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Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)

Titel: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vea Kaiser
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Doktor.«
    Dem Briefträger fielen ein paar Briefe zu Boden, die Volksschullehrerin lachte lauthals auf, die Bauern schüttelten die Köpfe und waren sich einig, dass er nun endgültig verrückt geworden war. Noch nie war jemand aus St.   Peter am Anger weggegangen, schon gar nicht in die Hauptstadt, schon gar nicht, um Doktor zu werden. Sogar die Murmeltierfamilie, die sich am Schutthang kurz nach der Dorfgrenze angesiedelt hatte, stellte sich mit emporragenden Schwänzen auf die Hinterläufe und blickte ihm nach, bis er außer Sichtweite war.
    Elisabeth erfuhr von seinem Abschied durch einen Brief, den er auf der Schwelle des gemeinsam gebauten Hauses zurückgelassen hatte:
    Elisabeth, ich geh fort. Vielleicht komm ich zurück, wenn ich ein Doktor bin. Erzähl dem Kind, daß ich der Vater bin. Du weißt eh, der Nachbar is ein Sautrottel. Und bleib im Haus wohnen, ich brauchs nimmer, und falls ich zurückkomm, weiß ich wenigstens, wo ich dich finden kann. Machs gut, ich bin dir nicht bös. Mal schaun, was sich der Herrgott für uns überlegt hat.
    Johannes Gerlitzen (nach der Schneeschmelze 1960)

[Die Völkerwanderung, Notizbuch I]
    [1.5.] Was ich im folgenden über die Urzeit der Ureinwohner berichte, habe ich aus vielen Mythen und Erzählungen recherchiert, und manches erscheint mir nicht ganz glaubhaft, doch bin ich als Geschichtsschreiber verpflichtet zu verkünden, was ich herausfand. Es heißt, wer die Ureinwohner jenes Bergbarbarendorfes namens St.   Peter am Anger waren und woher sie kamen, hätten diese im Moment der Dorfgründung bereits vergessen. Ihre Sprache sei aufgrund der langen Wanderschaft zu einem unregelmäßigen Mischmasch aller Alpendialekte geworden, und da sie sich oft verirrt hätten, durch Zeitlöcher gepurzelt seien, den Eingang zur Hölle gefunden hätten, vor Lindwürmern geflüchtet und jahrelang von einer Sintflut in einem Hochtal festgehalten worden seien, wo sie nichts als hellgelbe Beeren und dunkelblaue Blätter gegessen hätten, hätten sie sogar vergessen, wieso sie eigentlich aufgebrochen seien. [1.6.] Nun meinen die Geschichten, daß ihr Gott, zu dem sie ein irischer Missionar bekehrt habe, fünf Engel und sechsundzwanzig Heilige habe abkommandieren müssen, um sie zu ihrem Bestimmungsort zu führen. [1.7.] Auf den Angerberg seien sie letztlich nicht durch das Tal im Süden, sondern über die Gletscherkette im Norden gekommen. Als nach dieser Reise durch Eis und mannshohen Schnee nur noch vier Männer all ihre Zehen gehabt hätten, hätten sie beschlossen, am Angerberg zu bleiben, und dessen Vorzüge erkannt: Aus dem Inneren der den Angerberg beschützenden 4000er Bergkette sprudelten klare Quellen, da diese Gletscher von Steinläusen ausgehöhlt waren, was sich, wie ich bestätigen kann, auch 1500 Jahre später noch so verhält. An diesen Felswänden blieben die meisten Unwetter hängen, es gab genug Holz, und aufgrund der geschützten Hanglange gediehen sogar eßbare Früchte, die sonst nur in tieferen Lagen wuchsen. Und Wildschweine gab es mehr, als man braten konnte!

Etwas passiert, ohne dass was passiert
          
    Oft betrachtete Elisabeth Gerlitzen ihre Hände. Als sie klein war, hatte die Mutter sie wegen ihrer rauen, aufgesprungenen Handflächen gerügt. Fast täglich wurde sie ermahnt, nicht wie ein Bursch auf Bäume zu klettern und Steinschleudern zu schnitzen – Blasen an den Handballen, aufgescheuerte Handrücken und Schnittwunden seien einem Mädchen nicht angemessen. Sieben Jahre nachdem ihr Ehemann Johannes Gerlitzen das Dorf verlassen hatte, sahen ihre Hände wieder aus wie zu ihrer Mädchenzeit. Da, wo Johannes einen Spielplatz für die Kinder hatte bauen wollen, stand nun der Hühnerstall, gezimmert aus Brettern und Leisten, die Johannes vor seinem Fortgehen für eine Schaukel zurechtgeschnitten hatte. Zwei Dutzend Hühner scharrten in der Erde, Gras wuchs an dieser Stelle schon seit Jahren nicht mehr. Im Laufstall nebenan meckerten die Ziegen – Elisabeth hasste die Viecher, sie ertrug den intensiven Gestank nur, indem sie sich das Kopftuch vor die Nase band. Doch ihre Tochter Ilse brauchte Milch und Käse. Elisabeth hatte einen grünen Daumen, sie zog mehr Gemüse und Obst, als die beiden essen konnten. Elisabeth verkochte viele Früchte zu Marmelade, legte Gemüse ein, und im Keller gor sie ein großes Fass Sauerkraut. Der Lebensmittelgreißler nahm ihr ihre Erzeugnisse zu einem mehr als großzügigen Satz ab – Herr Hochschwab senior war der

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