Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
Vom Netzwerk:
tauchte kurze Zeit später auf und holte uns alle auf Kaution heraus: Emmaline, Becky, mich und Soman, den Mann, der sich wie eine Frau kleidete. Wir wurden in die ahnungslose Öffentlichkeit entlassen. Unsere Gerichtstermine würden uns noch mitgeteilt werden.
    Um sieben Uhr morgens standen wir fünf vor dem Revier. Ich war noch relativ intakt, nur meine Wimperntusche war mir die Wangen hinuntergelaufen und getrocknet. Emmaline hatte ein blaues Auge, Soman stand in dem Kleid da, wegen dem er sich im Knast einiges hatte anhören müssen, und Becky sah aus, als würde sie sich minütlich mehr in sich selbst zurückziehen. (Merke: Becky anrufen und mich mit ihr zum Essen verabreden!) Bradon in seinem schicken Anzug reichte uns unsere Taschen.
    »Keiner von euch hat meinen Kurs bestanden«, sagte Emmaline mit donnernder Stimme. Sie flatterte mit den Armen wie ein aufgeregter Truthahn.
    Wir nickten. Wir konnten ihr keinen Vorwurf machen. Wir waren schlechte Schüler. Sehr schlechte Schüler.
    »Keiner von euch.« Wieder flatterte sie.
    Wir nickten erneut.
    »Wir sehen uns
heute
Abend zum Aggressionsbewältigungskurs.« Dann machte Emmaline auf dem Absatz kehrt und stapfte unter empörtem Gemurmel die Straße entlang.
    »Heute Abend?«, fragte Bradon. »Aber heute ist Freitag!«
    »Das stimmt, ihr Jammerlappen«, hallte Emmalines Stimme von den hohen Gebäuden um uns herum zurück. »Kommt in kurzen Hosen und seid bloß keine Sekunde zu spät. Keine Sekunde!« Sie kam zurückstolziert, flatterte mit ihren weißen Armen. Ihr Gesicht war zornesrot. »Und bringt Schirme und Erdnussbutter mit!«
    »Was?«, fragte Soman und rückte eine BH -Schale zurecht.
    »Ihr habt mich verstanden!«
    Ich stöhnte. Ich wollte es mir nicht mal ansatzweise vorstellen.

16 . KAPITEL
    Ich ahnte nicht, dass Jay am Morgen in der Zentrale sein würde.
    Da ich ihn dort am Vortag gesehen hatte, nahm ich an, er wäre nach Salem zurückgekehrt, um das zu tun, was gute Gouverneure in Salem so tun.
    Doch das war ein Irrtum.
    Nachdem Becky meine Einladung, sie nach Hause zu bringen, abgelehnt hatte, trennten sich Soman, Bradon und ich, um unsere Autos zu holen. Soman verkündete, er würde sich krankmelden, Bradon und ich hingegen machten uns direkt auf den Weg zur Arbeit.
    Ich fuhr Richtung Wahlkampfzentrale, huschte dann aber schnell in ein Café. Dort wusch ich mir Gesicht, Hände und Achseln mit Seife, putzte mir die Zähne mit meiner praktischen Reisezahnbürste, legte Deo und Parfüm auf, schminkte mich und betrachtete das Ergebnis.
    Ich musste mich umziehen. Man konnte nicht dieselbe Kleidung zwei Tage hintereinander zur Arbeit tragen. Früher ging ich nach Feierabend oft in eine Kneipe, trank viel zu viel und schlief in irgendeinem Hotel, weil ich nicht mehr nach Hause fahren konnte. Ich gewöhnte mir an, sämtliche notwendigen Toilettenartikel bei mir zu haben, und lernte, mich in denselben Klamotten unterschiedlich zu stylen.
    An diesem Tag stand mir nicht viel zur Verfügung, das ich hätte verwenden können. Ich legte den gesamten Schmuck ab, öffnete das kleine Seitenfach meiner Handtasche und holte die dort verstauten silbernen Notfall-Ohrringe und -Armreifen heraus. Meine Locken fasste ich auf dem Hinterkopf zu einem lockeren Knoten zusammen, knöpfte die Kostümjacke bis oben zu und warf mir einen Seidenschal um die Schultern, den ich aus dem Handschuhfach geholt hatte. Die Strumpfhose zog ich aus, weil sie eine Laufmasche hatte.
    Als ich fertig war, sah ich nur noch ein klein wenig wie der lebende Tod aus. Ich holte mir einen doppelten Espresso und ein Brötchen und fuhr zur Arbeit.
    Mit der Aktentasche in der einen, dem Kaffee in der anderen Hand und dem Brötchen im Mund öffnete ich die Tür zur Wahlkampfzentrale. Es war noch still im Büro.
    Nur einer war da: Jay Kendall.
    Ich erschrak so sehr, dass mir das Brötchen aus dem Mund fiel.
    Stammelnd begrüßte ich den Gouverneur und versuchte dabei, nicht an die Schlägerei, das Durcheinander im Transportwagen und die Tatsache zu denken, dass ich jetzt zum zweiten Mal straffällig geworden war. Ich bückte mich, um das Brötchen aufzuheben, und schüttete mir Kaffee aufs Bein. Er war glühend heiß.
    Ich ließ die Aktentasche fallen, nahm das Brötchen, umfasste den Becher und schüttelte den Kaffee vom Bein, so wie ein Hund, wenn er sein Bächlein gemacht hat.
    »Ms Stewart«, sagte Jay mit tiefer Stimme. Seine Mundwinkel zogen sich nach oben.
    »Hallo, Gouverneur.« Ich drückte die

Weitere Kostenlose Bücher