Blau wie Schokolade
im Kopf.
»Wenn er mich anruft, atme ich, so schwer ich kann, und lecke am Hörer. So kann er sich vor den Reden besser entspannen.«
»Verdammt nochmal, Jeanne –«
»Bitte nicht fluchen. Du hast mir an einem Montag eine dumme Frage gestellt, und auf eine dumme Frage bekommt man eine dumme Antwort.«
»Du kannst deine große Klappe einfach nicht halten, nicht wahr?«
»Das ist mein Job, Damon. Ich bin Kommunikationschefin. Ich kümmere mich um die Medien. Ich schreibe Jays Reden. Ich reiße die Klappe auf, dafür werde ich schließlich bezahlt.«
Er ließ seinen Blick über mich wandern. Wie eklig er war! Damon war so abartig wie ein schwarzer Aal mit spitzen Zähnen. Er holte tief Luft. Ich kannte diesen gerissenen Kerl gut genug. Er würde jetzt versuchen, mich von einer anderen Seite anzugreifen. Männer sind so leicht zu durchschauen.
»Na, gut. Schön für dich. Vielleicht machst du deine Arbeit ja gut.«
»Nein, Damon. Nicht vielleicht. Ich bin gut. Verdammt gut.« Ich hielt seinem Blick stand.
»Halt den Mund, Jeanne.«
»Nein«, sagte ich laut, als spräche ich mit einer ganzen Schar von Männern. »Ich halte nicht den Mund. Ich werde niemals den Mund halten. Raus hier, Damon, du ekliges Schwein.«
Für ein Schwein war er ganz schön flink. Er packte mich an den Armen und zog mich zu sich heran. Da wusste ich, dass es mit ihm durchging, dass er die Kontrolle über sich verloren hatte. »Ich lasse mir von einer Frau nichts befehlen, schon gar nicht von einer wie dir. Du –«
»Du hast den schlimmsten Mundgeruch, den ich je im Leben gerochen habe, Damon. Du stinkst nach Kotze und Ameisenscheiße.«
Er war so außer sich, dass ich glaubte, seine Augen würden ihm aus dem Kopf fallen. »Du denkst wohl, das Büro hier gehört dir. Du glaubst, du hättest hier alles zu sagen. Du hältst dich wohl für die verdammte Bienenkönigin.«
»Bitte nicht fluchen! Lass mich sofort los, sonst wird es dir noch leidtun.« Ich sah Camellia hinter Damon in der Zimmertür. Damon entdeckte sie zum Glück nicht. Sie holte sofort Hilfe. Später erfuhr ich, dass sie in Charlies Büro gestürzt war, wo mein Bruder mit Jay zusammensaß.
Damon starrte auf meinen Mund, dann presste er seine schleimigen Schweinelippen auf meine und griff mit einer Hand nach meinem Po. Seine fleischigen Arme drückten mich so fest an seinen Schweinekörper, dass ich mich kaum bewegen konnte.
Trotzdem zögerte ich nicht, sondern trat ihm mit dem rechten Absatz auf den Fuß. Damon zuckte zurück. Dann stieß ich ihm, so heftig wie möglich, das Knie zwischen die Beine. Stöhnend krümmte er sich.
Ich ballte die rechte Hand zur Faust und schlug ihm mit aller Kraft gegen das Kinn.
Ich nahm an, er würde den Rückzug antreten, doch er stürzte sich erneut auf mich, warf mich gegen den Aktenschrank. Mein Kopf schlug nach hinten. »Du verfluchte Schlampe«, zischte er mit heißem Atem.
Ich schüttelte den Kopf, alles verschwamm, und Damon sah aus, als hätte er zwei Köpfe. Ich hörte Jays Stimme, er fluchte laut. Mit verzerrter, wütender Miene riss er Damon von mir. Ich sackte zu Boden. Mein Kopf fühlte sich an wie eine gespaltene Kokosnuss.
Jays Faust flog durch die Luft. Damon fiel gegen den Tisch. Als das eklige Schwein versuchte, seinen Schmerbauch wieder hochzuhieven, tauchte wie aus dem Nichts Charlie auf und warf den Drecksack zu Boden. Erneut verschwamm alles vor meinen Augen. Ich wurde ohnmächtig.
Wow! Was für ein Vormittag!
Später in der Woche gab es noch einen aufregenden Tag, als jeder Haushalt in Oregon den Wahlzettel für die Gouverneurswahl und für verschiedene andere staatliche und örtliche Entscheidungen geschickt bekam.
An genau demselben Tag erschien ein Foto von Jay und mir auf der Titelseite der Zeitung. Wir waren auf einer von vielen langweiligen Einweihungsfeiern am Willamette River gewesen, wo ein Band durchgeschnitten werden musste. Ich trug ein umwerfendes salbeigrünes Kostüm, und meine Locken wehten leicht im Wind. Jay hatte einen schicken blauen Anzug an. Wir lachten beide.
Sehr früh am Morgen betrachtete ich das Foto bei einer Tasse schwarzem Kaffee. Ich war ein wenig enttäuscht, dass man meine Stöckelschuhe auf dem Bild nicht sehen konnte. Das Grün mit dem aufgestickten Drachen passte genau zum Kostüm. Dennoch war es eine hübsche Aufnahme von Jay und mir. Ich würde mir ganz schnell einen Abzug besorgen.
Der Text des Artikels hingegen zerrte an meinen gepeinigten Nerven, aber dazu
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