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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Johannes blickte einige Momente in die Augen seiner Mutter. Dann nahm er sich eine Semmel aus dem Brotkorb in der Tischmitte, schnitt sie auf, schmierte Sauerrahm auf die Deckel, legte ein Gemüseschnitzerl dazwischen, stopfte seine Unterlagen in die Umhängetasche, schulterte sie, biss in das Gemüseschnitzerl und machte sich kauend auf den Weg ins Wirtshaus.
    »Und de Erdäpfel?«, schrie ihm Ilse hinterher, aber Johannes war bereits aus dem Haus.
    Kurz vor dem Dorfplatz warf er drei Viertel seiner Abendjause ins Gebüsch und ärgerte sich über die Sitzung, noch bevor er sie erreicht hatte. Im Gegensatz zu fast allen Arbeitsgruppen lief in dieser nämlich nichts von allein, sondern Johannes wurde bezüglich jeder Kleinigkeit um Hilfe und Rat gefragt. Einerseits hatte er dafür Verständnis, war nämlich das Arbeitsgebiet der Gruppe Werbung und Öffentlichkeit, im Gegensatz zu Dingen wie Buffetorganisation oder Tribünenbau, niemandem im Dorf vertraut. Man wusste, Feste auf die Beine zu stellen, doch bis dato hatte man nie versucht, jemanden, der nicht aus St.   Peter kam, dazuzuholen. Er hatte zwar gehofft, es würde helfen, Peppi abzustellen, aber Peppi war, so gern er ihn hatte, nicht die hellste Glühbirne auf der Erde. Die Tür war immer noch nicht geölt worden, alle blickten auf, als Johannes die Stufen herunterkam, grüßten ihn freundlich und lächelten ihn an. Der kleine Wenzel Rossbrand stand an der Schank und ließ sich vom Wirt einen Meter G’spritzte anfüllen. Wahrscheinlich für die Arbeitsgruppe, dachte Johannes, da der Meter G’spritzte – ein hölzerner Tragestab in der Länge eines Meters, in dessen Oberseite Löcher für Weingläser gesägt worden waren – bei der Dorfjugend besonders beliebt war.
    »Wir ham scho auf di g’wartet!«, sagte er süffisant.
    Johannes erwiderte: »Bei den Arbeitsgruppensitzungen soll nicht getrunken werden. Ihr sollt arbeiten! Den Wein kannst du gleich stehen lassen!«
    Johannes wartete, dass der Kleine vor Angst davonlief, doch Wenzel blieb, wo er war, und grinste noch frecher.
    »Wir sand scho fertig mit ollem!«
    »Was heißt fertig mit allem? In einer Dreiviertelstunde? Das letzte Mal habt ihr fünf Stunden gebraucht, um eine Pressemeldung zu schreiben, und der fehlten Einleitung und Schluss.«
    Wenzel drückte seine Zunge in eine der Lücken, sodass sie zwischen zwei Zähnen hervorblinzelte: »Wir ham halt a spezielle Hilfe g’habt.«
    Er wollte gerade den Meter in die Hände nehmen, da stieß Johannes den Rossbrand’schen Nachzügler beiseite und eilte im Stechschritt in das Versammlungszimmer. Und da saß Simona.
    Schräg auf dem Sessel, mit der linken Achsel auf der Lehne abgestützt und weit zurückgebeugt, den Kopf im Nacken, eine Zigarette in der Hand, obwohl sie immer behauptet hatte, Nichtraucherin zu sein. Johannes stockte im Türrahmen, konnte keinen Schritt vor oder zurück machen. Er hörte nur, wie Robert Rossbrand Witze riss und Simona nach jeder Pointe hell auflachte. Johannes blieb stehen, bis Simona ihre Zigarette in dem überquellenden Aschenbecher auf der Tischmitte ausdämpfte, über Robert Rossbrands Arm streichelte und sich eine neue aus der Packung vor ihm zog. Als Robert Rossbrand ihr Feuer gab, wand sich Johannes der Magen. Ihm wurde schwindelig, und er machte auf dem Absatz kehrt. Die Augen auf den Boden gerichtet lief er durch den Schankraum – doch kurz bevor er die Stiegen hinauf ins Freie nehmen konnte, packte ihn Peppi am Arm. Er kam gerade von der Toilette zurück und schob sich zwischen Johannes und die Stiegen.
    »Hey, Johannes, wo rennst’n hin?«, fragte er verblüfft. Johannes keuchte.
    »Nach Hause.«
    »Warst überhaupt scho drin?«
    »Ich hab genug gesehen.«
    Johannes versuchte, sich an Peppi vorbeizuschlängeln, der ihm den Weg versperrte.
    »Herst, Johannes, geht’s da net guat? Was is’n los?«
    Johannes’ Brustkorb spannte sich, und schließlich sah er Peppi wutentbrannt in die Augen.
    »Was macht die Simona da drin?«
    »I hab si im Tal troffen, als i mit da Maria an Kreissaal besichtigt hab. Sie is grad aus am Geschäft in da Fußgängerzone kommen. Und sie war voi aufg’regt wegen dem Artikel über di, und da hat sie helfen wolln.«
    »Red nicht so einen Schwachsinn, ich hab selbst gesehen, was sie da drin mit wem gemacht hat, also geh mir aus dem Weg.«
    Peppi blieb stehen.
    »Peppi, lass mich raus.«
    »Erst wennst di beruhigt hast!«, sagte Peppi trocken, doch Johannes wollte sich nicht

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