Blau wie Schokolade
Rosvita. Dessen war ich mir sicher. Aber es gab nur eines, das ich wirklich wissen wollte.
»Rosvita?«
Sie legte den Kartenstapel hin. Ich hob ab, und sie mischte weiter. »Ja?«
»Du hast mir noch nicht erzählt, wie das mit Dan Fakue passiert ist.«
»Fakue hat den Migranten hier die Hölle bereitet, das ist passiert.« Sie knallte die Karten auf den Tisch, und die künstlichen Gänseblümchen in ihrem Haar erzitterten.
»Aber, Rosvita, ich dachte, du würdest Pistolen hassen? Wie ist es passiert? Wo ist es passiert? Wann?«
»Es ist passiert, als Fakue sich entschloss, unschuldige junge Mädchen und Frauen zu vergewaltigen, sie mit Krankheiten anzustecken und ihnen psychische Probleme zu bereiten, die ihnen ihr Leben lang keine Ruhe mehr lassen werden.« Ihre Silberarmbänder klimperten.
»Rosvita!« Ich legte meine Hände auf ihre. Ihre großen Ringe waren kalt unter meinen Fingern. »Erzähl es mir! Was ist passiert?«
Sie faltete die Hände und schaute mich schweigend an. Dann sagte sie: »Passiert ist, dass Dan das bekommen hat, was er verdiente.«
»Das weiß ich. Ich habe diesen Mann auch gehasst, aber bist du zu ihm nach Hause gegangen?« Ich wusste ein wenig Bescheid über die Gesetzeslage, deshalb versuchte ich Genaueres herauszubekommen. »Vielleicht bist du zu ihm gegangen, als du erfahren hattest, was mit Alessandra geschehen war, dann wurde er aggressiv, und du hattest eine Pistole dabei, natürlich nur zur Selbstverteidigung, die du dann zu deinem eigenen Schutz gebrauchen musstest?«
Erstaunt sah mich Rosvita mit großen Augen an. »Ich bin nicht mit einer Pistole zu Fakue gegangen.«
»Aber er wurde erschossen, Rosvita.«
Sie nickte. »Ja, er wurde erschossen.«
»Von dir«, sagte ich mit leiser Stimme.
Sie legte die Karten beiseite. »Du bist eine gute Frau, Jeanne.«
Ich merkte, dass sie das Thema wechseln wollte. Mir wurde übel. »Du hast den Mann erschossen, Rosvita, stimmt das?«
Sie mischte die Karten. »Dan wurde erschossen, ja.«
»Rosvita?« O Gott. Konnte mein Herz noch einen Schock vertragen?
»Du bist eine gute Frau, Jeanne«, wiederholte sie. »In deinem Herzen und deiner Seele sind keine Bazillen.«
»Das freut mich zu hören, aber können wir bitte darüber sprechen?«
»Du bist eine gute Freundin für uns alle. Ich bin froh, dass du hier wohnst.«
»Danke, Rosvita, aber –«
»Du hast keine Bazillen in dir«, wiederholte sie.
»Ja, in Ordnung, aber du –«
»Keine Bazillen, nicht im Geist, nicht in deinen Taten.«
»Du hast mir gesagt –«, begann ich. »Aus unserem Gespräch habe ich geschlossen, dass du –«
»Lassen wir es gut sein, Jeanne. Du bist eine gute Freundin, es besteht kein Anlass, dich noch weiter in diese Angelegenheit hineinzuziehen. Völlig überflüssig.«
Ich trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Vielleicht hatte sie recht. Je weniger ich wusste, desto besser. Ich wusste nur, dass Rosvita Fakue erschossen hatte, dass es einen brutalen Mann weniger gab und er unter einem rosa Kirschbaum begraben war. Die Lopez hatten ihr geholfen, ihn in den Keller meines Gästehauses zu verfrachten, und alle gemeinsam waren wir die Leiche losgeworden.
Wieder mischte Rosvita die Karten. Ihr schwarzes Haar glänzte im Mondlicht, die weißen Gänseblümchen hüpften.
Gut. Sie hatte ihn also erschossen. Das war das.
So war es gelaufen.
Wahrscheinlich.
Das konnte schon hinkommen.
So war es bestimmt gewesen.
Aber es fühlte sich nicht richtig an.
Es gab ein Geheimnis. Mir wurde noch ein klein wenig übler.
Dann verlor ich noch mal 1 , 24 Dollar.
20 . KAPITEL
Sobald ich wusste, dass Jay zum Essen kommen würde, ging ich jede Nacht online einkaufen. Ich gab ein weiteres kleines Vermögen aus, aber dafür veränderte sich mein nacktes Haus ganz enorm.
Am Vormittag der Party traf ein interessanter Mix prall gepolsterter Sofas und Sessel in satten Blau- und Grüntönen oder Streifenmustern ein, dazu Unmengen riesengroßer Kissen und Teppiche und mehrere altmodische Lampen mit Buntglasschirmen. Ich fuhr noch schnell in einen kleinen Ort außerhalb von Portland, wo Antiquitäten verkauft wurden, und erstand einen Ohrensessel, ein Sideboard, einen Sekretär, eine Kirchenbank und einen langen Holztisch mit Stühlen. Die Lopez-Familie kam vorbei, um beim Abladen zu helfen.
Die Schlafzimmer im ersten Stock hatten die Lopez rosa und blau gestrichen. Ich kaufte zwei Etagenbetten. Für die Mädchen besorgte ich glänzend rosa Tagesdecken mit
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