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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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beruhigen, und so stieß er Peppi an der Schulter beiseite. Peppi hatte nicht damit gerechnet, dass Johannes handgreiflich werden könnte. Er taumelte, fing sich am Geländer ab, und Johannes schmetterte die Tür so fest ins Schloss, dass ihm alle mit offenen Mündern nachblickten.
    Draußen trat Johannes wütend gegen einen Blumenkübel. Hinter ihm schwang die Wirtshaustür auf, er drehte sich nicht um.
    »Johannes!«, schrie Simona. Ihre Stöckel klackerten in der aufziehenden Dunkelheit auf dem Asphalt. Am Dorfplatz holte sie ihn ein und packte ihn an der Schulter, Johannes entwand sich ihrem Griff. »Was ist los mir dir?«
    Johannes wandte den Blick von ihr ab und verschränkte die Arme.
    »Geh zurück zu deinem Rossbrand und lass mich in Ruhe.«
    Simonas Stimme schlug von Ungläubigkeit in Wut um: »Sag mal, wie viele Schritte soll ich noch in deine Richtung machen, bis du mal einen zurück machst?«
    »Einen zu mir vielleicht, nicht zu Robert Rossbrand!«
    »Sag mal, spinnst du total? Komm runter und lass den Robert da raus. Ich bin wegen dir hier. Ich hab mir nach dem Artikel im Angertaler Anzeiger gedacht, ich helf dir bei der Arbeit, damit du wieder Zeit für mich hast! Dein Freund Peppi hat gesagt, die Pressearbeitsgruppe braucht Hilfe. Checkst du’s nicht?«
    »Ja, aber wieso streichelst du dann dem Robert Rossbrand den Arm?«
    »Johannes, hörst du mir überhaupt zu?«
    »Ich hör und seh dich sehr gut sogar!«
    »Okay, dann hör dir mal das an: Vergiss es! Vergiss es einfach! Vergiss alles, was ich gesagt hab, vergiss alles, was war, vergiss es einfach!«
    Einer ihrer Stöckel brach ab, als sie zornig auf das Pflaster trat. Simona warf ihn gegen einen Oleanderbusch an der Hauswand und ließ laut fluchend den zweiten Schuh auf dem Wirtshausvorplatz zurück.
    »Na dann geh zurück zu Robert und den ganzen Idioten«, schrie Johannes ihr hinterher. Ohne sich umzudrehen, brüllte Simona nur:
    »Fick doch deinen Herodot.«
    Liebe zivilisierte Freunde! Wenig Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den Bergbarbaren und uns Zivilisierten, aber unter einer Sache leiden beide Volksstämme in gleichen Maßen: den Frauen. Wie auch Herodot erzählt, bringt das schöne Geschlecht, so anmutig und friedfertig es auch scheinen mag, stets den Krieg in die Welt. Nicht zu Unrecht beginnt Herodot seine Historien genau mit diesem Thema: »Wäre nicht die Io mit den Phöniziern abgehauen, und hätten daraufhin nicht die Kreter die Europa fortgebracht und die Hellenen die Medea mitgenommen, dann hätte Paris, der Prinz von Troja, jene berühmte Helena nicht aus Sparta mit sich genommen und der erste große Krieg der Menschheit, der Trojanische Krieg, wäre niemals ausgebrochen.« Natürlich, es gibt da welche, die sagen: Sowohl Io als auch Europa als auch Medea sowie Helena seien aus ihren Heimatorten geraubt worden. Herodot aber kommentiert das mit folgendem, wie ich finde sehr treffenden Satz: Denn es sei doch offensichtlich, daß diese Frauen, wenn sie nicht gewollt hätten, gar nicht geraubt worden wären. So sehen wir, sowohl bei den Bergbarbaren als auch bei den Zivilisierten werden die jungen Männer von derselben kriegerischen Streitmacht am allermeisten verwundet. Dieses Heer, das der jungen Liebenden Herz durchbohrt, ihre Glieder verstümmelt, ihnen das Augenlicht raubt und sie Nacht für Nacht grausam aus dem Schlaf schrecken läßt, ist niemand geringerer als Aphrodites Armee. Ihre Soldatinnen zücken keine Gewehre, sondern flüstern liebe Botschaften. Anstatt zuzuschlagen, betören sie, verführen sie, wiegen den gegnerischen Jüngling in Sicherheit, lassen ihn an die ewige Liebe glauben, und in dem Moment, als er seinen Schild senkt, zücken sie den Dolch und rammen ihn in des Liebenden Herz. Denn Frauen kennen alles, nur Gnade ist ihnen fremd. Ach, liebe Freunde, Ihr hattet immer recht. Frauen lenken nur von der Arbeit ab und bringen nichts als Kummer.
    Nach ihrer Auseinandersetzung im Wirtshaus sprachen Peppi und Johannes neun Tage nicht mehr miteinander. Peppi war sauer, und Johannes ging ihm aus dem Weg. Er dachte, wenn er alle freundschaftlichen Kontakte eliminierte, würde das Arbeiten leichter fallen. Nicht mehr an Simona denken, sich nicht mehr von Peppi ablenken lassen. Mit Peppi hatte das Unheil schließlich begonnen, der hatte ihn hineingezogen in diesen Schlamassel und war an allem schuld. Johannes hatte heute auf dem Dorfplatz ein kleines Kind gehört, das zu seiner Mutter sagte: Nur zwei Mal noch schlafen,

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