Ja spinnst du? Ich hab auf Facebook wirklich nichts verloren.« Peppi schüttelte seinen Kopf wie ein Lehrer, dessen Schüler den Stoff auch nach Hunderten
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