Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam: Roman (German Edition)
Schulmannschaft? Hab g’hört, de is net schlecht!«, fragte Peppi schließlich und klopfte Johannes auf die Schulter.
Johannes schoss die Röte ins Gesicht. Er überlegte, wie er Peppi zum Schweigen bringen könnte, stammelte: »Nein, also, nein«, doch Peppi hatte sich bereits zu Mauritz gedreht und erzählte diesem eifrig:
»Da Johannes hat nämli amoi mit mir in da St.-Petri-Fuaßballmannschaft g’spült, und er hätt beinah a super Tor g’macht, owa dann is er voi übel g’foult wordn!«
Mauritz sah Johannes überrascht an, dem alles so peinlich war, dass er gar nicht wusste, was er sagen sollte. Und währenddessen plauderte Peppi vergnügt über ihre gemeinsame Zeit in der U8. Johannes war noch nie so erleichtert gewesen, den Postbus zu sehen, wie in diesem Moment. Normalerweise hasste er es, nach St. Peter zurückzufahren, aber heute war er froh, Peppi in den Bus stoßen zu können und vor dem Einsteigen Mauritz zuzuflüstern:
»Ich kann das erklären, das ist einer aus meinem Dorf, ich wurde früher zum Fußballspielen gezwungen, du weißt eh, ich hab euch ja erzählt, wie schrecklich man mich im Dorf gefoltert hat.« Mauritz nickte und klopfte ihm auf die Schulter. Johannes atmete aus und stieg ein. Peppi hatte sich in die hinterste Reihe gesetzt und winkte ihm zu:
»Magst di zu mir setzn? I hab an neuen Gameboy g’kriegt, da kann ma a zu zweit spüln!«
Johannes setzte sich in die vorderste Reihe. Er wollte auf keinen Fall, dass Mauritz glaubte, er hätte so ungebildete Freunde im Bergdorf. Die Situation am Bussteig war ihm schon peinlich genug gewesen, außerdem fand Johannes Gameboys bescheuert und wunderte sich nicht, dass Peppi so einen beaß.
Johannes nahm sich vor, in Zukunft nicht mehr mit Mauritz am Bussteig zu warten. Seit er an der Klosterschule angenommen worden war, hatte er jeden Kontakt zu den Dorfbewohnern abgebrochen. Er hielt sich von den Festen fern, hörte seinen Eltern nicht zu, wenn diese über das Dorf sprachen, und verbrachte so viel Zeit wie möglich in Lenk. Anders als in St. Peter fühlte er sich dort akzeptiert und nicht mit Stielaugen beobachtet, wenn er in der Öffentlichkeit ein Buch las oder beim Spazieren Vokabeln lernte. Johannes wollte sich so weit wie möglich vom Dorf distanzieren, denn er hatte Angst, dass er es sonst nie schaffen würde, seine Träume zu verwirklichen, Forscher zu werden und hinaus in die große Welt zu gehen, von der ihm Doktor Opa immer so viel erzählt hatte.
[Vom Vergessensein, Notizbuch II]
[6.9.] So verhielt es sich also mit jenem Krieg, der dreißig Jahre lang andauerte und den halben Kontinent verwüstete, die Bevölkerung um einiges dezimierend, jedoch gänzlich, wie ich schon erwähnt habe, an St. Peter am Anger vorbeizog. Ähnliches sollte sich auch in Bezug auf alle weiteren Unglücke der Menschheit in jener vergangenen Zeitepoche abspielen. Denn wie ich aus der eigenen Lektüreerfahrung berichten kann, gibt es eine seltsame Divergenz zwischen den Geschichtsbüchern Europas und den Geschichtsaufzeichnungen des Bergbarbarendorfes St. Peter am Anger. [7.0.] So geschah es, wie ich nun als Beispiel angeben möchte, daß die gefürchteten Reiterheere der Türken, deren Plünderer und Brandschatzer bis in die Alpen vorgedrungen waren, den Weg nach St. Peter am Anger nie fanden, obwohl sie danach gesucht hatten, nachdem ihnen einige Gefangene unter Folter von jenem reichen, idyllischen Ort erzählt hatten. [7.1.] Weiters kann ich nach gründlicher Überprüfung berichten, daß St. Peter am Anger so geschützt inmitten der Sporzer Alpen versteckt war, daß nicht einmal der Schwarze Tod dorthin fand. Die Zeugnisse führen als Grund dafür an, daß die Bergbarbaren jener Zeit keinen Kontakt mit der Außenwelt pflegten. Ich kann mir jedoch vorstellen, daß für einen Kranken, der an der Lungenpest litt, der Aufstieg auf den Angerberg zu strapaziös war, so daß ein jeder, der es versuchte, geschwächt von der Krankheit auf dem Weg bergauf verendete. [7.2.] Wie es sich genau zugetragen hat, ist an dieser Stelle von wenig Interesse, festzuhalten gilt nur, daß die Krisenzeit des Kontinents eine Zeit der Blüte in St. Peter am Anger war. Die Bewohner organisierten sich autark und lebten glücklich ohne Kontakt mit der von Krisen geplagten Welt. [7.3.] Auch das Lenker Kloster vergaß die Bergbarbaren, die nun ihren eigenen Priester hatten und mit dem Kloster nichts mehr zu tun haben wollten. Jener Krieg der Konfessionen
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