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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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dem schönsten Burschen in ihrem Alter und bei allen für seinen Humor beliebt. Sein Vater Gerhard war einer von Johannes’ besten Freunden gewesen, als er noch Holz gefällt und im Wirtshaus Karten gespielt hatte. Johannes wusste, dass die Rossbrands eine anständige Familie waren, auch wenn sie seit Generationen ein unendliches Reservoir an unanständigen Witzen vom Vater an den Sohn weitergaben. Dafür waren sie wenigstens kreativ, Gerhard hatte seinerzeit fast an die hundert Bandwurmwitze erfunden. Zudem waren sie sehr musikalisch, und die Söhne waren allesamt hochgeschossen und kerngesund, sogar der jüngste Sohn, den Annemarie Rossbrand als Nachzügler erst vor wenigen Wochen entbunden hatte.
    Nach einiger Zeit stellte Johannes freudig fest, dass sich Reinhard Rossbrand immer häufiger in der Südsiedlung herumtrieb. Der große, schlanke Reinhard war schwer zu übersehen, wenn er in seinem schlendernden Gang zwischen den Gärten auftauchte und den kleinen Feldweg zwischen den Grundstücken der Ötschs und der Gerlitzens einschlug, der in die Gärten beider Familien führte. Seit sich Ilse von Alois ab- und Reinhard zugewandt hatte, respektierte Johannes ihr Privatleben. Entdeckte er, dass Reinhard im Anmarsch war, begab er sich in sein Laboratorium und widmete sich mit voller Konzentration der Wurmforschung. Erst vor Kurzem hatte er einen helminthischen Kongress im nördlichen Nachbarland besucht, der sich mit den neuen Zielen und Aufgaben der Parasitenforschung in der Zeit der kleiner werdenden Welt beschäftigt hatte. Außerhalb von St.   Peter am Anger hatte man im letzten Jahrzehnt das Reisen entdeckt. Immer mehr Menschen überschritten Grenzen, und, was für die Wurmforschung wichtig war, immer mehr Reisen führten die Durchschnittsbevölkerung in exotische Länder. Gespannt hatte Johannes dem Diavortrag eines Kollegen gelauscht, der in der Hauptstadt der im Norden liegenden Flachlandrepublik einen Patienten behandelt hatte, unter dessen Kopfhaut sich während einer Südamerikareise eine Dasselfliegen-Larve eingenistet hatte. Der Patient hatte zuerst gedacht, er hätte einen schmerzhaften Abszess unter seinem Haar, doch als sich die Beule zu bewegen begann, hatten die Ärzte jene Stelle kahl rasiert, woraufhin die daumennagelgroße Larve subkutan gut sichtbar geworden war. Ein weiteres Dia hatte das Loch in jener Beule gezeigt, durch welches die Larve Sauerstoff erhalten hatte, dann eine Fotografie von der Entfernung der abgestorbenen Larve mit einer Pinzette, nachdem der Arzt ihre Sauerstoffzufuhr für eine Nacht mit Vaseline verstopft hatte. Johannes hatte über die zu Protokoll gegebene Schilderung des Patienten gestaunt, der deutlich gespürt haben wollte, wie die Made um ihr Überleben kämpfte. Johannes, der in den letzten Jahren in St.   Peter die Forschung zugunsten des Ordinierens etwas vernachlässigt hatte, wurde von neuem Eifer erfasst. Es gab Tage, da begab er sich vor Sonnenaufgang ins Labor und kam erst spät nach Mitternacht heraus. Er bemerkte weder, wie er an Gewicht verlor, noch, wie sich die Jahreszeiten veränderten, wie der Schnee fiel und wieder schmolz, noch, dass Ilse plötzlich tieftraurig war. Als er sie eines Abends weinend im Bad antraf, dachte er, dies hinge mit dem sich im Frühjahr 1975 zum zweiten Mal jährenden Todestag von Elisabeth zusammen, doch als er nachts aus dem Labor zurückkam und sich Ilse in der Küche einen drei Jahre alten Weihnachtsmann in den Mund stopfte und die Schokolade ohne Kauen runterwürgte, kam ihm ihr Verhalten seltsam vor. Nach Elisabeths Tod hatte sie tagelang nicht gegessen und an Appetitlosigkeit gelitten. Darauf angesprochen, sagte sie nur:
    »Des verstehst du net.«
    Und als diese Phase nicht aufhörte und sich Johannes, immer zuerst ans Medizinische denkend, Sorgen machte, sie sei von Reinhard schwanger, kam ihm das verstauchte Handgelenk von Marianne Ebersberger, Ilses bester Freundin, sehr gelegen. Marianne war ausgerutscht und auf die Hand gestürzt. Drehte sie die Hand nach außen, tat es etwas weh, es gab jedoch kein Hämatom, keine Schwellungen oder sonstige Hinweise auf eine gröbere Verletzung – als Tochter des Bürgermeisters war sie trotzdem sofort zum Arzt geschickt geworden. Noch vor der Untersuchung fragte Johannes nach Ilse, doch Marianne antwortete ausweichend. Da drückte er auf die einzige kleine schmerzende Stelle und flüsterte leise, aber hörbar:
    »Schwierig – aufschneiden? Oder drei bis vier Spritzen?« Und

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