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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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weil ich sentimental wurde. »… weil ich mir gerne vorgestellt habe, wie ihr alle, die ganze Familie, zusammen Urlaub macht.«
    »Ich weiß. Und das meine ich damit, Jeanne. Du tust so etwas, weil du dir gerne vorstellst, dass eine Familie Spaß hat und zusammen ist. Charlie hat mir außerdem erzählt, dass du jedes Jahr große Beträge an die Schule deiner Mutter spendest.«
    Ich musste lachen. »Dazu hat mich meine Mutter gezwungen. Ich hatte gar keine andere Wahl. Jedes Jahr rief sie mich an und sagte: ›Dies ist ein offizieller Anruf, meine Liebe, kein Mutter-Kind-Gespräch. Ich weiß, liebe Jeanne, dass du eine Menge Geld verdienst und großes Glück hast, und dies ist eine gute Möglichkeit, anderen etwas davon abzugeben.‹ Dann erzählte sie von dem Spielplatz, der erneuert werden musste, oder von einer Naturwissenschafts- AG , an der alle Kinder nach Schulschluss teilnehmen mussten, oder von einem Kunstlehrer, der teilweise gesponsert werden musste. Sie nannte mir die Höhe des Betrags, und ich stellte den Scheck aus.
    Zum Dank schickte sie mir ein Kreuz, oft mit einem Zettel dran, auf dem stand dann beispielsweise ›Dein Pulli letztens war zu tief ausgeschnitten. Zieh ihn das nächste Mal höher über die Brüste‹ oder ›Du sollst richtig essen, du siehst aus wie eine Vogelscheuche‹ oder ›Bis Freitag. Denk dran, dass du mir in der Klasse helfen willst, und vergiss nicht, für alle dreißig Schüler genügend Ton zum Töpfern mitzubringen‹.
    Und unter jedem Zettel stand: ›Hab dich lieb. Hab dich ganz doll lieb.‹«
    »Sie hat dich nicht gezwungen, Jeanne. Du hast es getan, weil du den Kindern helfen wolltest. So wie du unseren Kindern geholfen hast.«
    »Deidre, du weißt von ein paar guten Sachen, die ich in meinem Leben getan habe, von dem ganzen anderen Kram weißt du nur sehr wenig. Von den nicht so guten Sachen. Und davon gibt es leider eine ganze Menge, musst du wissen. Massenweise. Zu viel Alkohol und Verzweiflung, zu viel Lärm und Krach von der falschen Sorte in meinem Leben. Zu viele Fehler.«
    Deidre drückte mich fest an sich. »Ich weiß alles, was ich wissen muss, alles. Du bist die Beste, die Beste der Besten, Jeanne Stewart, vergiss das bloß nicht!« Sie gab mir einen Kuss auf die Wange.
    Was habe ich gesagt? Darum mochten alle Menschen Deidre.
     
    »Dein Bekannter war heute Abend ja gar nicht da.«
    Als Jay mich ansprach, drehte sich mir der Magen und hüpfte bis zum Hals. Charlie, Deidre und die Kinder waren gefahren, ich war mit Jay allein. Nur er und ich. Auf meiner Veranda, nebeneinander auf Liegestühlen, im Dunkeln, nur die Kerzen auf dem Geländer flackerten.
    »Wieso glaubst du, dass hier ein Bekannter wäre?«, fragte ich. Ein Mann? Ich hatte doch kaum noch Zeit zum Pipimachen.
    »Ich dachte, dein Freund würde heute Abend auch kommen.«
    »Welcher Freund?«
    Selbst im Dunkeln konnte ich erkennen, dass Jay wieder diesen kühlen Blick bekam. So eisig, dass mir fast die Brüste abfroren. »Du hast so einen eisigen Blick, dass mir fast die Brüste abfrieren.«
    Jays Blick wich kurz auf meinen Busen aus. Ich widerstand der Versuchung, ihn nach vorne zu schieben. Ich fand, ich sah nicht schlecht aus in dem tiefausgeschnittenen lavendelfarbenen Seidenshirt. Meine Brüste waren klein, aber durchaus vorhanden.
    »Das wäre mir aber überhaupt nicht recht.«
    »Warum nicht?« Wie frech ich werden kann!
    »Warum nicht?« Endlich zuckte ein Lächeln an Jays kantigem, wohlgeformtem, küssenswerten Kiefer.
    »Ja, warum willst du nicht, dass ich mir die Brüste abfriere?«
    »Weil das bestimmt ziemlich weh tut. Und sie würden dir bestimmt fehlen.«
    »Na, dir jedenfalls kaum.«
    »Warum sagst du das?«
    »Weil du in letzter Zeit so kühl und verschroben bist.«
    Jay schaute in sein Glas.
    Er ließ das Schweigen zwischen uns schweben. Manchmal ist es das Einzige, was zwei Menschen zusammenbringt.
    »Ich hatte noch nie so ein Gespräch wie das mit dir an dem Abend, als wir uns kennenlernten.« Jay sprach mit ruhiger Stimme, war fast eins mit dem Fluss und der tintenblauen Nacht.
    Ich konnte mich noch gut an unser Gespräch erinnern, wie ich mich nackt auf dem Boden gewälzt und ihm von meinen Aggressionen erzählt hatte. »Nackte joggende Frauen, die dir von ihren Problemen erzählen, sind bei dir also eine Seltenheit?«
    »Du bist für mich eine Seltenheit, Jeanne.« An seiner Schläfe pochte eine Ader. »Ich dachte …«
    »Was hast du gedacht?« Bitte, Jay, sprich dich aus!

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