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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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jetzt schon miteinander schlafen. »Dann könnten wir jetzt schon miteinander schlafen«, sagte ich. Ich begann zu weinen, weil ich nun niemals mit ihm zusammen nackt auf einer Blumenwiese stehen würde, und plötzlich bekam ich kein Wort mehr heraus. Ich murmelte vor mich hin, wir würden uns irgendwann wohl im Büro sehen. Mit barscher Stimme fragte Jay: »Noch weitere Geheimnisse?«
    Ich zögerte.
    »Jeanne?«
    Sollte ich ihm vom toten Migrantenschreck erzählen? Nein, dann wäre er auch ein Komplize.
    »Jay, ich hätte nicht weiter für dich arbeiten dürfen. Zuerst kannte ich dich gar nicht, hatte keine Ahnung, dass es zwischen uns …« Ich putzte mir die Nase und befahl meinem Herzen, sich zu beruhigen. »Ich hätte kündigen sollen, aber ich wollte unbedingt …«
    »Was wolltest du?«
    »Ich wollte in deiner Nähe sein.«
    Ich hörte, wie er »Verdammt« sagte, und stellte mir vor, wie er sich mit der Hand durchs Haar fuhr.
    »Ich wusste nicht, wann ich dir das alles hätte sagen sollen.«
    »Wie wäre es vor ein paar Monaten gewesen? Das wäre gegangen.«
    Was sollte ich dazu sagen? Er hatte recht. Völlig recht. »Es tut mir leid, Jay. Es tut mir unheimlich leid.«
    »Mir auch, Jeanne. Wir sehen uns in einer Stunde im Büro.« Er legte auf.
    Ich legte ebenfalls auf. Mein Egoismus machte mich fertig. Ich hätte überhaupt nicht für Jay und seinen Wahlkampf arbeiten dürfen. Ich hatte angenommen, dass meine beiden Verfahren hier in Oregon nicht bekannt werden würden.
    Ich legte den Kopf in die Arme. Ich war der egoistischste Mensch auf der ganzen Welt. Ich hatte nur an mich gedacht. Sicher, ich hatte mir den Buckel krumm gearbeitet für Jay, aber dennoch hätte ich aufhören sollen. Auch Charlie hatte ich damit verletzt. Er hatte von meinem Nervenzusammenbruch gewusst, aber nichts von dem Prozess wegen Körperverletzung. Ich hatte seine Glaubwürdigkeit, seinen Ruf und sein Vertrauen aufs Spiel gesetzt. Am liebsten wäre ich in den Fluss gesprungen und hätte mich zum Pazifik treiben lassen.
    Himmel, Arsch und Zwirn!
    Bitte nicht fluchen, ermahnte ich mich.
    Der Fluss rauschte. Die Vögel zwitscherten. Mein Telefon klingelte erneut.
    »Jeanne?«, sagte Jay.
    »Ja?« Meine Tränen sprangen hervor wie ein Sturzbach.
    »Wir schaffen das.«
    »Ja?«
    »Jawohl. Wir schaffen das.« Er legte auf.
    Der Sturzbach wollte nicht versiegen.
     
    »Ich höre auf«, erklärte ich Charlie und Jay.
    »Nein, das tust du nicht«, fuhr Jay mich an und beugte sich vor.
    »Doch.« Im Konferenzraum herrschte Stille. Vor dem Konferenzraum war es ebenfalls still, als würden alle Mitarbeiter dort innehalten und warten. »Pass auf, ich höre offiziell auf. Inoffiziell arbeite ich weiter, verfasse Presseerklärungen, schreibe deine Reden, berate dich …«
    »Nein. Keine Widerrede, Jeanne. Du hörst nicht auf!«
    Hilfesuchend schaute ich Charlie an.
    »Sehe ich genauso«, sagte Charlie. »Du bist unersetzlich für den Wahlkampf. Das geht vorbei.«
    Das geht vorbei? »Charlie, das wird nicht einfach so vorbeigehen. Ich stehe vor einem strafrechtlichen und einem zivilrechtlichen Prozess. Ich hatte eine Schlägerei in der Kneipe. Ich habe vor achthundertvierunddreißig Werbefachleuten gesagt, dass ihre Arbeit überflüssig ist, dass ihr Beruf absolut lächerlich ist. Ich stecke tief drin in diesem Wahlkampf. Glaubst du etwa, unser Gegner wird das nicht gegen Jay benutzen, jetzt wo alles bekannt ist?«
    »Klar benutzt er es«, sagte Jay gereizt. »Und wir werden darauf reagieren.«
    Charlie wirkte blass, sein Gesicht geisterhaft.
    »Ich schätze, wir müssen nicht raten, wer diese Informationen an die Presse weitergereicht hat«, seufzte er. »Haben die Journalisten wenigstens alles richtig wiedergegeben?«
    »Ja.« Wahrscheinlich hatte Damon nur wenige Minuten nach meinem Tritt in seine Eier angefangen, mich auszuspionieren. »Ja, es stimmt alles.«
    Charlie zog an einer Locke. »Ich mache mir Sorgen. Um dich, um deinen Prozess, um alles. Ich liebe dich, und ich mache mir Sorgen um dich.«
    »Das tut mir leid, Charlie. Ich hatte gehofft, dass es nicht bekannt werden würde. Ich habe mich in vielerlei Hinsicht viele Male schrecklich geirrt. Du hast mir geholfen, und ich … ich habe alles kaputtgemacht. Es tut mir leid.«
    Ich musterte meine Hände, hatte die Finger ineinander verschränkt und kam mir vor wie eine selbstsüchtige, gemeine Versagerin. Ich dachte an Camellia, Riley und Ramon, die so hart in diesem Wahlkampf gearbeitet

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