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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Johannes schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Obwohl er sich von der Religion abgewandt hatte, sandte er ein Stoßgebet zum Himmel, es möge nicht das eingetreten sein, was er befürchtete, und folgte der weißen Kalkspur. Maistriche wurden aus dem Auto heraus gezogen. Man brauchte einen Fahrer, zwei Leute, die den Kofferraum offen hielten, und jemanden, der flach auf dem Kofferraumboden lag und je nach Technik entweder einen Pinsel oder einen Kübel mit kleinem Loch über den Weg hielt. St.   Peter am Anger war ein kleines Dorf, und die Maistriche liefen traditionell über den Dorfplatz, auch wenn es zwischen den verbundenen Häusern kürzere Wege gab. Als Johannes Gerlitzen im Stechschritt dem Strich folgte, war am Dorfplatz der Maitanz im Gange. Rund um den Maibaum wurde gegessen, getrunken, getanzt und gesungen, nur der Dorfarzt steuerte zielstrebig der weißen Linie hinterher, sah nicht nach rechts, sah nicht nach links, reagierte nicht, als man ihm zurief.
    »Bin i froh, dass i nua Buam hab!«, sagte Gerhard Rossbrand und verursachte lautes Gelächter bei seinen Freunden, mit denen er rund um einen Heurigentisch saß.
    Johannes Gerlitzen war ein ruhiger Mensch, doch als ihn der Strich vor das Haus der Irrweins führte, wo das gleiche Herz, das I.G. umrundet hatte, nun A.I. umrundete, entglitt ihm ein Schrei der Wut, bevor er zurück auf den Dorfplatz stürmte, fest entschlossen, Alois Irrwein eine Abreibung zu verpassen. Er schnaubte, hatte zu Schlitzen verengte Augen und bebte vor Wut, als er das Fest erreichte.
    »Wo ist der Hallodri, der elendige?«, schrie Johannes Gerlitzen, und alle waren so erschrocken über den Gefühlsausbruch des sonst so stillen Arztes, dass sich niemand traute, auf seine Frage zu antworten. Was aber auch nicht notwendig war, denn Alois Irrwein war gut exponiert: Er versuchte just in diesem Moment, auf den Maibaum zu klettern. Die Tradition des Maifestes sicherte nämlich demjenigen, der den Maibaum mit bloßen Händen erkletterte, das Anrecht, ihn Ende Mai mit nach Hause nehmen zu dürfen. Und Alois Irrwein hatte viele Ideen, welche Schandtaten er mit einem zwanzig Meter hohen Baum anstellen könnte. Er war beflügelt von seinem erfolgreichen Maianfang, immerhin hatte er binnen vier Tagen den Maibaum der Erzfeinde gestohlen und die Frau seines Herzens erobert, und so war er bereits siebzehn Meter hochgeklettert – als Johannes Gerlitzen unten erschien und an dem Baum rüttelte.
    »Komm runter, du Halunke, dann bekommst du, was du schon lange verdienst!«
    Verblüfft sah Alois nach unten. Das Sonnenlicht blendete ihn. Johannes erkannte er zwar nicht, aber er bemerkte das Skalpell, von der Sonne beschienen, mit dem der Arzt herumfuchtelte. Und so klammerte sich Alois fest wie ein Affe. Die St.   Petrianer liefen erschrocken zusammen.
    »Tua des weg!«
    »Geh, Hannes, spinnst?«, riefen sie ihm zu, doch Johannes Gerlitzen schien wild überzeugt und band seine Schuhe auf.
    »Wenn du nicht runterkommst, dann komm ich rauf!«, schrie er, der noch immer den Dorfrekord im Maibaumkraxeln hielt. Als Schnitzer, der ständig auf der Suche nach dem idealen Holz war, war er darin geübt gewesen, Bäume zu erklimmen, und hatte insgesamt drei Maibäume erklettert, den ersten bereits im Alter von vierzehn Jahren. Das Skalpell klemmte er sich am Griff zwischen die Zähne und sprang mit einem Satz an den Stamm. Er musste sich erst wieder daran gewöhnen, Holz zu spüren. Seine weichen, gepflegten Handflächen schmerzten beim ersten Klimmzug nach oben. Nichtsdestotrotz war Johannes wild entschlossen, diesen Burschen unschädlich zu machen, und er würde damit nicht nur seiner Familie, sondern dem gesamten Dorf einen großen Gefallen tun, davon war er überzeugt. Währenddessen standen die St.   Petrianer mit etwas Sicherheitsabstand rund um den Baum, keiner rührte sich, keiner sagte einen Ton, sogar die Blasmusik hatte aufgehört zu spielen. Was sie lähmte, war die Überraschung, plötzlich den alten Johannes wiederzuhaben. Nicht der Doktor Gerlitzen kletterte den Maibaum hoch, sondern der Holzschnitzer Johannes. Sogar Karl Ötsch, Johannes’ Nachbar von links, der sich seit Johannes’ Rückkehr so weit wie möglich von Johannes fernhielt, kam näher und staunte, dass jemand anderer als er selbst Johannes zum Ausrasten gebracht hatte. Das Klettern wurde immer leichter, Johannes dachte, dass man es wie das Fahrradfahren nie verlernte, und so kam er Alois Zug um Zug näher. Ängstlich sah

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