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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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bei den anstrengenden Organisationsarbeiten unterstütze und ihm abends, wie sie sagte, die Schultern massiere, stand Johannes auf und sagte:
    »Tut mir leid, aber ich hab dringende Dinge zu erledigen«, und beeilte sich, an den herumstehenden St.   Petrianern vorbei ins Freie zu flüchten.
    Lange sah ihm die Reporterin hinterher und kaute an ihrem Bleistift. Die Reporterin war angetan von dem hübschen jungen Mann, der partout nicht mit ihr reden wollte, als ob er eine wichtige Persönlichkeit wäre. Sie machte sich noch einige Notizen, schickte die Fotografen in ganz St.   Peter herum und setzte sich abends in der Redaktion ans Werk, ihre persönliche Heldengeschichte zu schreiben.
    SENSATION
SKANDALVEREIN KOMMT NACH ST. PETER
    Unglaubliche Nachrichten: Als Gegner zum Einweihungsspiel der neuen Flutlichtanlage kommt der FC St.   Pauli aus Hamburg am Nordmeer in die alpine 497-Seelen-Gemeinde. Unsere Reporterin traf den verantwortlichen Organisator J.   A. Irrwein im örtlichen Café Moni und sprach bei einem Apfelsaft gespritzt mit dem zurzeit wichtigsten Bürger St.   Peters. (Von Louise Gruber)
    Johannes A. Irrwein (17) ist ein ruhiger junger Mann. An seiner runden Brille sieht man, dass er klug ist. Seine kupferblonden Locken sind ungebürstet, Johannes A. Irrwein hat wenig Zeit für Körperpflege: Er muss das Spiel des Jahrhunderts organisieren. »Es gibt viel zu tun«, sagt Johannes A. Irrwein nachdenklich und nippt langsam an seinem Glas. Er blickt gehetzt um sich, atmet schnell. Ich merke, dass tausend Gedanken durch seinen wohlgeformten Kopf laufen. Mit mir an diesem Tisch zu sitzen, ist für ihn nicht selbstverständlich. Es bedeutet für ihn einen Augenblick Ruhe, denn zu viel gibt es noch zu tun, und zu wenig Zeit. Johannes A. Irrwein gelang es durch kluge Verhandlungstechnik, dieses Spiel einzufädeln. Nun ist er Generalbeauftragter für die Durchführung und als solcher verantwortlich, dass alles klappt. »Es war Glück und ein Wink des Fußballheiligen«, antwortet Irrwein bescheiden, wenn man versucht zu erfahren, wie er dieses Spiel in die Wege geleitet hat. Er ist ein charmanter, zurückhaltender junger Mann, aber man merkt, er hat seine Geheimnisse und speziellen Tricks. Johannes A. Irrwein ist für sein Alter überaus seriös, vermittelt das Gefühl von großen Fähigkeiten, und dennoch blitzt zwischen seinen vagen Angaben ein verschmitztes Lächeln auf, das beweist, dieser Junge kann auch Herzen brechen. Diskret ist er auch. Auf die Frage nach seinem Privatleben hüllt er sich in Schweigen. Er will wohl all den alleinstehenden Fußballfaninnen Hoffnung schenken, beim großen Spiel am 04.   09.   2010 nicht nur Fußballspieler kennenlernen zu dürfen, sondern auch die geheimnisvollen Hintermänner. Wie man hört, ist der beliebte Stürmerstar Peppi Gippel in festen Händen, doch es scheint, St.   Peter am Anger hat einen neuen aufregenden Traummann mit schönen grünen Augen: Johannes A. Irrwein.
    Die Teller von Ilse und Alois waren bereits seit Minuten leer, da hatte Johannes seine Abendjause noch immer nicht angerührt. Alois blätterte in der Zeitung. Aufgrund des Artikels über Johannes, der in Klarsichtfolie verpackt an den Kühlschrank geheftet war, hatten die Irrweins den Angertaler Anzeiger abonniert. Ilse sah ihren Sohn an und legte die Stirn in Falten. Sie seufzte vier Mal laut auf, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, doch Johannes war über einen Berg Zettel gebeugt und beachtete weder seine Mutter noch seine Abendjause: Gemüseschnitzel mit Sauerrahmsauce und Buttererdäpfeln. Ilse bemühte sich seit einiger Zeit, gesund zu kochen. Johannes hatte tiefe schwarze Ringe unter den Augen und merkbar Gewicht verloren.
    »Johannes, magst net a bisserl wos essn?«
    Als er nicht reagierte, legte Ilse ihre Hand auf Johannes’ Zettelberg, um ihm die Sicht zu versperren. Johannes funkelte sie böse an.
    »Keine Zeit. Irgendwas stimmt mit den Abrechnungen nicht.«
    »Johannes, i versteh scho, dass’d grad wahnsinnig vül um d’Ohren hast. Owa s’tuat kanem ka Guat net, wenn’s di irgendwann zamdraht, weilst so fertig bist. Denk an de Grete, de woar wochenlang im Spital, nachdem sie’s in der Mess zamdraht hat.«
    Johannes blickte auf die Uhr, es war kurz nach halb acht. Um sieben hatte die Versammlung der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit & Werbung begonnen. Er wollte dort unbedingt vorbeischauen, um zu kontrollieren, ob Robert Rossbrand jugendfreundliche Pressetexte schrieb.

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