Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)
Einzelnachhilfestunden nicht verstand. Er seufzte, legte ihm die Hände auf die Schultern und sah ihm tief in die Augen: »Johannes, de Simona wollt mit dir pudern.«
»Was?«
»Na pudern halt.«
»Was?«
»Pudern, pempern, schnacksln, vögln, petschieren, nenn’s, wie’st willst.«
»Peppi, du spinnst.« Johannes stieß ihn von sich und wurde rot wie eine Amarenakirsche. »Die Simona ist ein integres Mädchen, die würde niemals so, so …«
Er drehte Peppi den Rücken zu und dachte hektisch atmend nach.
»Diese Welt ist schrecklich!«, schrie er schließlich so laut, dass sich der Bürgermeister umdrehte, der an der Grundstücksgrenze zum Haus der Ötschs stand und mit Georg Ötsch über die unterschiedliche Handhabung von Biergläsern mit und ohne Henkel fachsimpelte.
»Wird scho guat gehn, Cheforganisator!«, rief der Bürgermeister und deutete Johannes den erhobenen Daumen. Johannes sah hilfesuchend zu Peppi, aber Peppi beobachtete Schuarl, der die Straßensperre wegräumte und mit seinen Leitkegeln zu diskutieren schien. Johannes wollte sich zurückziehen, doch Peppi hielt ihn am Oberarm fest.
»Schuarl?«, rief Peppi zum Gemeindeamtsarbeiter, der sich sofort umdrehte und grinste, denn Peppi war der Held seiner Welt. »Schuarl, wir ham an Notfall, der Johannes muaß sei Mädl gnädig stimmen, tätest du uns zum Westhang bringen?«
Schuarl salutierte, sprang sofort in die Fahrerkabine und schrie:
»Mänätschertschecker Schuarl is für jedn Notfall vom Fluchtlichtanlagenfußballeröffnungsspieloberorganisator Johannes A. Irrwein und dem Stürmerstar Peppi Gippel bereit!«
»Peppi, was soll das?«, fragte Johannes, während Peppi ihn zum Pick-up zerrte und ihm half, auf die Ladefläche zu klettern.
»Red mit da Simona, und alles wird guat! Glaub ma, mit mir und da Maria war’s net anderst, ma muss miteinander redn, gelt?« Peppi lächelte Johannes an, und Johannes verstand, dass Peppi es in jeder Hinsicht nur gut mit ihm meinte. Er nickte, woraufhin Peppi euphorisch kommandierte:
»Ab zum Skilifthaus, Schuarl!«
Schuarl drückte das Gaspedal durch und schaltete seine Sirene an. Johannes fiel sofort zu Boden und beschloss, besser liegen zu bleiben, um nicht vom Pick-up zu fallen. Unter den Reifen schlitterte der Rollsplitt davon, und kaum bog Schuarl vom Dorfplatz auf die unasphaltierte Westhangstraße, wurde der Pick-up zu einem galoppierenden Pferd, das über Hubbel und Schlaglöcher sprang, als würde es von einem Hornissenvolk gejagt. Johannes hielt sich an den Wänden fest, panisch blickte er nach oben, da bei der Geschwindigkeit die auf die Straße ragenden Zweige des Waldstückes zu wilden Peitschen wurden. Peppi hingegen stand aufrecht, hielt sich an der Fahrerkabine fest und streckte die Nase in den Wind, als würde er die Fahrt genießen. Johannes fragte sich, ob Schuarl in seinem früheren Leben Rennfahrer gewesen war, als er die Einfahrtskurve zu Simonas Haus mit der Handbremse nahm und das Heck querdriften ließ. Abrupt bremste Schuarl vor der Garage der Nowaks ab, sodass sieben Zentimeter Abstand zwischen Nummernschild und Garagentor blieben. Johannes wurde gegen die Seitenplanke geschleudert und wagte erst, seinen Kopf zu heben, als Schuarl den Motor abgestellt hatte.
»Skilifthaus erreicht!«, schrie Schuarl und sprang aus dem Wagen.
Peppi half Johannes auf die Beine, dem schwindelte, als wäre er von einem Seesturm umhergetrieben worden. Mit Müh und Not hievte er sich aus dem Truck. Schuarl und Peppi stützten ihn links und rechts und schleppten ihn zu Simonas Haustür. Er bekam gar nicht mit, ob Peppi oder Schuarl die Klingel drückten, und erst als Simona im Türrahmen stand, kam Johannes wieder zu sich. Kritisch ließ Simona ihre Blicke an den drei Männern auf und ab fahren, Peppi unterbrach ihre Musterung, indem er ihr die Hand reichte.
»Servas Simone, i bin da Peppi, des is da Schuarl, und den Johannes kennst jo, der wollt mit dir redn.«
»Servas Simone, wie der Peppi scho gsagt hat, i bin da Schuarl, Mänätschertschecker vom FC St. Peter und da persönliche Assistent vom Obermänätschertschecker vom FC St. Peter Johannes A. Irrwein.« Schuarl griff nach ihrer Hand und schüttelte sie kräftig, Simona beobachtete erschrocken, wie ihre weißen Finger in Schuarls erdiger Pratze versanken.
»Hallo«, stotterte sie.
Mit einer Entschiedenheit, dass Simona nur ausweichen konnte, schubste Peppi Johannes über die Schwelle und folgte mit Schuarl ins Haus.
Weitere Kostenlose Bücher