Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)
alten Griechen unterhalten hatten.
»Vergiss nicht, der Trägerverein ist eine üble Stiftung. Im Aufsichtsrat sitzen korrupte Anwälte und skrupellose Wirtschaftsbosse, die katholische Ordensschulen finanzieren, um ihr Geld reinzuwaschen und gute PR zu bekommen.«
»Die haben alle keine Ideale. Alles stockkonservative Wirtschaftsmenschen ohne hellenische Bildung. Die wollen die Welt nach ihren Vorstellungen umgestalten.«
»Und der Luftinger ist einer der übelsten. Einer von denen, die als Zukunftshoffnung gelten, nur weil sie sich eine bunte Brille aufsetzen und alles erneuern wollen. Die glauben, die würden junge Menschen ansprechen, wenn sie einmal das Wort ›cool‹ verwenden.«
»Alles keine Hellenen, sondern Gegner vom Schönen und Guten.«
Bis zu diesem Tag war der Schulanfang stets der schönste Tag des Jahres für Johannes gewesen, da er das Ende der quälenden Sommerferien in St. Peter bedeutet hatte, doch dieses Schuljahr begann nicht so, wie er gehofft hatte.
Drei Stunden nach Ende der Schulanfangsversammlung ging schließlich ein gewaltiger Wolkenbruch über Lenk im Angertal hernieder. Als Johannes mit nassen Hosenbeinen und beschlagener Brille in den kleinen Postbus nach St. Peter kletterte, der wie immer bei Regen eine halbe Stunde Verspätung hatte, ahnte er, dass sich die Dinge nicht unbedingt zum Guten entwickelten.
Zwei Wochen später hatte das Klostergymnasium von Lenk im Angertal einen neuen Direktor. Nachdem die Mönche den Anschein erweckt hatten, sich nicht entscheiden zu können, hatte der neue Aufsichtsrat beschlossen, ihnen bei der Wahl zu helfen, und Gernot Luftinger als neuen Direktor vorgeschlagen, der mit allen Stimmen des Trägervereins und des Elternrates, gegen die Stimmen des Konvents und der Schülervertretung, gewählt wurde. Kaum dass diese Neuigkeit am schwarzen Brett verkündet worden war, war der Digamma-Klub nur noch mit verfinsterten Mienen zu sehen, und erstmals seit zwei Jahren zogen sich die anderen in den Klubraum zurück, ohne Johannes Bescheid zu sagen. Pater Tobias versuchte, ihn zu beruhigen:
»Der Digamma-Klub muss sich auf die Matura vorbereiten, du bist nun mal jünger. Die brauchen Zeit für sich.«
Doch Johannes ahnte, dass da etwas im Busch war.
»Sei nicht zu pessimistisch in deinen jungen Jahren, und hör nicht auf Pater Jeremias!« Pater Tobias wollte ihn mit einem Lächeln aufheitern, aber Johannes merkte, dass auch Pater Tobias über die Entwicklungen beunruhigt war – wie der gesamte Konvent.
Als der neue Direktor Gernot Luftinger das erste Mal bei der Schulmesse erschien, warteten die Schüler rund um Pater Jeremias darauf, dass dieser die Hände verschränkte und ihnen zuflüsterte, dass dies nur schiefgehen könne. Pater Jeremias schüttelte den Kopf, knirschte mit seinem falschen Gebiss und sagte so laut, dass man es in der gesamten Kirche hören konnte:
»Das wird im unendlichen Unheil enden.«
Direktor Luftinger begann mit seiner luftigen Modernisierung , kaum dass die Kastanien, die den Weg zur Schulpforte säumten, die ersten Blätter zu Boden fallen ließen. Von nun an hatte das Wort luftig einen bitteren und galligen Beigeschmack für die Schüler des Lenker Klostergymnasiums. Die Buffetfrau war die Erste, die es zu spüren bekam, denn seit den Umstrukturierungen hatte sie keinen einzigen jener Schokoriegel mehr verkauft, die damit warben, luftig-locker zu schmecken. Alle befürchteten, Luftingers Auffassung von luftig bedeutete, niemandem Luft zum Atmen zu geben. Die Lehrer mussten sich einer Generalinspektion unterziehen, woraufhin Frau Professor Part sofort die Konsequenz zog und ihren Pensionsantritt vorverlegte.
»Noch nie hat jemand meine Methode des praktischen Unterrichts infrage gestellt!«, sagte sie empört und packte fünf Umzugskisten mit zerschnittenen Froschpräparaten, die ihre Schüler im Laufe ihrer Lehrerinnenlaufbahn angefertigt hatten.
Die gemischte Fußballmannschaft der Schule wurde in eine Buben- und eine Mädchenmannschaft getrennt, von denen ab diesem Zeitpunkt keine mehr ein Spiel gewann. Nachdem Luftinger die Geheimnisse des Biologie-Kammerls entdeckt hatte, mussten die Putzfrauen dort regelmäßig Kontrollen durchführen, was Mitzi Ammermann über alle Maßen wurmte, da sie insgeheim gehofft hatte, es würde irgendwann den Skandal eines im Biologiekammerl gezeugten Kindes geben. Als Luftinger den Putzfrauen auch noch die Gehälter kürzte, zettelte Mitzi Ammermann einen Generalstreik an, und
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