Blau wie Schokolade
hätte eine bessere Rede als Damon schreiben können.«
Ich biss mir auf die Lippe. Erst als es schon raus war, hatte ich gewusst, dass ich so etwas sagen würde. »Das stimmt. Das habe ich gesagt.«
»Und warum haben Sie das gesagt?«
Ehrlich währt am längsten: »Weil es wahr ist.«
Schweigen am anderen Ende. »Sie müssen sehr kluge tote Hunde kennen, Ms Stewart.«
»Ich kenne so einige. Und jeder einzelne von denen hätte mehr Leben, Persönlichkeit, Wärme, Oregon-Charme und Heimatgefühl in diese Rede gepackt. Bitte versprechen Sie mir, dass Sie nicht vorhaben, viele Reden von Damon schreiben zu lassen.«
»Damon hat bisher nur wenige Reden geschrieben. Das ist nicht seine Aufgabe.«
»Das freut mich zu hören.«
»Damon tut sein Bestes. Er kennt die Zahlen in- und auswendig; er hat schon viele Wahlkämpfe geführt. Er kennt unheimlich viele Leute.«
»Das glaube ich gerne.« Fast hätte ich gesagt, dass alle miesen kleinen Ratten viele Leute kannten.
»In Zukunft werden Sie die meisten meiner Reden schreiben, Jeanne, und damit sollte das Problem erledigt sein. Sie sind sehr begabt.«
»Danke sehr.«
»Sie scheinen auch sehr begabt zu ein, was das Artikulieren Ihrer Meinung betrifft«, sagte der Gouverneur. »Vor ein paar Tagen haben Sie die Opposition mit Verstopfung verglichen, wenn ich das richtig verstanden habe. Stimmt das?«
Du lieber Gott! »Ja, das stimmt.«
»Ich verstehe.«
»Wohl eher nicht.«
»Nein?«
»Nein. Ich bin momentan ein wenig aus dem Gleichgewicht, Gouverneur.«
»Das habe ich mir gedacht.«
»Ach, ja? Na, so was! Wie sind Sie denn darauf gekommen?«
Er lachte mir wieder ins Ohr. Wenn ich den Mann hörte, kribbelte mein ganzer Körper. Die unteren Bereiche standen in Flammen.
»In letzter Zeit mal wieder gejoggt, Ms Stewart?«
Ich war dankbar für den Themenwechsel. »Nein, davon habe ich Abstand genommen, obwohl: Meine Kollegen aus dem Aggressionsbewältigungskurs waren sehr beeindruckt von meiner Mutprobe.«
Ich dachte an Soman. Als er von meiner Heldentat gehört hatte, lachte er so heftig, dass er die Beine zusammenkneifen musste, um sich nicht in die Hose zu machen. »Ein schmales Handtuch mit nacktem Hintern mitten im Wald. Das ist gut, Mädel! Mann, ist das gut!«
Bradons Kommentar war: »Ob die Beamten von der Schulbehörde auch so was machen würden? Ein bisschen nackt am Fluss rumlaufen, mit den fetten weißen Ärschen wackeln, vielleicht kommt dann ein bisschen Verstand in ihre strunzdummen Schädel!«
Becky sagte: »Das ist das Mutigste, was ich je gehört habe«, und brach in Tränen aus. (
Lad Becky zum Essen ein
, erinnerte ich mich.
Vergiss es nicht!
)
Emmaline kreischte: »Du bist über dich selbst hinausgewachsen, Jeanne, auf die nächste Ebene! Du zertrittst deine Wut, zwingst sie auf einen neuen Weg des Friedens. Stampfst deinen Zorn in den Boden! Wunderbar!«
Jay’s Stimme holte mich wieder in die Gegenwart zurück. »Die anderen sind bestimmt schier ausgeflippt vor Bewunderung«, sagte er. »Aber ich bin froh, dass Sie sich an unsere Absprache gehalten haben.«
»Das tue ich meistens. Mich an Absprachen halten, meine ich. Möchten Sie mich jetzt vielleicht rauswerfen?«
Wieder Schweigen.
Ich dachte nach. Wenn ich aus dem Wahlkampfteam geworfen würde, wäre ich ungebunden und könnte Jay vorschlagen, mit mir ins Bett zu gehen. Ein ganz unverbindlicher Vorschlag.
»Warum sollte ich Sie rauswerfen?«
»Rufen Sie nicht deswegen an?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Das soll wohl ein Witz sein!« Ich stieg aus meinem blauen Himmelbett und trat auf den kleinen Balkon, damit ich den Fluss hören konnte.
»Nein, kein Witz. Alle finden Sie unglaublich! Offen, ungewöhnlich, dynamisch, ausgefallen. Aber auf jeden Fall unglaublich. Nur Damon nicht.«
»Das tut mir aber weh. Ich verehre diesen Mann.«
»Er tut sein Bestes. Ich gebe ihm eine Chance.«
Ich meinerseits würde gerne Jay eine Chance geben. Eine Chance in meinem Bett. Aber es war unangemessen, ihn mir jetzt in diesem Moment nackt vorzustellen. Nackt in meinem Himmelbett. Nackt in meinem Himmelbett, und ich trug das knappe seegrüne Seidennachthemd und küsste ihn auf jede erdenkliche Körperstelle.
»Ich bin heilfroh, dass Sie mich nicht rauswerfen. Ich brauche das Geld nämlich für einen Installateur.«
»Einen Installateur? Für Ihr Haus?«
»Ja, genau.« Und so kamen wir auf das Thema Renovierungsprobleme. Ich erzählte, was mit meinem Haus nicht stimmte, unter anderem
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